zurück
Marktheidenfeld
23-jähriger Betreiber des Riesenrads auf der Laurenzi-Messe: "Wir sind Überlebenskünstler"
Das Leben als Schausteller ist hart. Nach Corona kommen jetzt Personalmangel und Inflation hinzu. Warum Marlon Küchenmeister sich trotzdem dafür entschieden hat.
Marlon Küchenmeister betreibt das Riesenrad 'White Wheel' auf der Laurenzi-Messe in Marktheidenfeld.
Foto: Désirée Schneider | Marlon Küchenmeister betreibt das Riesenrad "White Wheel" auf der Laurenzi-Messe in Marktheidenfeld.
Désirée Schneider
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:44 Uhr

Rund 100 Tonnen schwer, 38 Meter hoch, fast zwei Tage Aufbauzeit – um das Riesenrad "White Wheel" auf das Festgelände der Laurenzi-Messe in Marktheidenfeld zu bekommen, waren fünf Lastwägen nötig. Jetzt thront es zwischen den Fahrgeschäften und bietet aus knapp 40 Metern einen Ausblick über das Festgelände, den Main und die Marktheidenfelder Innenstadt.

"Es ist wirklich ein schönes Leben – aber es verlangt einem viel ab", sagt Marlon Küchenmeister. Seit Anfang des Jahres betreibt der 23-Jährige das Riesenrad "White Wheel". Auf der Laurenzi-Messe ist Küchenmeister heuer zum ersten Mal zu Gast, dabei ist er bereits seit seiner Kindheit deutschlandweit auf Volksfesten unterwegs. "Ich glaube, man muss in diesen Job reingeboren werden, sonst macht man das nicht", sagt der 23-Jährige. "Es ist ein schwieriges Gewerbe und es wird immer schwieriger." Während er das sagt, befindet sich der Schausteller rund 20 Meter über dem Marktheidenfelder Festplatz. Gesichert mit einem Klettergeschirr sitzt er um kurz nach 9 Uhr morgens knapp unter dem Zentrums seines Riesenrads und lässt entspannt die Beine baumeln.

Personalmangel, Strom- und Benzinkosten treffen Schaustellende hart

Aus 38 Metern Höhe bietet sich aus dem Riesenrad ein Ausblick auf den Main, die Laurenzi-Messe und die Marktheidenfelder Innenstadt.
Foto: Désirée Schneider | Aus 38 Metern Höhe bietet sich aus dem Riesenrad ein Ausblick auf den Main, die Laurenzi-Messe und die Marktheidenfelder Innenstadt.

Jeden Morgen klettert er hier hoch, um die Bolzen, Schrauben und Sicherungen des Riesenrads zu überprüfen. "Da unten stehen kleine Kinder, Familien, Omas und Opas – wenn da ein Bolzen runterfällt, wäre das fatal", sagt er und zeigt auf den Eingangsbereich zu den Gondeln rund 20 Meter unter ihm. Direkt dahinter steht der Wohnwagen des 23-Jährigen. Hier ist er die meiste Zeit des Jahres zu Hause.

"Man muss damit klarkommen, dass das Zuhause fast jedes Wochenende irgendwo anders ist", sagt Küchenmeister. Rund 20 Veranstaltungen und Feste wird er mit dem Riesenrad in diesem Jahr deutschlandweit besuchen. Zwischen einem Wochenende und knapp zwei Wochen verbringt er dabei auf den Festplätzen. Ein Leben, für das er sich ganz bewusst entschieden hat und von dem ihm seine Eltern trotz langer Familientradition abgeraten haben. "Meine Eltern haben mich eigentlich dazu gedrängt, dass ich es nicht mache", sagt Küchenmeister. Denn das Leben als Schausteller werde immer härter.

Jeden Morgen kontrollieren Marlon Küchenmeister und seine Mitarbeiter Technik und Sicherheitsmechanismen des Riesenrads.
Foto: Désirée Schneider | Jeden Morgen kontrollieren Marlon Küchenmeister und seine Mitarbeiter Technik und Sicherheitsmechanismen des Riesenrads.

Extra barrierefreie Gondel für Menschen im Rollstuhl

"Uns fehlt es extrem an Personal", sagt Küchenmeister. Andere Betriebe hätten zum Teil bereits Veranstaltungen absagen müssen, weil sie nicht genügend Personal bekamen. Er sei davon bislang verschont geblieben, doch die gestiegenen Kosten machen auch ihm zu schaffen. "Natürlich macht mir das Sorgen, das geht ja direkt von unserem Gewinn ab – und der ist bei uns Schaustellern ja sowieso total unbeständig", sagt er. Und das, obwohl er und seine Kolleginnen und Kollegen nach der Corona-Pandemie auf jeden Cent angewiesen seien.

Gerade in dieser Zeit in die Anschaffung eines Riesenrads zu investieren, sei deshalb auch mit Risiko verbunden. "Natürlich war das ein krasser Schritt", sagt Küchenmeister, "aber manchmal muss man etwas wagen und krasse Schritte gehen, um nach vorne zu kommen."

38 Meter ist das Riesenrad 'White Wheel' auf der Laurenzi-Messe in Marktheidenfeld hoch.
Foto: Désirée Schneider | 38 Meter ist das Riesenrad "White Wheel" auf der Laurenzi-Messe in Marktheidenfeld hoch.

Schon in der kurzen Zeit, in der das Riesenrad nun in Betrieb ist, habe es einige Momente gegeben, die ihn in seiner Entscheidung bestärkt hätten. So erinnert er sich beispielsweise an einige Fahrten, bei denen Kinder nach zwei Jahren Pandemie das erste Mal in ihrem Leben ein Riesenrad betraten. "Viele kannten das durch Corona ja noch gar nicht – dabei ist es doch sowas Schönes, mit der Familie auf die Kirmes zu gehen", sagt Küchenmeister. Auch die Anschaffung einer extra barrierefreien Gondel sei bisher besonders in Marktheidenfeld auf viel Zuspruch gestoßen. "Für uns im Betrieb ist das relativ aufwendig, aber wenn man die Reaktionen sieht, wiegt das alles doppelt und dreifach wieder auf", sagt der Schausteller.

In die Zukunft blickt er trotz Inflation, Personalmangel und gestiegenen Energiekosten zuversichtlich. "Wir sind Überlebenskünstler", sagt er, "wir haben es durch die Corona-Pandemie geschafft – für uns eine der schlimmsten Phasen überhaupt. Das war hart, aber wir haben es geschafft. Da hält uns der Strompreis jetzt auch nicht auf."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Marktheidenfeld
Désirée Schneider
Covid-19-Pandemie
Laurenzimesse Marktheidenfeld
Riesenräder
Schausteller
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • P. Q.
    Da muss man schon Mut haben. Er ist noch jung u. besser wird es bestimmt nicht bei diesen Preisen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten