
"Ein zweites Hotel würde ich in diesen Zeiten nicht eröffnen", sagt Katja Bundschuh. Das "Weekly" soll aber ganz anders werden, nicht zu vergleichen mit dem Boutiquehotel "Hotel Bundschuh" am Kaibach, das Katja Bundschuh in dritter Generation betreibt. Im obersten Geschoss des neuen/alten Brauereikomplexes in Lohr entsteht gerade das erste "Boardinghaus" der Region: 17 kleine Appartments, alle mit Küchenzeile, eigenem Bad und kleinem Balkon mit Ausblick über die Dächer der Stadt. Wohnen auf Zeit, könnte man das Konzept auch nennen, für Geschäftsreisende, als Ferienwohnung, falls im Eigenheim das Wasserrohr bricht, und so weiter.
Die Idee hat sie vor Jahren von einer ihrer vielen Reisen mitgebracht: "In La Paz in Bolivien haben mein Mann und ich uns länger aufgehalten in einem großen Haus, das eine tolle Küche und einen Gemeinschaftsraum in der Mitte hatte. Das Konzept hat mir gefallen." In Lohr schaute sie sich immer wieder um nach einer geeigneten Immobilie, denn der Bedarf nach Ferienwohnungen und möblierten Wohnungen für kürzere Zeiträume sei da. "Oft wurden wir auch im Hotel angefragt, ob wir Zimmer haben mit einer Kochmöglichkeit."
Bauprojekt dauerte länger als geplant
Als sie von der Umgestaltung des alten Brauerei-Geländes hörte, kontaktierte sie sofort die Brauerei-Erbin Daniela Stumpf. "Kurz darauf saß der Projekt-Planer bei mir im Hotel, und dann ging es ganz schnell", erinnert sich Bundschuh. "Irgendwann war klar: Wenn ich das jetzt dort nicht mache, dann macht es jemand anderes."
Anfang 2018 stimmte der Stadtrat dem Projekt zu, vor wenigen Wochen erst wurde das Gebäude so weit fertig, dass Rewe und dm ihre Filialen im Erdgeschoss des Gebäudekomplexes eröffnen konnten. Auch der Start für das Boardinghaus hat sich immer wieder verschoben – Januar war einst angedacht, jetzt soll spätestens zum 1. Mai alles fertig sein.
"Wir haben uns mit einem konkreten Eröffnungstermin zurückgehalten, auch wegen der Pandemie." Über die Verzögerung ist Bundschuh im Nachhinein froh: "Im Januar hätte ich Bauchschmerzen gehabt. Personal hätte ich zu der Zeit wahrscheinlich nicht eingestellt."
Investition auch im Lockdown nicht bereut
Dass eine Pandemie das Gastgewerbe in eine so schwierige Lage bringen würde, konnte natürlich niemand ahnen, als vor drei, vier, fünf Jahren die Planungen für das Projekt anliefen. Bundschuh hat die Investition dennoch nicht bereut, sagt sie heute.
Das Boardinghaus Weekly ist eine eigene Firma, komplett getrennt vom Hotel Bundschuh. Die Finanzierung war daher schon vor Corona gesichert. "Die Ausgangslage ist also eigentlich nicht viel anders, als sie es ohne Pandemie gewesen wäre", sagt Katja Bundschuh. Außerdem sei der Aufwand, mit dem das Boardinghaus betrieben wird, nicht mit dem eines Hotels zu vergleichen: Keine Rezeption, die ständig besetzt ist, kein großer Garten, der Pflege braucht, keine tägliche Zimmer-Reinigung, kein Frühstücksservice.
Im "Weekly" soll ein Koordinator die organisatorischen Aufgaben übernehmen, drei Zimmerfrauen in Teilzeit werden wöchentlichen die Appartments reinigen, dazu plant Bundschuh mit zwei bis drei Kräften, die in den Nachmittagsstunden als Ansprechpartner für die Gäste da sind. "Vieles wird auch digital funktionieren", erklärt sie, zum Beispiel, indem der Gast einen Code zugesandt bekommt, mit dem er sich den Zimmerschlüssel bei der Ankunft selbst nehmen kann.
Auch der Einrichtungsstil wird sich maßgeblich vom Hotel Bundschuh unterscheiden. "Hier konnte ich mich richtig kreativ ausleben", sagt Bundschuh. Modern und mit Industriecharme sollen die Räume eingerichtet sein. Die Bäder sind mit eigenwilligen Fliesen im Schwarz-Weiß-Muster gekachelt, die Wände im Backstein-Look tapeziert, die Betten bekommen dunkle, mit Leder überzogene Kopfteile. Vor dem Abriss hat Bundschuh aus der alten Brauerei so manches Schmuckstück gerettet, das hier einen neuen Platz finden soll. Der alte Schreibtisch des Brauerei-Chefs soll am Empfang stehen, die Buntglasfenster aus der Braustube kommen als Raumtrenner zum Einsatz.
Im Sommer Biergarten als Zuverdienst eröffnet
Das vergangene Jahr sei für sie als Unternehmerin nicht einfach gewesen, sagt Bundschuh. Auch sie war dabei, als Anfang März Gastronomen und Hoteliers Tische und Betten auf den Marktplatz in Lohr stellten, um auf ihre prekäre Situation aufmerksam zu machen. Im Sommer hat sie erstmals einen Biergarten im Hotelpark eingerichtet, um das Minus aus dem ersten Lockdown wieder auszugleichen – "und um ein Polster für diesen Winter zu schaffen."
Den Mut hat sie dennoch nicht verloren: "Wir haben im Hotel nie den Schlüssel umgedreht, sondern immer gemacht, was ging – auch wenn wir nur einen Gast hatten." Handwerker und Geschäftsreisende, alle die, die einen unaufschiebbaren Grund für ihre Reise hatten, durfte sie beherbergen und bewirten. "15 Jahre lang gab es bei uns kein Abendessen, aber jetzt haben wir doch wieder angefangen, ein Tagesgericht anzubieten", erzählt Bundschuh. Das sei gern angenommen worden und habe sich herumgesprochen.
Gerechnet hat sich dieses Vorgehen nicht immer, räumt sie ein, aber um die Stimmung im Team hochzuhalten, sei das wichtig gewesen. "So mussten wir niemanden zu 100 Prozent in die Kurzarbeit schicken." Für die Sommersaison hat sie Hoffnung. Die Hygienekonzepte der Hotels hätten sich bewährt, Ansteckungen habe es bei ihr nicht gegeben. "Es muss jetzt bald wieder richtig losgehen, sonst können wir alle zumachen."
super für Lohr und Umgebung viel Erfolg und gute Auslastung