Der eine aus Rhön-Grabfeld, der andere aus Main-Spessart: Florian Liening-Ewert (40) und Johannes Albert (35) kommen aus ganz unterschiedlichen Ecken Unterfrankens. Was sie gemeinsam haben: Sie sind beide sehr jung Bürgermeister geworden. Und sie haben beide das bundesweite Netzwerk Junge Bürgermeister für sich entdeckt. Unschwer zu erkennen am Hoodie mit "BRGRMSTR"-Schriftzug, den das Netzwerk vertreibt. Im Gespräch erzählen die Bürgermeister von Hendungen und Roden, wie die Gemeinschaft funktioniert, warum sie ihnen gut tut und wie sie ihre Amtszeit bisher erleben.
Johannes Albert: Es gab schon die Kommentare, wie: "Ah, ein junger Bürgermeister, wie schön!" Aber auch kritische Bemerkungen, nach dem Motto: "Kann der das?"
Florian Liening-Ewert: Mir war wichtig, möglichst ehrlich zu bleiben und bei allem, was du sagst und tust, nicht zu zocken. In so kleinen Gemeinden wie bei uns, mit unter 1000 Einwohnern, ist es elementar, ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln und die Leute dazu zu bringen, Verantwortung für die Kommune zu übernehmen. Das ist durch Corona und die momentanen Entwicklungen schwieriger geworden, nach dem Motto: "Gemeinderat? Ne, das mach ich nicht. Da muss ich ja den Kopf hinhalten."
Liening-Ewert: Das Netzwerk gibt es seit 2019 und es ist ein bundesweiter Zusammenschluss junger Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Wir sind in Bayern ungefähr 280 Kolleginnen und Kollegen. Einmal im Jahr treffen wir uns live in Berlin. Darüber hinaus gibt es online monatliche Stammtische, wo wir uns über Ideen und Erfahrungen austauschen.
Albert: Aus Bayern sind wir Unterfranken im Netzwerk übrigens in der Überzahl. (lacht)
Liening-Ewert: Wir kommen alle aus ähnlichen Lebenssituationen und haben oft die gleichen Themen. Es geht um Kindergärten, Spielplätze, den ÖPNV, die Wärmeleitplanung. Auch wenn wir von den Kommunen her unterschiedlich groß sind, aus anderen Bundesländern stammen – die Grundproblematik ist oft die gleiche und da ist es einfach super gut, sich auszutauschen.
Albert: Man erfährt viel Solidarität, die einfach gut tut. Was es genau heißt, Bürgermeister zu sein, kann oft keiner verstehen. Im Netzwerk ist das anders.
Liening-Ewert: Ein Beispiel: Ein Kollege aus Regensburg hat vor einiger Zeit mitten in der Nacht einen Post abgesetzt: "Leute, mir geht so viel durch den Kopf, ich kann einfach nicht schlafen!" Das kann ich total nachvollziehen und deshalb habe ich ihm gleich geschrieben. Das ist einfach Psychohygiene.
Albert: Alle, die bei ihrer letzten Wahl jünger als 40 Jahre alt waren. Es gibt auch eine Altersgrenze. Wird man wiedergewählt und ist bereits Ü40, ist man nicht mehr dabei.
Albert: Der Frauenanteil liegt bei 14 Prozent. Frauen müssen in ihrem Bürgermeisteramt oft viel mehr aushalten. Gerade da ist das Netzwerk gut.
Albert: Nach der Enthüllung der Correctiv-Recherche über das Treffen rechtsextremer Aktivisten rund um die AfD und deren Deportationspläne haben wir zum Beispiel einen Aufruf gegen rechte Deportationsfantasien verfasst, der sehr stark wahrgenommen wird.
Liening-Ewert: Und wir haben das Agreement: Sollte ein junger Bürgermeister mit AfD-Zugehörigkeit ins Netzwerk wollen, werden wir dies nicht zulassen. Das Netzwerk steht ganz klar für unsere Demokratie, Vielfalt und ein solidarisches Miteinander.
Liening-Ewert: Ganz ehrlich: Mit 40 Jahren ist man trotzdem zu weit weg von Jugendlichen, um sie für die Kommunalpolitik zu interessieren. Sorgen macht uns das Thema trotzdem. Der Ausgang der U18-Landtagswahl 2023 hat mich ehrlich etwas geschockt, wie gut die AfD da bei den Jugendlichen abgeschnitten hat. Aber das liegt auch daran, dass sie überwiegend digital unterwegs sind und dadurch auch entsprechend beeinflussbar. Wer einmal im Netz ein paar Sachen angeklickt hat, bekommt über die Algorithmen immer wieder das gleiche Zeug reingespült.
