Während Stefanie Gregg über die Flucht von Käthe und ihrer beiden Kinder von Breslau nach München schrieb, wird sie unweigerlich auch an die Flucht ihrer Großmutter von Breslau nach Bayern gedacht haben. Auch wenn Greggs Romane nicht autobiografisch sind, können aufmerksame Leser doch Parallelen zwischen dem Leben der Figuren und ihrer Autorin finden. So spielt beispielsweise ihr Road Novel "Mein schlimmster schönster Sommer" auch in Lohr und auf der Ruine Schönrain.
Die mittlerweile 53-jährige Autorin wuchs in Lohr auf. Während ihrer Schulzeit am Gymnasium entdeckte sie ihre Liebe zur Literatur. "Wenn ich im Nachhinein reflektiere, was mich zur Schreiberei gebracht hat, war das unter anderem das Gymnasium in Lohr. Und vor allem zwei Deutschlehrer, die mich wahnsinnig geprägt, gefordert und gefördert haben." Nach dem Abitur zog sie für ihr Studium nach Bochum und schrieb nebenbei für die Main-Post als freie Mitarbeiterin.
Stefanie Gregg war erst in anderen Berufen tätig
Bis zu ihrer Karriere als Autorin folgten auf das Studium zunächst verschiedene Berufe, unter anderem als Unternehmensberaterin. Erst nach der Geburt ihrer beiden Kinder verwirklichte sie sich den Traum und schrieb Belletristik. Mittlerweile lebt Stefanie Gregg in der Nähe von München und ist hauptberuflich Autorin.
Trotz ihres Umzugs nach München hat Lohr noch einen besonderen Platz im Herzen von Stefanie Gregg. "Für mich ist Lohr Heimat", sagt sie. Und Lohr sei auch ein guter Ausgangspunkt für ihre Karriere als Autorin gewesen, so Gregg. "Lohr hat mir Wurzeln gegeben. Außerdem hatte ich fantastische Lehrer, die mich auf den richtigen Weg gesetzt haben."
Lohr war ihr zu sehr vom Katholizismus geprägt
Zudem spürt Gregg eine starke Verbundenheit zum Spessart: "Wald ist für mich Meditation und Kreativität." Gregg erzählt: "Ich habe am Wald gewohnt und war mein ganzes Leben lang ständig im Wald. Ich bin zum Beispiel mit einer Gruppe Freunde mit dem Fahrrad in den Wald gefahren und wir haben uns gegenseitig selbstgeschriebene Gedichte vorgelesen. Das ist etwas, was in mir bleibt"
Dennoch wurde es nach der Schule Zeit für sie, Lohr zu verlassen: "Lohr war sehr vom Katholizismus geprägt. Das hat mich auch sehr geprägt und mir ist klar geworden, dass ich solche strengen und gegen Frauen gerichteten Regeln nicht in meinem Leben akzeptieren möchte. Außerdem glaube ich, man muss mal losfliegen."
Vor wenigen Jahren verkaufen Stefanie Greggs Eltern das Haus in Lohr und zogen zurück in deren Heimat Erlangen: "Das war ein bisschen, als würde mir jemand den Boden unter den Füßen wegziehen." Trotzdem, im Herzen ist Lohr für Gregg Heimat geblieben. Und so musste sie für die Recherche zu ihrem Road Novel nicht mal dorthin zurück reisen.
Dritter Teil der Nebelkinder-Trilogie in diesem Jahr erschienen
In ihrem Buch "Mein schlimmster schönster Sommer" macht die Protagonistin einen Roadtrip und kommt auch zur Ruine Schönrain. "Die hat für mich eine magische Bedeutung. Wir haben als Jugendliche da oben ganz viele Partys gefeiert. Das waren aber keine Partys mit Lichterketten, sondern mit Lagerfeuer, über dem wir ein Spanferkel gegrillt haben. Und dann haben wir da im Schlafsack übernachtet. Diese Freiheit ist auch Lohr für mich", erzählt Gregg.
Dieses Jahr veröffentlichte Stefanie Gregg den dritten Teil ihrer "Nebelkinder-Trilogie". Nebelkinder, so erklärt es die Autorin, sind jene Generation der Kriegsenkel, die scheinbar nichts mehr mit dem Krieg zu tun haben, dessen Folgen aber dennoch unbewusst auf ihnen lasten. "Ich bin selbst ein Nebelkind, das kaum etwas vom Krieg erfahren hat und doch ständig in dessen Schwaden lebt", so die Autorin. Greggs Mutter war im Zweiten Weltkrieg von Breslau nach Erlangen geflohen.
Foto der Großmutter brachte die Romanidee
"Obwohl es kein autobiografischer Roman ist, gibt es Szenen, die doch irgendwie aus meinem Leben gegriffen sind." So legte ihre eher unreligiöse, evangelische Mutter höchsten Wert darauf, dass ihre Kinder katholisch getauft werden. "Alleine aus dem Grund", so Stefanie Gregg, "dass die Kinder endlich dazu gehören und auf keinen Fall mehr Außenseiter sind wie sie als Flüchtling."
Dass der Krieg auch noch auf ihr lastet, war Stefanie Gregg zunächst kaum bewusst. Erst ein Foto ihrer Großmutter brachte sie auf die Romanidee. Das Bild zeigte ihre Großmutter als junge Frau in einem weißen Charlestonkleid inmitten einer Feiergesellschaft. Die Bildunterschrift Hausball bei Bell, Glogau 1926. "Ich kannte meine Großmutter nur extrem schweigsam am Tisch sitzend. Das ist das einzige, was ich von ihr habe. Dann habe ich mich gefragt, was ist mit dieser Frau passiert?"
Geheimer Roman im Herbst 2024 angekündigt
Generationenkonflikte wie die Konflikte der Nebelkinder mit der Generation des zweiten Weltkriegs sind Stefanie Greggs "innere Triebfedern", sagt sie über sich selbst, außerdem der sehr unterschiedlich ausgeprägte Nationalstolz der Generationen. "Generell beschäftigen mich Menschen, ihr Inneres und ihre Entwicklung."
Im Herbst 2024 soll bereits ein bislang geheimer, neuer Roman erscheinen. Diesmal, soviel verrät die Autorin bereits, soll ein psychologisches Phänomen, das in der Gesellschaft weit verbreitet und doch kaum anerkannt ist, thematisiert werden.