Bald ist vom Steinmetzbetrieb von Gisela und Reiner Hahn in Gemünden nichts mehr übrig. Die frühere DEA-Tankstelle Gumpp in der Bahnhofstraße, wo sich der Betrieb befindet, wird abgerissen und soll einem Parkplatz für den geplanten neuen Getränkemarkt Weimann in der Ladestraße weichen. Schweren Herzens hängt der 72-jährige Steinmetz aus Obersinn sein Handwerk an den Nagel. "Mir tut das weh, dass wir jetzt aufhören müssen", sagt Hahn, der auf Grabsteine und Gartendeko spezialisiert ist. Ganz davon lassen kann er aber nicht.
Reiner Hahn sitzt der Schalk im Nacken. Er ist immer für einen Scherz gut, obwohl er vor acht Jahren einen Schlaganfall hatte, der ihn ein Jahr lang außer Gefecht setzte. Er hatte Probleme mit dem Gehen und musste auf Reha. Besonders geholfen habe ihm aber seine Arbeit. "Die Firma war die beste Reha", erzählt er. Wenn man in so einer Situation nichts mache, sei das ganz schlecht, das hätten auch die Ärzte bestätigt.
Er ist Steinmetz aus Berufung, hat früher auch mal den Meißel mit in den Urlaub genommen und in einen Felsen am Strand ein Herz eingemeißelt. Und natürlich musste er auf alle möglichen Friedhöfe, etwa auf Mallorca, um sich inspirieren zu lassen.
Handwerklich gestaltete Grabsteine von Reiner Hahn
Rund 1000 Grabmale hat Hahn, der einst im nahen hessischen Altengronau bei einem großen Marmorbetrieb lernte, über die Jahre gestaltet. "Von Fulda bis nach Würzburg hat keiner so eine Auswahl gehabt", ist er überzeugt. Etwa 90 Stück hätten sie immer vor Ort gehabt, bis nach München geliefert. Hahns Schwerpunkt sei dabei die handwerkliche Gestaltung gewesen, außerdem hat er viel mit heimischen Steinen wie Muschelkalk und Sandstein gemacht. Anderswo bekomme man meist Grabsteine aus dem Katalog, die nur noch beschriftet werden, während er viel nach Kundenwünschen gestaltet habe.
Irgendwann habe er die Idee gehabt, was mit Ammoniten zu machen, diese in Grabsteine einzubauen. Seine Frau habe ihn ausgelacht, sagt er. Aber die Ammoniten, die für ihn ein Symbol der Ewigkeit sind, wurden tatsächlich so etwas wie sein Markenzeichen. Unter anderem auf dem Friedhof in seinem Heimatort Obersinn findet sich ein Grabstein mit einem großen Ammoniten.
Überhaupt trägt der dortige Friedhof deutlich die Handschrift Hahns. Ein weiterer Grabstein etwa ist aus einem dunklen, marmorierten grünen Stein, weil der dort Bestattete ihm davon erzählt hatte, dass er bei Touren in der Schweiz immer dieses grüne Gestein gesehen habe. Auch der Gedenkstein für den Dichter Leo Weismantel stammt von ihm.
Die Hahns haben in das Gebäude investiert
Werkstatt und Geschäft in Gemünden haben die Hahns noch gar nicht so lange, erst seit 2006. Nach dem Ende der Tankstelle hatte noch eine Autowerkstatt dort ihren Sitz. Bis dahin war Hahn angestellt gewesen. Kurz hat er auch mit dem Wiesenfelder Steinmetz Peter Gopp zusammengearbeitet. Über die Jahre in Gemünden sagt Gisela Hahn: "Es hat Spaß gemacht, es war sehr gut gelaufen." Sie haben sogar in das Gebäude investiert, auf eigene Kosten eine Fußbodenheizung einbauen lassen.
Vor eineinhalb Jahren hätten sie erfahren, dass ihr gemietetes Gebäude verkauft und abgerissen wird. Seit zwei Monaten machen sie Abverkauf. Das Lager muss geräumt werden. Eine Steinmetzin, die 16 Jahre für die Hahns gearbeitet "und geschafft hat wie ein Mann", hat bereits eine neue Stelle gefunden. Die beiden Söhne haben als Köche andere Wege eingeschlagen, werden den Betrieb also nicht übernehmen.
Voraussichtlich im Frühjahr wird endgültig Schluss sein – ganz klar sei es noch nicht, weil auf dem ehemaligen Tankstellengelände auch noch Bohrungen nach Schadstoffen stattgefunden hätten. Reiner Hahn will noch nicht ganz aufhören. Er wird noch Beschriftungen und Gartendeko, etwa die Sandstein-Schachblumen, auch die eine Idee Hahns, anbieten. Immer wenn er mal Zeit hatte zwischendurch, hat er Skulpturen geschaffen. Künftig wird die Zeit dafür da sein.