Nach drei Stunden Fußmarsch über den Festplatz, entlang der Verkaufsstände und hinter die Kulissen des Festzeltes der Marktheidenfelder Laurenzi-Messe waren die 17 Teilnehmenden der Backstage-Tour, unter ihnen Bürgermeister Thomas Stamm, verschwitzt und durstig, aber satt und bestens informiert. Denn neben viel Wissenswertem gab es für sie Pommes frites, gebrannte Mandeln, Schokofrüchte und Leberkäsweck.
Zu dem "Bummel über den Rummel" hatte die Redaktion der Main-Post gemeinsam mit der Stadt Marktheidenfeld, den Marktkaufleuten, Schaustellern und dem Festwirt eingeladen.
Teilnehmende der Backstage-Tour "arbeiteten" auf der Laurenzi-Messe
Eine Runde mit dem schnellen Fahrgeschäft "Kick down" und ein Spaziergang durch das Spaßhaus "Rio" standen ebenfalls auf dem Programm. Doch vor dem Vergnügen wartete Arbeit auf die Teilnehmenden: Heinrich Meckelein aus Uettingen bewies Geschick am Kartoffelhobel und beim Frittieren feinster Chips.
Charlyn Klimkeit-Agtsch, die Chefin des "Kartoffelglücks", erklärte unterdessen, dass sie ihre festkochenden Kartoffeln aus dem Ochsenfurter Gau beziehe. "Es müssen große Knollen der Sorten Annabelle oder Marabel sein, dann werden die Kartoffelchips richtig lecker", sagte sie. Und gab Einblicke in das Leben einer Schaustellerfamilie: Sie selbst sei auf einer Tournee zur Welt gekommen, ihr Mann kam erst durch die Liebe zu ihr zum "reisenden Volk". Der fünfjährige Sohn der beiden ist ebenfalls immer dabei.
Selbstgemachte Kartoffelchips schmecken besser als aus der Tüte
Nach seinem Einsatz sagte Meckelein: "Ich finde es immer interessant, wie Schausteller leben und arbeiten." Er war zufrieden mit seinen Kochkünsten: "Sie schmecken viel besser als Chips aus der Tüte." Klimkeit-Agtsch würde ihn gerne als Mitarbeiter einstellen. Denn egal ob am Essensstand, beim Verkauf von Kittelschürzen, an den Fahrgeschäften oder im Festzelt: Überall werden händeringend Arbeitskräfte gesucht.
Am Stand von Werner Baumeister, dem Sprecher der Marktkaufleute und Schausteller, versuchte sich Jürgen Bauer aus Karbach am Mandelbrennen. Die spanischen Laguerta-Mandeln, eine sehr hochwertige Sorte mit intensivem Aroma, werden in einem Gemisch aus Zucker, Vanille und Zimt mehrmals erhitzt und wieder abgekühlt. Bauer rührte so lange, bis sich die süße Masse in mehreren knusprigen Schichten um die Mandeln verfestigte.
Gut sortierter Markt mit alteingesessenen Fieranten auf der Laurenzi-Messe
Der 52-Jährige war froh, als er den heißen Arbeitsplatz wieder verlassen durfte. Seine Frau Ingrid Bauer hofft, auch zu Hause mit diesen süßen Leckereien verwöhnt zu werden. "Wenn du mir eine professionelle Brennmaschine kaufst, biete ich am Karbacher Weihnachtsmarkt gebrannte Mandeln an", versprach er ihr.
Die Laurenzi-Messe hat ihren Ursprung im Verkaufsmarkt, erklärte Werner Baumeister. Erst im Laufe der Zeit kamen Fahr- und Vergnügungsgeschäfte hinzu. Noch heute fänden die Kunden einen sehr gut sortierten Markt mit vielen alteingesessenen Fieranten vor, sagte er nicht ohne Stolz und deutete auf den Stand, an dem es Bürsten und Besen in allen erdenklichen Sortierungen gibt.
Matthias Mangiapane hilft in der Mandelbrennerei aus
Während aus dem Festzelt laute Rufe zu hören waren, die das "Naabtal Duo" zur Zugabe aufforderten, schlenderte die Besuchergruppe weiter über den Festplatz. Dort begegneten sie Matthias Mangiapane, den einige aus Reality-Shows im Fernsehen, unter anderem dem Dschungelcamp, kannten. Vor zwei Jahren weilte er bereits einige Tage in Marktheidenfeld, um sich in einem Sportstudio auf die Sendung "Promiboxen" vorzubereiten. Weil auch die Familie Ferling zu wenige Mitarbeitende hat, unterstützt der Hammelburger während der gesamten Laurenzi-Messe im Mandelstand und lebt im Wohnwagen nahe dem Festplatz.
Von den Einnahmen eines Volksfestes profitiere immer die gesamte Region, so Werner Baumeister. Andrea Müller-Leßmann und ihr Mann Rainer Müller, die in ihrem "Schokotempel" Obst, überzogen mit Schokolade anbieten, kaufen ihre Früchte bei einem nahegelegenen Händler. "Die Marktheidenfelder essen besonders gerne Zartbitterschokolade", weiß Andrea Müller. Der Klassiker auf allen Volksfesten sind Erdbeer-Vollmilch-Spieße.
Auf dem Rummelplatz ging es Runde durch das Laufhaus "Rio" von Eric und Sandra Dietz sowie für die besonders Mutigen auf die schnelle Drehscheibe "Kick down" (Maik Landwermann).
Kreativer Umgang der Schausteller mit Personalmangel
Die Betreiber von Fahrgeschäften müssen kreativ sein, um mit dem Personalmangel umzugehen: Familie Dietz besetzte früher bis zu 24 Volksfeste, erklärte der Chef. Jetzt könne er nur noch bei etwa 14 Stellplätzen zusagen, bleibe jedoch einen längeren Zeitraum, etwa zehn Tage, dort. Das spare Arbeitszeit für den häufigeren Auf- und Abbau.
Maik Landwermann stammt aus einer Süßwarenfamilie, besitzt jetzt jedoch zusammen mit seinem Bruder mehrere Fahrgeschäfte, unter anderem drei Riesenräder. Die Zukunft seines Betriebes sieht er in dem kleinen Karussell "Kick down", das bei einer Neuanschaffung immerhin 1,25 Millionen Euro kosten würde. Hinzu kämen noch Ausgaben für die Beleuchtung und die Musikanlage. Der Vorteil: Es kann von zwei Arbeitern innerhalb weniger Stunden auf- und abgebaut werden. Für den Transport sind nur zwei Lkws notwendig.
Zum Ende der Tour führte Joachim Papert von der Festwirtsfamilie durch die Küche und den Bierausschank des Zeltes. Papert räumte auch mit einem Mythos auf, der sich seit dem Umzug der Laurenzi-Messe von der Stadtmitte auf die Martinswiese am Main beharrlich hält: "Es gibt keine Bierleitung von der benachbarten Martinsbräu in das Festzelt."