Mit den Rezepten ihrer Uroma Charlotte Brand hat Clara Baur aus Karlstadt im Rahmen ihrer Bachelorarbeit ein Kochbuch erstellt. In einem kleinem Büchlein hatte ihre Uroma die Rezepte mit Bleistift in Sütterlinschrift festgehalten. Clara Baur hat Digitale Medienproduktion an der Hochschule Bremerhaven mit Schwerpunkt Grafikdesign, Film und Fotografie studiert. Mit Printgestaltung hatte sie dort zwar wenig Berührungspunkte, sagt sie. Für ihre Abschlussarbeit hat sie dennoch Print und Fotografie vereint und darin die traditionellen Rezepte in ein modernes Layout gebracht. An vielen Stellen im Buch kann man die Sütterlinschrift der Uroma, die aus Dorfprozelten (Lkr. Miltenberg) kam, als grafisches Element erkennen.
Das Buch ist eine Herzensangelegenheit. Esskultur habe in ihrer Familie seit jeher eine wichtige Rolle gespielt, erzählt die Karlstadterin. Ihre Uroma besuchte eine Hauswirtschaftsschule und ihre Mutter ist Lehrerin für Ernährung und Gesundheit an der Theodosius-Florentini-Schule in Gemünden, wo Clara Baur selbst 2011 ihr Abitur gemacht hat.
Mengenangaben haben teilweise gefehlt
Unter den ausgewählten fränkischen Rezepten befinden sich nicht nur alt-bürgerliche Gerichte, sondern auch solche, die heute noch beliebt sind, wie Pommes oder Bratwurst im Sud. "Bei vielen Rezepten gab es keine Mengenangaben – da hat mir meine Mutter geholfen, diese anzupassen und ich habe einiges ausprobiert", erklärt Baur. Viele der Rezepte kennt sie bereits seit ihrer Kindheit durch ihre Oma. So wecken unter anderem die Dampfnudeln bei ihr Kindheitserinnerungen. Unter den Rezepten befinden sich auch einige, die kurz stutzig machen und heute wahrscheinlich kaum noch gegessen werden, zum Beispiel die Hirnsuppe. "Die habe ich selbst nicht probiert, wollte sie aber trotzdem mit reinnehmen", erzählt Baur.
Im wissenschaftlichen Teil ihrer Arbeit ging es darum, wie sich das Design von Kochbüchern von 1900 bis heute verändert hat. Als Basis für ihre Untersuchung hat ihr das Unternehmen Dr. Oetker Material zur Verfügung gestellt. "Ich brauchte eine Datenbasis für meine Untersuchungen und da ist mir Dr. Oetker als Herausgeber von Kochbüchern eingefallen. Ich habe einfach eine Mail dorthin geschickt, aber ehrlich gesagt nicht mit einer Antwort gerechnet", erzählt Baur.
Baur sucht nach einem Verlag, der ihr Buch herausgeben möchte
Doch sie bekam eine. Mit dem Material aus dem Unternehmensarchiv konnte sie das Design von Kochbüchern aus jedem Jahrzehnt analysieren. Das Ergebnis: Nicht nur Rezepte und Zutaten haben sich im Laufe der Zeit verändert, sondern auch die Schrift, Farbauswahl und Ästhetik. Viele Veränderungen der Kochbücher seien auch von historischen und soziologischen Ereignissen beeinflusst worden, erklärt Baur.
Die Möglichkeit, mehr als nur die Exemplare für die Prüfer drucken zu lassen, ergab sich durch die finanzielle Unterstützung der Dieckell-Stiftung aus Bremerhaven. Dadurch sei es erst möglich gewesen, das Kochbuch nach Baurs Vorstellungen drucken zu lassen: mit offenem Buchrücken, einer Prägung auf der Vorderseite und mit zertifiziertem nachhaltigem Papier. Aktuell kann man jedoch kein Exemplar des Kochbuches erstehen – alle Exemplare der ersten kleinen Auflage sind bereits verkauft. Den Erlös hat Baur an brotZeit e.V. gespendet, ein Verein, der Kinder mit Frühstück an Schulen versorgt, die zuhause keines bekommen. Um ihr Buch auch im Handel verkaufen zu können, ist Baur aktuell auf der Suche nach einem Verlag.