
Der Deutsche Alpenverein (DAV) bezeichnet den Klimawandel als die größte globale Bedrohung unserer Zeit. Besonders betroffen sind die Natur- und Lebensräume in den Alpen. Der DAV ist nicht nur Bergsportverein, sondern sieht sich auch der Natur verpflichtet.
Im Interview erklären Katja Manger, Vorsitzender der DAV-Sektion Main-Spessart, und Klimaschutzkoordinator Stefan Dietz, welche Maßnahmen sie ergreifen und warum der Klimaschutz immer wieder ins Bewusstsein der Menschen rücken muss.
Katja Manger: Ich war erst vergangenes Jahr wieder am Aletsch-Gletscher in den Schweizer Alpen. Wo einst dickes Eis war, ist jetzt sehr viel kahler Fels. Durch unser Hobby erleben wir hautnah, wie die Gletscher zurückgehen. Da wird es einem bewusst, dass es höchste Zeit ist, zu reagieren.
Stefan Dietz: Der DAV mit seinen rund 1,4 Millionen Mitgliedern in Deutschland ist ein Bergsport- und auch ein anerkannter Naturschutzverband. Daher ist es konsequent, dass der DAV sich fortlaufend für die Umsetzung von Klimatschutzmaßnahmen einsetzt.

Manger: Neben der Gletscherschmelze haben wir Risse in Hütten wegen des zurückgehenden Permafrostes oder wegbrechende Wege durch Steinschlag. Im Sommer 2022 war der Wasser-Hochbehälter unserer Gaudeamus-Hütte im Kaisergebirge in Tirol, der Regenwasser für die Toilettenspülung sammelt, erstmals leer. Es hat zu wenig geregnet. Wenn es doch regnet, dann häufig so stark, dass die Wege zu unserer Sektionshütte weggespült werden.
Dietz: Es ist sinnvoll, diese ehrenamtlichen Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen, weil beide viel Einsatz erfordern. Die Naturschutzreferentin ist in der Sektion Ansprechpartnerin für die Umsetzung der DAV-Ziele Natur- und Umweltschutz. Die Funktion des Klimaschutzkoordinators gibt es in der Sektion Main-Spessart seit 2021. Naturschutz und Klimaschutz gehören und arbeiten zusammen.
Dietz: Ich habe zunächst die Aufgabe, die durch Aktivitäten unserer Sektion entstandenen CO2-Emissionen zu dokumentieren. Dazu zählen die Energieverbräuche, zum Beispiel auf unserer Gaudeamus-Hütte, durch Bergtouren verursachte Emissionen, sowie der Bedarf von Waren und Dienstleistungen unserer Sektion. Unser Ziel ist es letztlich, mithilfe einer webbasierten Software die CO2-Bilanz unserer Sektion zu erhalten.
Dietz: Auf Basis unserer CO2-Bilanz, stellen wir jährlich Geld für Klimaschutzmaßnahmen ausschließlich für die Sektion Main-Spessart zur Verfügung. Im Laufe der Zeit sehen wir, ob wir unserem Ziel, weniger CO2-Emissionen zu verursachen, näher kommen. Durch jährliche Bilanzierungen erkennen wir also, ob wir besser oder schlechter werden.

Dietz: Wir alle haben inzwischen unsere Erfahrungen mit den Folgen der Erderwärmung gemacht. Technische Klimaschutzmaßnahmen helfen, dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen, aber auch durch eigenes Verhalten nehmen wir Einfluss. Unter anderem mein Ehrenamt gibt mir die Möglichkeit, einen positiven Beitrag zu leisten, Klimaschutz ist Menschenschutz.
Manger: Bei Alpintouren haben unsere Tourenleiter die Anweisung, möglichst nur unseren Sektions-Bus mit neun Sitzplätzen zu nutzen. Er braucht ungefähr so viel Benzin wie ein gewöhnlicher Pkw. Wenn wir eine Klettertour oder eine Zusammenkunft in unserer Kletterhalle in Birkenfeld veranstalten, bei denen viele Mitglieder teilnehmen, bringen wir möglichst alle in Fahrgemeinschaften unter.
