
Die Sitzung des Gemündener Stadtrats am Montag war ungewöhnlich gut besucht. Rund 15 Zuhörerinnen und Zuhörer waren gekommen. Hauptgrund dürfte das Interesse an den neuen Hebesätzen für die Grundsteuer gewesen sein. Wenn die Stadt bis Jahresende keine neuen Hebesätze festlegt, nähme sie mit den bestehenden Sätzen aufgrund der Grundsteuerreform rund 760.000 Euro mehr ein, rechnete Kämmerer Michael Pfeuffer vor. Ziemlich einig waren sich Stadträte und Bürgermeister, dass die Hebesätze gesenkt werden sollen. Die Entscheidung darüber wurde allerdings vertagt.
"Wir wollen nicht kurz vor knapp eine Entscheidung treffen", sagte Bürgermeister Jürgen Lippert. Die neue Grundsteuer gilt ab 1. Januar. Diese errechnet sich aus dem Grundsteuermessbetrag mal dem Hebesatz. Derzeit beträgt der Hebesatz für landwirtschaftlich genutzte Flächen in Gemünden 400 vom Hundert, also 400 Prozent, bei bebauten Grundstücken 420 Prozent. Die beiden Sätze wurden zuletzt 1995 und 2003 angepasst. 2024 wird mit Einnahmen von 45.125 Euro bei der Grundsteuer A und knapp 1,3 Millionen bei der Grundsteuer B gerechnet.
Es fehlen zehn beziehungsweise 15 Prozent der Grundsteuermessbeträge
Um das voraussichtliche Grundsteueraufkommen der Stadt für kommendes Jahr zu berechnen, hat Pfeuffer die bisher bekannten Grundsteuermessbeträge mit den jeweiligen Hebesätzen multipliziert. Allerdings, so Pfeuffer, liegen momentan erst 85 Prozent der Messbeträge für die landwirtschaftlich genutzten Flächen (Grundsteuer A) und 90 Prozent für die bebauten Grundstücke (Grundsteuer B) vor. Was mit den übrigen ist, sei unklar. "Es weiß keiner, wo die im Moment sind", so Pfeuffer. "Entweder sind die nicht abgegeben worden oder es gab schon beim Finanzamt einen Einspruch." Vielleicht seien sie aber auch bei einer anderen Kommune abgegeben worden. Bei den etwa 500 noch nicht feststehenden Messbeträgen habe er für die Kalkulation angenommen, dass diese sich wie die bereits bekannten verhalten.
Wie sollten sich die Hebesätze entwickeln? Kämmerer Pfeuffer gab zu bedenken: "Wir als Stadt krebsen jedes Jahr rum, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zusammenzubekommen." Zweiter Bürgermeister Werner Herrbach (FW-FB) rechnet damit, dass Widersprüche kommen und somit manche Grundsteuereinnahmen zunächst ausfallen. "Wir müssen ein bisschen einen Puffer einbauen, sonst werden wir Schiffbruch erleiden", sagte er. Auch Robert Lampert (CSU) rechnete mit vielen möglichen Streitigkeiten, weil so viele Fehlermöglichkeiten im System seien. Er plädierte deshalb für Nachsicht und Großzügigkeit und dagegen, auf den zu zahlenden Betrag sofort zu pochen.
Lippert rechnet mit finanziell noch schwierigeren Zeiten für Gemünden
Monika Poracky (SPD) sagte: "Die einen bezahlen weniger, die anderen bezahlen mehr." Lippert gab ihr Recht und sagte: "Bei Einzelnen hat das möglicherweise auch gravierende Auswirkungen." Es gehe der Stadt auch nicht darum, möglichst viel über die Grundsteuer abzuschöpfen. Auch er bemerkte, dass es immer schwieriger werde, einen ausgeglichenen Haushalt hinzubekommen, sprach von "immer mehr Klimmzügen". Und schon im kommenden Haushaltsjahr könnte es schwieriger werden. Beim Landkreis sei auch schon eine Erhöhung des Hebesatzes für die Kreisumlage im Gespräch. "Wir haben über Jahrzehnte an dieser Steuerschraube nicht gedreht."
Pfeuffer stellte mehrere Hebesatz-Varianten vor. Am attraktivsten schien den Stadträten gemäß ihren Wortmeldungen eine Senkung der Hebesätze auf 280 (Grundsteuer A) und 300 (Grundsteuer B) vom Hundert, was im Vergleich zu 2024 Mehreinnahmen von 160.000 Euro bedeuten würde. Wolfgang Remelka (BfB) nannte seine zu zahlende Grundsteuer bei dieser Variante als Beispiel dafür, dass niemand Angst haben müsse. Demnach müsste er bei obiger Variante elf Prozent mehr zahlen, was 44 Euro bedeuten würde.
In ein paar Wochen will der Stadtrat die Entscheidung über die Höhe der künftigen Hebesätze treffen. Klaus Strohmenger (BfB) hofft, dass bis dahin vielleicht stabilere Zahlen da sind.