
Er ist wegen Mordes angeklagt – aber seine Lebensgefährtin ist von seiner Unschuld überzeugt. Ein heute 48 Jahre alter Mann aus dem Landkreis Main-Spessart muss sich seit September am Landgericht Würzburg verantworten. Ihm wird vorgeworfen, die 13-jährige Sabine B. im Dezember 1993 auf einem Reiterhof in Wiesenfeld vergewaltigt und getötet zu haben. Zu den Vorwürfen hat sich der Angeklagte bislang nicht geäußert. Am 17. Verhandlungstag trat in dieser Woche nun seine Lebensgefährtin in den Zeugenstand.
"Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass er mit der Sache was zu tun hat. Sie haben den Falschen auf der Anklagebank sitzen", sagte sie zu den Richtern. Den 48-Jährigen habe sie vor rund elf Jahren kennengelernt – lange nach dem Tod des Mädchens. Sie habe ihn nie aggressiv erlebt, er sei ihr "Ruhepol".
Lebensgefährtin als Zeugin: Angeklagter sprach über DNA-Spuren am Tatort
Als ihr Lebensgefährte von der Anklage wegen Mordes erfuhr, habe er "geschockt" reagiert. Das Gutachten der Rechtsmedizin weist mit hoher Wahrscheinlichkeit DNA des Angeklagten an der Kleidung von Sabine B. nach. Außerdem wurden DNA-Spuren in einem Blutfleck am Tatort gefunden. Über diese Funde habe der 48-Jährige mit ihr gesprochen, sagt die Zeugin: "Er weiß nicht, wie die DNA an den Tatort gekommen sein könnte."
Im Laufe des nichtöffentlich geführten Prozesses am Landgericht hatte eine Schwester den Angeklagten des sexuellen Missbrauchs im Jugendalter beschuldigt. Seine Lebensgefährtin sagt dazu: "Ich weiß nicht, was die sich da zusammenspinnt." Persönlich kennengelernt habe sie die Schwester nicht.
Frühere Polizisten über Situation bei Fund der Leiche: "Komisches Gefühl"
Am 18. Verhandlungstag traten erneut Ermittler in den Zeugenstand. "Ich war anschließend 23 Jahre in der Mordkommission, aber das vergesse ich wirklich nicht", sagt ein damaliger Polizeibeamter über den Fund des toten Mädchens in der Jauchegrube auf dem Reiterhof vor 31 Jahren. Sein Kollege, zu dieser Zeit ebenfalls im Kriminaldauerdienst, erinnert sich, mit dem Hofbesitzer das Gelände abgesucht zu haben. "Ich hatte irgendwie das komische Gefühl, dass er mich abhalten will, dass ich da in die Jauchegrube schaue", sagt der pensionierte Polizeibeamte.
Sie hätten im Anschluss an den Fund begonnen, den Hofbesitzer zu vernehmen. "Dann geschah etwas, das ich im Nachhinein gar nicht mehr begreifen kann", sagt der spätere Kommissar. Bevor sie die Vernehmung beenden konnten, hätte der damalige Leiter der Mordkommission sie zur Polizeidirektion geschickt. Auch sein ehemaliger Kollege bestätigt das abrupte Ende. "Gut, Mordkommission ist Mordkommission, die wollten das dann übernehmen", bewertet er die Situation rückblickend.
Ermittlungskommission Reiterhof sammelte 290 Spuren und führte 220 Vernehmungen durch
Bei der erneuten Durchsuchung des Wiesenfelder Anwesens im Jahr 2021 war dann die Leiterin der Ermittlungskommission Reiterhof zum ersten Mal dort. Bei den neuen Ermittlungen seien 290 Spuren gesammelt und 220 Personen vernommen worden. Über das Hinweistelefon seien 40 Anrufe eingegangen. "Wir haben jeden Zeugen geladen, den wir auch nur annähernd für relevant gehalten haben", meint der Vorsitzende Richter Thomas Schuster über den laufenden Prozess.
Die Verteidigung kündigte an, der Angeklagte werde sich im Laufe der Beweisaufnahme noch zu seinen persönlichen Verhältnissen äußern.
Der Prozess läuft unter Ausschluss der Öffentlichkeit und wird am Dienstag, 19. November, fortgesetzt.