
Für die meisten Gläubigen völlig überraschend hat Pfarrer Sven Johannsen (52) angekündigt, zum 1. August Lohr zu verlassen und eine Pfarreiengemeinschaft (PG) in Würzburg zu übernehmen. In einer Stellungnahme, die der Redaktion vorliegt, betont er, er gehe nicht wegen eventueller Konflikte in Lohr. Vielmehr habe er den Eindruck, seinen Auftrag hier erfüllt zu haben.
Johannsen wurde am Pfingstsonntag (Anfang Mai) 2008 in sein neues Amt in Lohr eingeführt. In letzter Zeit liefen in Lohr Spekulationen um, der Pfarrer wolle nach Äthiopien gehen. So weit entfernt er sich aber nicht von Lohr. Er wird ab 1. August Pfarradministrator der Pfarreiengemeinschaft Würzburg-Ost.
Diese liegt östlich der Würzburger Altstadt und umfasst die Stadtteile Frauenland, Keesburg, Mönchberg und Hubland sowie die Gemeinden Gerbrunn und Rottendorf. In seiner Stellungnahme versichert der Geistliche, er habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht: "Ich war und bin gerne in Lohr."
Zeitpunkt sei günstig für einen Wechsel
Aber gerade mit Blick auf sein anstehendes silbernes Weihejubiläum (25 Jahre Priester) habe er sich immer öfter die Frage nach der Zukunft gestellt. Letztlich gebe es nur zwei Alternativen: In der Lohrer Pfarreiengemeinschaft bis zur Rente zu bleiben, das wäre voraussichtlich in 17 Jahren, oder jetzt zu wechseln. Jedes Jahr neu zu überlegen, ob er gehen oder bleiben solle, "wäre für mich und die Gemeinden auf Dauer keine gute Basis gewesen".
Johannsen ist nach eigenen Worten klar, dass er nicht in die nächste Kleinstadt mit ähnlichen Strukturen weiterzieht. Die Pfarreiengemeinschaft Würzburg-Ost stelle eine neue Erfahrung dar. Es handle sich um den Teil Würzburgs, in dem sehr viele Familien lebten und in dem auf dem Hubland ein Wohngebiet entstanden sei, "das seelsorglich noch ein weites Neuland ist".
"Ich flüchte nicht aus Lohr und sehe auch keinen Konflikt, der einen Weggang nötig macht", unterstrich der Pfarrer. Es sei aber auch wahrnehmbar, "dass sich mit den Jahren Pfarrer und Gemeinde so aneinander gewöhnt haben, dass es schwieriger wird, neue Impulse zu setzen". In den letzten Monaten sei so in ihm die Erkenntnis gewachsen: "Ich habe meinen Auftrag hier erfüllt."

Es sei nicht alles perfekt, aber die Pfarreiengemeinschaft 12 Apostel sei lebendig und verfüge über viele Ehrenamtliche. "Was ich aufbauen und auf den Weg bringen konnte, das habe ich versucht." Der Pfarrer sieht nach eigenen Worten keine großen Baustellen, die einen Nachfolger überfordern würden: "Wie die Pfarrei St. Michael und die PG im Augenblick dastehen, zeigen sie sich gut geordnet und – so auch die Sicht der Bistumsleitung – attraktiv für einen künftigen Bewerber." Deshalb könne er die Gemeinden guten Gewissens in neue Hände übergeben.
Keine Abschiedstour
Natürlich sei ihm bewusst, dass der Abschied nicht leicht sein und er vieles vermissen werde, "aber ich habe auch die Ahnung, dass ein weiteres Bleiben irgendwann mit Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre". Der Zenit sei erreicht und es sei gut zu gehen, "wenn man das Gefühl hat, dass alles passt". Zum konkreten weiteren Vorgehen kündigte Johannsen an, er werde bis zum 31. Juli Pfarrer der PG 12 Apostel bleiben und "nicht ein halbes Jahr auf Abschiedstour gehen". Die Seelsorge nehme ihren normalen Gang. Er gehe davon aus, dass er noch den renovierten Kirchturm von Wombach segnen werde – ein Vorhaben, das sich seit Jahren hinzieht.
Sehr freue er sich darauf, mit den Lohrer Gläubigen im Februar den 25. Jahrestag seiner Priesterweihe zu feiern. In den nächsten Tagen würden sich Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat treffen und mit ihm die Situation und die Frage besprechen, welche Weichen für einen guten Übergang gestellt werden müssten. Mit den Gremien werde auch der Termin für den Abschiedsgottesdienst festgelegt.
Gespräche über Nachfolger
Dieser werde wahrscheinlich Ende Juli sein, "da am Tag danach der Möbelwagen kommt". Die Gremien würden die Möglichkeit haben, ihre Vorstellungen und Erwartungen an einen neuen Pfarrer zu formulieren und ein Profil für die Stellenbesetzung zu erstellen, das von der Bistumsleitung berücksichtigt werde. In der Fastenzeit (14. Februar bis 30. März) würden die Gremien zu einer Pfarrversammlung einladen, in der die Gemeinde über das weitere Vorgehen informiert werde.
Er könne nicht versprechen, dass zu diesem Zeitpunkt schon der Name des neuen Pfarrers feststehe, so Johannsen. Ab sofort beginne die Bistumsleitung, mögliche Kandidaten anzusprechen, sodass er Hoffnung habe, "dass mein Nachfolger noch vor Weihnachten, vielleicht sogar schon im Herbst eingeführt werden kann". Den Lohrer Gremien sei zugesagt worden, "dass sich die Verantwortlichen eng mit uns hier vor Ort abstimmen".
Ihm sei klar, dass ein neuer Pfarrer andere Impulse setze und manches anders machen wolle, "aber das gehört zu unserem Beruf dazu: Pfarrer kommen und gehen, Gemeinden bleiben." Er könne sich vorstellen, dass manche über diese Nachricht erschrocken, enttäuscht oder sogar verärgert seien. Veränderungen verunsicherten.
Neues soll entstehen
Johannsen bittet um Verständnis, "dass für mich die Zeit für einen neuen Anfang gekommen ist". Man habe noch ein halbes Jahr Zeit für einen guten Übergang. Er sei sich sicher, "dass sich für Lohr eine gute Lösung finden wird. Es ist eine starke Pfarrei und eine attraktive Pfarreiengemeinschaft".
Lohr und die PG hätten einiges zu bieten, nicht zuletzt auch durch die Neubesetzung der Stelle des Kirchenmusikers. "Wir haben selbstbewusste und verantwortlich denkende Ehrenamtliche, die sich in vielen Bereichen engagieren." Er habe seine Entscheidung für Lohr vor 16 Jahren nie bereut, "aber ich bin trotz aller Wehmut, die noch kommen wird, fest überzeugt, dass es für mich und für die Gemeinden die richtige Entscheidung ist, damit Neues entstehen kann".