
Seit Jahren reißen die Meldungen nicht ab: Dem Handwerk fehlen massiv Auszubildende. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks berichtet von einem "eklatanten Bewerbermangel", im vergangenen Jahr fehlten bundesweit 40.000 Lehrlinge.
Und Hauptgeschäftsführer Ludwig Paul von der Handwerkskammer in Würzburg wies zu Jahresbeginn darauf hin, dass Unterfranken deutschlandweit zu den Regionen zählt, in denen es im Handwerk die meisten unbesetzten Ausbildungsstellen gibt.
In diesen Wochen machen sich viele jungen Menschen an die Bewerbungen für das im September beginnende Ausbildungsjahr. Im Interview beschreibt Schreinermeister Thomas Heußlein aus Billingshausen die Lehrlingssituation: Der 44 Jahre alte Kreishandwerksmeister für Main-Spessart sieht auch etwas Licht.
Thomas Heußlein: Ich habe mir neulich von der Handwerkskammer die neuesten Zahlen geben lassen. Danach haben wir im Moment in Main-Spessart zum ersten Mal nach vielen Jahren weniger als 200 Lehrlinge. Das hat mich beeindruckt. Es klemmt überall. Offene Stellen sind da. Vor allem SHK-Betriebe, also für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, suchen händeringend Auszubildende – und kriegen niemanden. Wenn es in der Lehrstellenbörse jetzt schon so viele freie Stellen gibt, dann bin ich mal gespannt, wie das im September wird, wenn es mit den Ausbildungen losgeht. Es ist dramatisch.
Heußlein: Es gibt momentan vermehrt Studienabbrecher. Und viele Abiturienten. Die bleiben uns aber meistens nicht erhalten. Sie orientieren sich weiter, machen Fortbildungen und gehen oft in die Industrie. Wir brauchen aber sprichwörtlich nicht die Häuptlinge, sondern die Indianer, die vor Ort die Arbeit machen. In meinem Betrieb haben wir schon früher nicht immer die Überflieger genommen, also die Einser- und Zweier-Schüler. Damit sind wir gut gefahren. Momentan werden schlichtweg alle Bewerber genommen. Es fehlt einfach an der Substanz.
Heußlein: Ich bin ganz ehrlich – ich schaue im Zeugnis zuerst auf die Sport-Note. Wer da gut ist, ist drahtig und auf Zack. Alles andere merkt man im Gespräch: Ist derjenige aufgeschlossen, höflich? Viel läuft auch über ein Praktikum. Da sieht man, wie gut ein Bewerber ist. Die Praktika und die Berufsorientierung haben sich gut entwickelt. Da machen viele Betriebe mit.
Heußlein: Ich weiß es nicht genau. Vielleicht liegt es am Beruf an sich. Das Schreinerhandwerk hat sich in letzter Zeit verändert. Maschinell stehen wir der Industrie in nichts nach. Heute sind in jedem Betrieb CNC- und CAD-Maschinen. Da sind wir alle auf der Höhe der Zeit. Damit kann man die jungen Leute durchaus begeistern. Neulich war ein Kindergarten in meinem Betrieb. So was habe ich noch nie erlebt: Die Kinder wären am liebsten in die CNC-Maschinen reingekrochen, so begeistert waren sie.
Heußlein: Nein. In vielen Bereichen fehlt es wirklich an der Masse. Wenn man sich die sinkende Zahl der Schulabgänger anschaut, ist klar: Es kann nicht für alle Betriebe reichen. Nur bei uns im Schreinerhandwerk ist es nicht so dramatisch wie anderswo.
Heußlein: Es gibt zwei Seiten. Da sind die, denen klar ist: Wir müssen Vollgas geben bei der Werbung. Die gehen dann in die Schulen, um ihre Betriebe vorzustellen. Dann gibt es die anderen, die schon resignieren. Die sagen sich: Ich finde keine Lehrlinge und Fachkräfte mehr, also lasse ich alles dahindümpeln und höre irgendwann auf.
Heußlein: Das kann ich nicht genau sagen. Aber man hört es immer wieder. Man muss auch sagen, dass das Handwerk es bei den Ausbildungen lange Zeit schleifen ließ. Die Einstellungen stagnierten, es wurde nicht genügend ausgebildet. Dass einmal so viele Lehrlinge fehlen werden, hatte wohl niemand auf dem Schirm.
Heußlein: Man muss den demografischen Wandel berücksichtigen. Die akademische Ausbildung ist jahrelang vorangetrieben worden. Das Handwerk ist dabei hinten runtergefallen. Irgendwann hat man gemerkt: Hui, da fehlt uns jetzt richtig was. Ministerpräsident Markus Söder hat dann den "Tag des Handwerks" ausgerufen. Kaum ging's los, wusste niemand so recht, was er da machen soll. Mittlerweile entwickelt sich dieser Tag ganz gut. Immerhin.
Heußlein: Dass Handwerker in Schulen aufgetreten sind, hat es früher nie gegeben. Oder der Berufsinformationstag BIT in Würzburg, der "Macher-Tag" des Handwerks neulich – das sind alles Sachen, die wir jahrelang vernachlässigt haben. Das ist ein richtiger und wichtiger Weg. Plötzlich kommen Abiturienten und Studienabbrecher zu uns. Die sind durch solche Aktionen aufs Handwerk aufmerksam geworden.
Heußlein: So schwarz darf man nicht sehen. Diese Betriebe gehen nicht unter. So viel Weitblick ist mittlerweile da, dass klar ist: Wir müssen trotzdem ausbilden.
Heußlein: Gibt es Ihren Lieblingsbäcker oder Lieblingsmetzger noch? Da fängt es schon an. In den Nahrungsmittelberufen ist es dramatisch. Da verschwinden Betriebe nach und nach.
Heußlein: Die Preise sind in den vergangenen Jahren sowieso gestiegen. Aber das war vor allem dem teuren Material geschuldet. Es wird nicht ausbleiben, dass die Preise weiter steigen. Wir müssen unsere Leute ja auch gut bezahlen. Das machen wir schon auf einem guten Niveau. Da muss sich das Handwerk vor der Industrie nicht mehr verstecken. Der Markt macht die Preise.
Wenn ein Kreishandwerksmeister Sport zum Hauptkriterium bei der Azubi-Rekrutierung macht.
Mit meiner Erfahrung aus über 20 Jahren als Ausbilder würde ich in technischen Berufen den Schwerpunkt hierbei auf Mathe, Räumliches Denken, Geschicklichkeit und Kundenfreundlichkeit legen.
Junge Menschen machen, wenn sie gerade von erst Schule kommen, noch riesige körperliche Entwicklungen durch, da kann man ob sportlich oder nicht noch gar nichts sagen.
Hinzukommt, wer weis schon wo die 1 oder 2 bei einer Sportnote herkommen? Er/Sie war gut in der Schulfußballmanschaft hat aber zwei linke Hände? ....
Jahrelang erlebt wie die besser bezahlten über unsere Stundenlohnsätze der Firma gejammert haben.
Also liebe dumm Studierten einfach selbst hand anlegen, wenn euch die Preise für Handwerker zu hoch sind. 😂