Albert: Sagen wir mal so: Heutzutage kann man es sich nicht leisten, dort nicht zu sein. Mittlerweile haben auch immer mehr Orte Whats-App-Dorfgruppen oder GemeindeApps, über die viel Information läuft.
Liening-Ewert: Und das ist natürlich auch eine Persönlichkeitsfrage. Es gibt Leute, wie den Tik Tok-Bürgermeister Matthias Beer aus Beratzhausen, der über seine Videos versucht, andere Zielgruppen anzusprechen. Da muss aber jeder seinen Weg gehen. Ich bin auch auf Snap-Chat, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Jugendlichen, die dort aktiv sind, lieber direkt ins Rathaus kommen, wenn sie etwas wollen.
Liening-Ewert: Ich habe schon geschluckt, aber nie überlegt, deswegen aufzuhören. Das wäre ja genau das gewesen, was bezweckt werden sollte. Schluss wäre vermutlich, wenn meine Familie und meine Kinder bedroht würden.
Liening-Ewert: Bei unserem Landrat sind während Corona vor seinem Privatanwesen die Montagsdemonstranten der Impfgegner aufgetaucht. So ein Verhalten empfinde ich als stark übergriffig, und ich finde, das müssen wir Bürgermeister, egal welches Alter und Couleur, nicht akzeptieren.
Albert: Es kommt nicht ohne Grund, dass die Bundesregierung eine Stelle eingerichtet hat, wo sich Kommunalpolitiker professionelle Hilfe holen können.
Liening-Ewert: Meiner Meinung nach braucht es vom Gesetzgeber aus andere Rahmenbedingungen, damit das ehrenamtliche Bürgermeisteramt weiterhin existiert und attraktiv bleibt. Gerade junge Menschen, die mitten im Job und im Familienleben stehen, brauchen da mehr Sicherheiten. Zum Beispiel, dass die Bezüge gleich bleiben, wenn man das Amt übernimmt. Und dass der Wiedereinstieg geregelt ist, also dass man ein Anrecht auf seinen alten Job hat oder eine gleichwertige Stelle. Vielleicht könnte man Regelungen wie beim Elterngeld schaffen. Im April sind wir über das Netzwerk bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eingeladen. Da wollen wir das Thema auch ansprechen.
Albert: Man muss sich im Klaren sein: Du bist nie privat unterwegs. Es gibt immer jemanden, der kommt und sagt: "Wo ich dich gerade sehe!" Das muss man aushalten können.
Liening-Ewert: Und jedes Amt ist endlich. Insofern rate ich jedem jungen Bürgermeister oder Bürgermeisterin: Nehmt euch einen Endpunkt und haltet daran fest.
Liening-Ewert: Ja, die braucht es. Warum? Um eingesessene Prozesse und Strukturen aufzubrechen, für die digitale Transformation in den Verwaltungen und für ein besseres Verständnis der aktuell jungen Generation. Die dürfen ruhig auch cool sein und das Amt darf und muss auch Spaß machen.
Albert: Junge Bürgermeister sind meistens eher offen gegenüber Neuerungen. Und sie machen vielleicht auch mal einen Spaß mit und kommen statt im Sakko im Kapuzenpulli.
Korrekt müsste der Aufruf statt:
"Aufruf junger Bürgermeister*innen gegen rechte Deportationsfantasien"
eigentlich heißen:
"Aufruf junger Bürgermeister*innen gegen die Meinungsäußerung über angeblich rechtsextreme Deportationsfantasien von Correctiv!"
https://weltwoche.de/daily/der-skandal-der-keiner-war-wie-die-correctiv-recherche-ueber-das-zur-wannsee-konferenz-aufgebauschte-geheimtreffen-im-nichts-verpuffte/
Wo kommt diese Jugend her, die schamlos hetzerische Narrative kolportiert, um hetzerische Narrative zu bekämpfen? Von linksextremen Netzwerken um "IM Victoria" & Co. direkt auf den Bürgermeisterstuhl?
Den Teufel mit Beelzebub austreiben - - führt zu dem, was man verhindern will. Ist es Verblendung oder eiskalte Absicht unter falscher Flagge?