Manger: In der Geschäftsstelle in Altfeld und in der Kletterhalle in Birkenfeld nutzen wir seit 2019 zu 100 Prozent Strom aus Wasserkraft. Im vergangenen Jahr haben wir die Beleuchtung in der Kletterhalle auf LED umgestellt. Dort haben wir noch eine Ölheizung. Weil wir in naher Zukunft ein Alpinzentrum in Marktheidenfeld bauen wollen, haben wir uns entschieden, die Heizung nicht mehr umzurüsten.
Manger: Unser Wirt kocht mit regional erzeugten Zutaten. Viele der Rezepte stammen aus Südtirol, seiner Heimat, und sind vegetarisch, zum Beispiel Kaiserschmarrn, Spinat- oder Kaspressknödel. Pflanzliche Kost verursacht deutlich weniger schädliche Klimagase als tierische Lebensmittel. Wir planen, an der Gaudeamus-Hütte eine Photovoltaikanlage (PV) zu installieren. Allerdings sind in den Bergen die Voraussetzungen schwierig, weil eine Anlage gegen Lawinen gesichert sein muss.
Dietz: Im Bereich Mobilität wollen wir, wo immer es Sinn macht, öffentliche Verkehrsmittel nutzen, um zum Beispiel in die Alpen zu fahren. Seit 2021 gibt es in der Sektion Main-Spessart den sogenannten Klima-Euro für Touren, mit dem wir das Thema Klimaschutz im Bewusstsein unserer Mitglieder halten möchten.
Manger: Jeder Erwachsene zahlt als Kompensation des CO2-Ausstoßes je einen Euro für Touren in Mittelgebirge, zwei Euro für alpine Touren bis 1000 Kilometer Entfernung und drei Euro für alpine Touren bis 15oo Kilometer. Flugreisen werden mit einem CO2-Rechner komplett kompensiert. Bei Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln, etwa zur Zugspitze, entfällt der Klima-Euro.
Wir prüfen gerade, wie wir umweltfreundlicher zu unserer Gaudeamus-Hütte in Tirol kommen. Bis Kufstein kann man mit dem günstigen Bayernticket der Bahn fahren, danach wären es mit dem Bus noch etwa drei Stunden Fahrdauer. Vielleicht können wir ein Sammeltaxi buchen, das uns innerhalb von 30 Minuten an den Ausgangsparkplatz bringt.
Manger: Die Einnahmen aus dem Klima-Euro zahlen wir auf ein Klimaschutzkonto ein. Zusätzlich zahlen wir für Emissionen, die wir verbraucht haben, pro Tonne CO2 je 90 Euro auf dieses Konto. Von dem Geld finanzieren wir ausschließlich Klimaschutzmaßnahmen in unserer Sektion, die dem Ziel dienen, CO2 zu vermeiden beziehungsweise zu verringern. Von dem Geld haben wir zum Beispiel die Umrüstung der Beleuchtung in der Kletterhalle mitfinanziert. Jedes Gramm CO2 zählt.
Manger: Nicht alle Mitglieder sehen die Notwendigkeit des Klima- und Ressourcenschutzes. Manche wettern dagegen. Austritte gab es deswegen meines Wissens nach jedoch nicht.
Bezeichnend ein Transparent auf einer jüngsten Demo: Der Klimaschutz geht uns am*******vorbei. Wir wollen Wohlstand !
Und anderswo natürlich: Wir sind das Volk!
Sind wir das?
Aber solange Politiker wie Aiwanger, Merz und eigentlich die ganze FDP, und auch Komiker wie Dieter Nuhr und Monika Gruber und Helmut Schleich dieses Klischee bedienen, haben warnende Stimmen keine Chance. Nur sollten wir wissen: Für das, was wir jetzt einsparen, zahlt die kommende Generation doppelt und dreifach. Und das ist die Generation, die einmal unsere Renten bezahlen soll.
Werden sie das?