Der Wunsch zu helfen, ist groß. Viele Menschen wollen Ukrainerinnen und Ukrainer unterstützen, in deren Heimatland gerade Krieg tobt. So beispielsweise auch Helferinnen und Helfer aus dem Landkreis Main-Spessart. Schon vor zwei Wochen fuhr die Truppe rund um den Lohrer Organisator Marcus Scholz auf eigene Faust mit sechs Fahrzeugen an die ukrainisch-polnische Grenze, um dort Hilfsgüter abzuliefern. Auf dem Rückweg haben sie ukrainische Geflüchtete mit nach Deutschland genommen, zehn Frauen und acht Kinder. Vergangenes Wochenende waren sie wieder unterwegs. Braucht es mehr solcher privaten Initiativen? Und was gibt es dabei zu beachten?
Bei den freiwilligen Helfern aus Raum Lohr hat es für Unverständnis gesorgt, als ihnen das Landratsamt Main-Spessart in der Vorbereitungsphase ihrer ersten Fahrt zunächst von dem Hilfstransport abgeraten hat. Zwischenzeitlich gab es eine Aussprache mit der Behörde. Doch das Landratsamt ist weiterhin gegen unkoordinierte private Hilfeaktionen, heißt es aus der Pressestelle der Behörde. Und zwar auf Bitten von Hilfsorganisationen.
BRK: Keine unabgestimmten Initiativen
Ein Anruf beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) bestätigt das. "Wir warnen ausdrücklich davor, mit privaten, unabgestimmten Initiativen in Richtung Ukraine zu fahren", sagt BRK-Sprecher Sohrab Taheri-Sohi. Das betreffe sowohl den Transport von Hilfsgütern als auch Aktionen, bei denen Geflüchtete von der Grenze abgeholt werden sollen.
So gut gemeint solche Aktivitäten auch seien, sieht das Bayerische Rote Kreuz die Gefahr, dass sie die Hilfe durch professionelle Organisationen erschweren könnten. Dabei gehe es zum einen um den verstärkten Verkehr auf den "knappen Zufahrtsstraßen", der Hilfsorganisationen behindern kann.
Nicht ausreichend Lagerkapazitäten in den Grenzregionen
Zum anderen gebe es nicht ausreichend Lagerkapazitäten vor Ort, um "die ganzen Güter" unterzubringen, erklärt Taheri-Sohi. So bestünde zum Beispiel kein Bedarf an Kleidung, diese würde aber gerade am meisten gespendet. "In ihrer Hilfsbereitschaft neigen viele dazu, an ihre Kleiderschränke zu gehen und auszumisten." Organisationen wie das Rote Kreuz wüssten hingegen, welche Gegenstände vor Ort gerade tatsächlich angefordert werden. "Wir haben den direkten Kontakt in die Ukraine. Wir kriegen den Bedarf ganz klar genannt."
Das bedeute nicht, dass die Hilfsorganisationen nicht auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen sind. Was Sachspenden anbelangt, die Unterbringung von Flüchtlingen oder die Suche nach Dolmetschern wolle das BRK "explizite Aufrufe starten und an die Bevölkerung herantreten". Es sei ein "hoffnungsfrohes Zeichen", dass Menschen in einer der schwierigsten Zeiten anpacken wollen, so der BRK-Sprecher.
Akut sieht Taheri-Sohi besonders den Bedarf nach finanzieller Unterstützung: "Ganz konkret bitten wir um Geldspenden. Wir als Rotes Kreuz haben die Möglichkeit, zielgerichtete Hilfe auf die Strecke zu bringen." Es brauche Lagerflächen, Infrastruktur und Personal, das tagelang unterwegs ist. "Das kostet alles Geld."
Scholz: Wichtig ist, dass Aktionen gut koordiniert sind
Der unterfränkische Hilfstransport-Organisator Marcus Scholz kann die Bedenken des BRK verstehen. Für ihn ist der entscheidende Punkt, dass private Aktionen gut koordiniert sein müssen. "Wenn jemand blindlings hinfährt, bringt das nichts." So sei es wichtig, sich im Voraus mit dem zuständigen Landratsamt und den Aufnahmezentren für Flüchtlinge abzustimmen. "Die müssen wissen: Da fährt jemand hin, der bringt Leute zurück", so der Lohrer Geschäftsmann
Unbedingt brauche es auch einen Ansprechpartner vor Ort, um sicherzugehen, dass nur benötigte Güter geliefert werden und diese an den richtigen Stellen ankommen, erklärt Scholz, der auch Reserveoffizier der Bundeswehr ist. Außerdem habe er bei seinen Transporten darauf geachtet, dass die Routen gut geplant sind, für eine medizinische Versorgung gesorgt ist und ausreichend Fahrerinnen und Fahrer, die sich abwechseln können, zur Verfügung stehen.
Scholz zufolge waren die polnischen Behörden bisher froh um die vielen Privatleute, die zu Beginn des Krieges gekommen sind, um zu helfen. Die großen Institutionen seien "wahnsinnig leistungsfähig", könnten aber nicht so schnell reagieren, meint er. "Die brauchen ihre Zeit, bis sie ihren Tross auf die Bahn kriegen." Wer aktuell selbst helfen wolle, soll sich entweder bei bestehenden privaten Initiativen, "die schon wissen, wie der Hase läuft", oder bei großen Hilfsorganisationen melden, schlägt Scholz vor.