
Milchbauer Alexander Fischer hat für seine Milch jetzt eine zusätzliche Absatzmöglichkeit geschaffen. Seit Oktober kann man sich an seinem Hof im Mittelsinner Hofweg mit Flaschen Milch aus dem Automaten holen. Neffe Henry Weis, der Landwirtschaft studiert und immer wieder im Betrieb mithilft, war maßgeblich an der Beschaffung des Automaten und des Häuschens beteiligt. "Überlegt haben wir schon ewig, aber ich habe gesagt: Das rentiert sich nicht", erzählt Fischer. Nach mehrmonatiger Suche gezielt nach gebrauchten Automaten, ein neuer wäre zu teuer gewesen, wurden sie in Marktredwitz fündig. 200 Liter fasst der Tank.
"Wir sind zufrieden", sagt Fischer nach den ersten drei Monaten. Auch aus den umliegenden Ortschaften kämen Kunden, um sich Milch zu zapfen. Kein Wunder, hat doch Fischer den einzigen Milchviehbetrieb im Sinngrund und damit auch bis Karlstadt den einzigen Automaten. Bei Reinhold Schmitt-Fehmel, dem Seniorchef des Fehmel-Hofs in Karlstadt, hat sich Fischer auch angeschaut, wie es mit einem solchen Automaten funktioniert. Dort kann man sich schon seit bald drei Jahren Rohmilch aus dem Automaten holen, auch deren Automat war gebraucht.

In Karlstadt kann man zusätzlich Eier, Mehl, Wurst und Eis kaufen, bei Fischer zunächst nur Milch. Es sei angedacht, in Zukunft womöglich mehr anzubieten, sagt Fischer. Aber jetzt wolle er erst einmal schauen, wie der Milchautomat weiter angenommen wird. Zumal es Wurst, Fleisch und Kartoffeln in Mittelsinn seit 2020 schon aus dem Automaten gibt, nämlich bei den Blums.
Fischer wirbt mit dem Begriff Rohmilch
Auf Fischers Milchautomat, der mit 10.000 Euro über das Regionalbudget der Sinngrundallianz (ILE) gefördert wurde, prangt groß der Hinweis: "Rohmilch vor dem Verzehr abkochen!" Das habe die Lebensmittelüberwachung so gewünscht, erzählt Henry Weis, der gerade einen Master in Nutztierhaltung macht. Dabei werben sie sogar mit dem Begriff Rohmilch, um sich von anderer Milch aus dem Supermarkt abzugrenzen. Denn viele Leute würden gezielt Rohmilch kaufen, um daraus etwa Käse oder Joghurt zu machen.
"Hof's Rohmilch" nennt sich das Häuschen, weil Hof der Hausname der Familie ist. Leere Flaschen für einen oder einen halben Liter können Kunden selbst mitbringen oder im Häuschen kaufen. Die Hütte, die als Bausatz kam, ist von 7 bis 22 Uhr geöffnet. Rund um die Uhr war es Alexander Fischer zu heikel, da wegen des Münzgelds kürzlich erst Milchautomaten in Haßfurt und Fulda aufgebrochen worden seien.
Milchpreise sehr hoch, aber Kosten auch
Derzeit seien die Milchpreise mit 50 Cent pro Liter so hoch wie noch nie, sagt Fischer. Das sei schön, aber gleichzeitig seien Dünger, Diesel und Strom so teuer geworden, dass unter dem Strich kaum mehr herauskomme. Weil sich die Fischers keine zusätzliche Vollzeitkraft leisten können, muss die Familie alles stemmen. Nur eine 540-Euro-Kraft gebe der Umsatz her. Bis auf den Rapsschrot erzeuge er eigentlich alles Futter für die Tiere selber – Gras, Wintergerste, Mais.
Etwas Entlastung geschaffen hat der Melkroboter, der immerhin 65 der 80 Milchkühe schaffe. Die restlichen würden entweder momentan keine Milch geben, weil sie trächtig seien, oder wie zuvor am Melkstand gemolken, der für einen möglichen Ausfall des Roboters erhalten bleiben soll. Von Kraftfutter angelockt, liefen die Kühe selbstständig zum Melkroboter. "Die Kühe stellen sich auch nachts rein", erzählt Fischer. Nur von 3 bis 6 Uhr nachts sei weniger los.
Alexander Fischer setzt auf Tierwohl mit Laufstall, Laufhof und Weide
Fünf Cent erhalte Fischer mehr, weil die Privatmolkerei Bechtel in der Oberpfalz, die er über die Erzeugergemeinschaft beliefere, ein Tierwohlprogramm aufgelegt habe. Er habe seit zwei Jahren einen Laufhof, damit die Kühe, wenn sie wollen, ins Freie laufen können. Er sei selbst erstaunt, wie gut das die Tiere annehmen. Tatsächlich standen beim Besuch in Mittelsinn bei leichten Minustemperaturen jede Menge Tiere im Freien. Im Sommer können sie auch auf die Weide laufen.

Thomas Zehnter, Geschäftsführer der Milcherzeugermeinschaft Rhön/Saaletal, der auch Fischer angehört, sagt auf Anfrage: "Wir hoffen, dass der Milchpreis entsprechend der Auflagen weiter anzieht." Denn weiterhin hörten Milchbetriebe auf. "Es werden immer weniger", sagt Zehnter. Bis vor ein paar Jahren hätten andere die wegfallende Menge aufgefangen, aber inzwischen nehme die Milchmenge kontinuierlich ab. Er könne Landwirten nur zur Direktvermarktung und auch zu hohen Standards raten. Fischer erfülle den Tierwohlstandard Stufe 4, was dem DLG-Standard Gold entspreche. Dafür habe er seinen Tierbestand etwas reduziert, um mehr Platz für seine Tiere zu schaffen.
Bürokratie und Angst vor Mercosur-Abkommen
"Was uns zu schaffen macht, ist die Bürokratie", sagt Fischer. Es muss eine Düngebilanz aufgestellt werden, es muss dokumentiert werden, Mehrfachanträge müssen ausgefüllt und die Arzneigabe und die Gabe von Antibiotika dokumentiert werden. In dem Zusammenhang fürchtet er das geplante Mercosur-Abkommen mit Südamerika. In Deutschland sei das Futter gentechnikfrei, in Südamerika werde Fleisch mit Hormonen behandelt und Dinge wie Tier- und Umweltschutz würden nicht so streng gehandhabt. "Wir haben kein Problem mit dem Wettbewerb", sagt Fischer, "aber dann müssen die Auflagen gleich sein."