An den Feiertagen Allerheiligen und Allerseelen gedenken Katholiken sämtlichen Märtyrern und Heiligen und erinnern sich an ihre Verstorbenen. Oftmals gehört dazu ein Besuch der Gräber auf den Friedhöfen. Auch wenn sich viele Menschen in Urnengräbern und -wänden oder anonym unter Bäumen bestatten lassen: Die klassischen Elemente von Friedhöfen sind nach wie vor Grabsteine.
Gisela Hahn vom Steinmetzbetrieb Hahn in Gemünden berichtet, dass gerade im Oktober, in ihrer Branche Hochbetrieb ist: "Die Menschen wollen zu Allerheiligen ihre Gräber in Ordnung wissen." Steine und Grabeinfassungen sollen gesetzt sein und wie neu glänzen, die Inschriften in frischer Farbe erstrahlen. Hahn weiß wie kaum jemand anderes, welche Bedeutung Grabsteine für unsere Bestattungskultur haben und wie sich diese im Laufe der Zeit verändert hat.
Schon in der Antike erinnerten Grabsteine an Verstorbene
Seit jeher werden Gräber mit Grabsteinen geschmückt. Schon in der Antike gab es Grabsteine mit Inschriften. In den christlichen Kirchen wurden Tote unter dem Kirchenboden beigesetzt, später aus Platzgründen auch um das Gotteshaus herum. Die Grabsteine lagen dann nicht mehr auf den Gräbern sondern wurden an der Kirchenmauer befestigt.
So entstanden nach und nach die Friedhöfe. Gräber sind Orte der Erinnerung an die Verstorbenen. Die Grabsteine tragen als Inschrift meist den Namen, oft auch das Geburtsdatum sowie den Todestag. Und sie sind mit Symbolen oder Ornamenten geschmückt.
Sein Leben lang auf einen Grabstein sparen
"Früher haben sich Angehörige für handwerklich aufwendig behauene Steine entschieden", sagt Gisela Hahn, die gemeinsam mit ihrem Mann Reiner den Steinmetzbetrieb führt. Teilweise wurden Monumente zu Ehren der Verstorbenen errichtet. Man hat einem Grab angesehen, wie wohlhabend jemand war: "Je größer der Grabstein, desto bedeutender war eine Familie." Wer wenig Geld hatte, hat vielleicht sein Leben lang auf die letzte Ruhestätte gespart. Verwendet wurden typisch christliche Motive wie eine Madonna, betende Hände oder ein Kreuz.
Vor rund 20 Jahren waren der Großteil der Steine aus schwarzem Granit und hatten eine geschwungene Form. Die Grabeinfassungen waren aus Beton. Heute wählt man für die Einfassung in der Regel dasselbe Material wie für die Steine. Material, Form und Gestaltung sind mittlerweile individueller.
Hahns Kundinnen und Kunden legen Wert auf eine geradlinige Gestaltung. Grabsteine sind manchmal zweifarbig, oftmals sind Steine gefragt, die ein Grab teilweise oder komplett abdecken. Es wird viel Edelstahl verwendet, etwa für Kreuze oder die Schrift. "Das ist moderner als eine Gravur im Stein, so Hahn. "Auch Swarowski-Kristalle waren in den vergangenen zwei oder drei Jahren als Verzierung auf Grabsteinen sehr gefragt." Das ist nach Hahns Eindruck etwas zurückgegangen.
Viele sind auf der Suche nach pflegeleichten Grabmalen, also etwa polierte Oberflächen. Einige wenige legen Wert auf regionale Materialien, zum Beispiel roten Buntsandstein aus Wernfeld, Muschelkalk aus Kirchheim bei Würzburg oder Jura aus Gundelsheim (Landkreis Heilbronn). "Diese Steine kosten nicht mehr oder weniger als importierte Steine. Die Lohnkosten für die handwerkliche Bearbeitung machen den Preis jedoch teurer", so Hahn.
Berufszeichen und kindliche Motive für einen Grabstein
"Wir gehen in Beratungsgesprächen auf die Wünsche der Angehörigen ein", sagt Gisela Hahn. "Wir haben zum Beispiel schon das Berufszeichen für einen Bäcker oder eine Lokomotive angebracht." Andere Menschen würden sich gravierte Blumen wünschen. Zwei Mal haben sie Kindergräber gestaltet, etwa mit "Bauklötzen" aus Granit und einem Teddybär aus Bronze.
Wenn sie mit ihrem Mann im Urlaub ist, würden sie gerne Friedhöfe besichtigen. "Uns ist insbesondere im Allgäu aufgefallen, dass bei den Gedenksprüchen auf den Grabsteinen kein Blatt vor den Mund genommen wird", sagt sie. Da seien schon auch derbe Aussagen dabei, die sie in ihrem Betrieb nicht umsetzen würden.
Vor allem ältere Menschen brauchen einen konkreten Trauerort
Warum kaufen Menschen noch Grabsteine, statt Urnengräber oder Baumbestattungen zu wählen? Das hänge oftmals mit dem Alter der Hinterbliebenen zusammen, meint Hahn: Vor allem ältere Generationen legen Wert auf einen konkreten Ort, an dem sie trauern können. Diesen wollen sie gestalten und pflegen. Sie empfinden einen Besuch an einem Grab als heilsam und tröstlich.
Heute würden sich vor allem junge Menschen für eine Urne oder eine Grabtafel entscheiden. Das sei günstiger. "Ihnen fehlt oft der Bezug zum Tod, sie wollen sich nicht damit auseinander setzen", sagt Hahn. "Ich hab es schon erlebt, dass ein Verstorbener im Wald beerdigt wurde, weil das die Witwe so wollte." Die Eltern hätten sich damit schwer getan und für das Familiengrab ein Herz aus Stein mit dem Namen des Verstorbenen bestellt.
Gisela Hahn sagt: "Wir haben hier nicht die Maschinen, um gebrauchte Steine abzuschleifen und zu polieren." Außerdem koste das Umarbeiten so viel wie eine neue Grabanlage. Deshalb kommen beim Steinmetzbetrieb Hahn alle gebrauchten Grabsteine in einen Container. Dieser wird jede zweite oder dritte Woche abgeholt, um zu Schotter und Split gemahlen zu werden.