
"Wenn Du mich an der Schule nicht krankmeldest, ziehe ich zu Papa." Der Leitung einer Realschule im Landkreis Main-Spessart ist bekannt, dass alleinerziehende Mütter von derartige Erpressungen berichten. Mit der Realschule Lohr und der Realschule Gemünden haben nun erstmals zwei Realschulen aus dem Landkreis Main-Spessart die Etablierung von Jugendsozialarbeit an ihrer Schule beantragt.
Bisher gibt es Jugendsozialarbeit an Schulen im Landkreis vor allem an den Grund- und den Mittelschulen. Neben den zwei Realschulen haben die Berufs- und Fachoberschule Marktheidenfeld sowie eine weitere Mittelschule neue Anträge gestellt. Damit steigt die Anzahl der Schulen mit Jugendsozialarbeit im Kreis um vier auf 21, zudem beteiligt sich der Kreis auch an der Jugendsozialarbeit an der Berufschule Don Bosco in Würzburg.
"Die Jugendsozialarbeit an den Schulen ist eine wichtige Sache und ein Erfolgsmodell", sagte Thomas Götz, der Leiter des Kreisjugendamtes. Es sei wichtig, diese Unterstützung in die Fläche zu bringen.
Sitter appelliert: Sozialarbeit kann nicht alles auffangen
Die Probleme an den Schulen ähneln sich: Schüler sind aggressiv, verletzen sich selbst oder sprechen gar von Suizid. Andere haben Angst in die Schule zu gehen oder leiden an Essstörungen.
Die Jugendsozialarbeit an Schulen werde auf der Landratsebene kontrovers diskutiert, erklärte Landrätin Sabine Sitter. Sie kommt beruflich selbst aus dieser "Fachlichkeit", trotzdem haben sie die Fallbeispiele erschüttert. Sie appellierte an alle Eltern, auch als Mutter, manches könnten auch professionelle Kräfte nicht auffangen. Die Jugendsozialarbeit habe vor allem die Funktion von Case-Managern – vermitteln an Einrichtungen oder Hilfsangebote – die Sozialarbeitenden könnten nicht jeden einzelnen Fall lösen.
Man könnte die Anträge der Realschulen auch ganz nüchtern sehen: Wenn nicht jeder Fall gelöst werden kann, ist auch nicht zu erwarten, dass sich Probleme mit dem Übertritt an eine Realschule in Luft auflösen.
Kosten tragen Freistaat, Kreis und Kommunen
Das wurde an Jugendsozialarbeit zum jeweils nächstmöglichen Zeitpunkt neu beantragt und dem Kreistag vom Jugendhilfeausschuss jeweils einstimmig empfohlen: 20 Wochenstunden an den Realschule Gemünden und Lohr sowie der FOS/BOS Marktheidenfeld, 19,5 Wochenstunden an der Mittelschule Marktheidenfeld. Ob es 20 oder 19,5 Stunden sind, hängt vom Träger ab, die Mittelschule Marktheidenfeld wird mit der Caritas zusammen arbeiten.
Die Jugendsozialarbeit wird so finanziert: Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales fördert eine Vollzeitstelle mit 16.360 Euro im Jahr, wenn der Landkreis sich mindestens in gleicher Höhe beteiligt. Zehn Prozent muss der jeweilige Träger finanzieren, den Rest der Sachaufwandsträger der Schule, also die Gemeinden oder Schulverbände bei Grund- und Mittelschulen, ansonsten wiederum der Landkreis Main-Spessart.
In einer früheren Version dieses Artikels wurden eingangs weitere Fallbeispiele genannt, die auch in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses vorgetragen wurden. Aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken haben wir diese entfernt.