Mit einem zweiten Hilfstransport sind am Sonntag erneut Geflüchtete aus der Ukraine in Bad Brückenau angekommen. "Es war dieses Mal ein bisschen schwieriger, aber insgesamt hat trotzdem alles gut funktioniert", berichtet Helfer Christian Wirth, der die Fahrt organisiert hatte. Aber der Reihe nach: Mit 13 Personen und sechs Fahrzeugen war die Gruppe am Freitag gegen 12.30 Uhr von Schondra aus gestartet.
Rund 150 Kilometer vor dem Ziel - der Stadt Przemysl in Nähe der polnisch-ukrainischen Grenze - legten die Helferinnen und Helfer eine Pause zum Übernachten ein. "Die 48 Stunden, die wir beim ersten Mal unterwegs waren, das war einfach zu viel", erklärt Wirth zu den Erfahrungen aus dem ersten Hilfstransport.
Mann bringt Spenden nach Kiew
Am Samstagmorgen ging es dann zu der Sammelstation an der stillgelegten Einkaufsmeile, die die Gruppe aus Bad Brückenau bereits beim letzten Mal angesteuert hatte. Dieses Mal machte die Helfergruppe dort eine besondere Begegnung. "Wir sind auf einen Mann getroffen, der Sachspenden direkt nach Kiew weiterfährt", erzählt Wirth. Der Mann habe mit Bildern glaubhaft machen können, dass das auch wirklich der Fall ist.
"Das war natürlich top. Wir haben dann gedacht, dass wir unsere Sachen besser ihm direkt geben, als sie erst in der Lagerhalle auszuladen." Zu dem Mann bestehe auch jetzt noch ein guter Kontakt. Unter anderem hätten die Helfergruppe Bilder und Videos von den Sachspenden erreicht, die in der Ukraine in einer Kirche ankamen. "Dort werden die Sachen in jedem Fall dringender benötigt", sagt Wirth.
Mittlerweile seien sehr viele Helfergruppen vor Ort, berichtet er mit Blick auf die Situation in Przemysl. "Es war kein Vergleich zum letzten Mal, sondern um Welten besser." Auf dem Parkplatz vor dem stillgelegten Einkaufszentrum seien Menschen aus verschiedenen Nationen gewesen, die Essen und Trinken an die Geflüchteten verteilten. "Die Italiener haben Pizza gebacken", erzählt Wirth zum Beispiel. Die Gulaschkanone, die die Gruppe aus Bad Brückenau mitgebracht hatte, übergaben sie daher aufgrund des bereits großen Angebots an einen Frauenkreis, der ebenfalls vor Ort war.
Rucksäcke an geflüchtete ukrainische Kinder verteilt
Dann machten sich die Helferinnen und Helfer daran, die mitgebrachten Kinderrucksäcke zu verteilen. Rund 250 Stück - gefüllt mit Essen, Trinken, Sachen zum Spielen und Malen - hatten sie vorbereitet, wie Wirth berichtet. Die geflüchteten Kinder seien seit Tagen unterwegs und hätten "Sachen gesehen, die keiner sehen will".
"Wir haben die Rucksäcke direkt am Haupteingang an die Kids verteilt", erzählt der Helfer. "Das war das Allerschönste überhaupt. Und es hat uns auch die nächsten Stunden begleitet. Immer wieder war auf dem Gelände ein Kind zu sehen, das mit einem unserer bunten Turnbeutel herumgesprungen ist oder in einer Ecke saß und gemalt hat."
Die Helferinnen und Helfer meldeten sich schließlich wieder in der Halle an, um Geflüchteten eine Mitfahrgelegenheit anbieten zu können. Auch hier hatten sich die Zustände im Vergleich zur vergangenen Woche erheblich verbessert, wie Wirth berichtet. Es gebe nun Feldbetten, Liegen und Decken. Niemand müsse mehr auf dem blanken Boden ausharren.
Vom Standort in Przemysl zu einem Bahnhof
"Es gibt inzwischen auch ein wahnsinnig großes Angebot an Mitfahrgelegenheiten", berichtet Wirth. Der Standort in Przemysl sei in den Medien immer wieder genannt worden. Die Helfergruppe erhielt dann vor Ort die Information, dass in einem nahegelegenen Bahnhof noch Geflüchtete warteten. "Also sind wir mit der ganzen Kolonne dahin", erzählt Wirth.
Die alte Schalterhalle des Bahnhofs war für Männer gesperrt, wie er berichtet. Sodass die drei Frauen aus der Bad Brückenauer Gruppe allein in das Bahnhofsgebäude gingen. Es sei extrem wichtig, Frauen in der Helfergruppe zu haben, erklärt Wirth, da die Geflüchteten - in der Mehrzahl Frauen mit ihren Kindern - gegenüber Männern sehr zaghaft und zurückhaltend seien. Und nicht wüssten, mit welchen Absichten diese auf sie zukommen. "Wir hatten auch eine junge Frau als Dolmetscherin dabei, das war mega wichtig."
Bei Wirth selbst saß auf dem Rückweg eine Familie aus Holland im Auto, die vor 20 Jahren in die Ukraine gezogen war. Eines der beiden Kinder wurde auf der Rückfahrt krank, fing unter anderem an zu brechen. Auch das zweite Kind erkrankte, die beiden mussten sogar ins Krankenhaus nach Fulda, wie Wirth berichtet.
Hier traf es sich gut, dass Wolfgang Wildenauer als Notarzt die Gruppe begleitet hatte. Dieser berichtet, dass es äußerlich nicht unbedingt zu sehen sei, aber die Menschen bis an die Grenze erschöpft seien. "Man hat erst auf der Heimfahrt gemerkt wie erschöpft."
Große Hilfsbereitschaft ist "der Wahnsinn"
In Bad Brückenau wurden die Geflüchteten und die Helferinnen und Helfer wieder von einem Team der evangelischen Kirchengemeinde "wunderbar empfangen", wie Wirth unterstreicht. Vor Ort hätten dann noch einmal - wie schon vor der Abfahrt in Polen - alle Beteiligten Corona-Tests gemacht, ergänzt er. Die Geflüchteten seien inzwischen teilweise weitergereist zu Verwandten oder Bekannten. Man habe den Familien auch ein paar Euro für den Start mit auf den Weg gegeben, berichtet der Helfer. "Sie haben ja gar nichts oder nur sehr wenig dabei."
Die Unterstützung von "vielen, vielen Firmen und vielen, vielen Privatpersonen" aus der Region indes sei "der Wahnsinn", sagt Wirth. "Wir sind dankbar, für alles was kommt." Denn der Bedarf werde bleiben und wohl noch mehr werden. "Ich habe ein bisschen Angst, dass das Thema dann in ein paar Wochen nicht mehr so im Kopf ist", sagt der Helfer. Es komme nach wie vor auf jede einzelne Spende an.
Kontakt und Info: Wer helfen möchte, kann sich bei Christian Wirth unter der E-Mail-Adresse chrissi.wirth@gmx.de melden. Auch der neugegründete Verein der Helfergruppe "Bad Brückenau hilft!" ist nun per E-Mail erreichbar: brk-hilft@gmx.de. Die für das kommende Wochenende geplante größere Fahrt indes muss verschoben werden, wie Helfer Thomas Weißenfeld berichtet. Man bekomme das aus mehreren Gründen personell aktuell nicht gestemmt. Der neue Termin wird rechtzeitig bekanntgegeben.