
Müssen bald Kirchen abgerissen, Pfarrheime anderweitig genutzt und Pfarrhäuser verkauft werden? Diese Ängste gehen in ganz Unterfranken in katholischen Pfarrgemeinden um, seit klar ist, dass die Diözese Würzburg die Zuschüsse für den Unterhalt von Kirchenimmobilien massiv kürzen wird. Welche Auswirkungen der Sparkurs auf Dauer in der Fläche haben wird, ist derzeit nur zu erahnen. Der Lohrer Stadtpfarrer Sven Johannsen machte bei einer Infoveranstaltung am Mittwochabend im Pfarrheim St. Michael jedoch deutlich, dass auch in der Pfarreiengemeinschaft "12 Apostel am Tor zum Spessart" die Folgen für die Finanzen der Pfarreien und das Kirchenleben gravierend sein dürften.
Wahrscheinlich, so Johannsens düsterer Ausblick, seien die Einschnitte erst der Anfang. Allerdings machte er auch Mut: Noch sei nichts entschieden. Es bleibe Zeit für Verhandlungen mit der Diözese.
Zum Sparen gezwungen
Daran, dass die Kirche zum Sparen gezwungen ist, gibt es laut Johannsen keinen Zweifel. Die große Zahl an Kirchenaustritten führte zu massiven Einbrüchen bei den Einnahmen. Die Diözese handle daher verantwortungsvoll, wenn sie sich frage, welche Immobilien künftig noch für das Kirchenleben gebraucht werden. Allerdings machte er auch deutlich, dass er längst nicht jede Überlegung nachvollziehen könne.
Das Bistum hat im vergangenen Jahr ein Projekt zur Kategorisierung von Kirchenimmobilien gestartet. Dabei werden Pfarrheime, Pfarrhäuser und Kirchen je nach Bedeutung und Nutzung in verschiedene Kategorien eingestuft. Vom Ergebnis hängt ab, ob und in welcher Höhe es künftig noch Zuschüsse für Investitionen gibt.
Einstufung bestimmt Zuschuss
Bei bedeutenderen Kirchen, so beschrieb Pastoralreferent Tobias Henrich das Modell, würden etwa umfassendere Sanierungen noch bezuschusst, bei unbedeutenderen lediglich Instandhaltungsarbeiten oder gar nur die Verkehrssicherung. Das bedeutet, dass die Kirchenstiftungen vor Ort viele Kosten künftig weitgehend oder komplett selbst tragen müssten.
Im Lohrer Raum gibt es nach aktuellem Stand laut Johannsen nur eine Kirche, die die Diözese als überregional bedeutsam einstuft: die Wallfahrtskirche Mariabuchen. In der zweiten Kategorie, bei der die Diözese ebenfalls noch in Sanierungen investiert, rangieren die Stadtpfarrkirche St. Michael sowie die Gotteshäuser in Frammersbach und Steinfeld.
Letztere habe die Diözese zunächst gar eine Kategorie niedriger einstufen wollen, sagte Johannsen. Begründung: Steinfeld liege zu nahe an Mariabuchen. Diese Überlegung bezeichnete Johannsen als "gaga". Der Protest der Steinfelder habe schließlich zur Hochstufung geführt. Auch in anderen Pfarreien rege sich Widerspruch gegen die Einstufung, etwa in Sendelbach oder Erlach.
Ringen um St. Pius
Die St.-Pius-Kirche im Lohrer Stadtteil Lindig ist gar in die niedrigste Kategorie eingestuft: "Kirche für Neunutzung". Das bedeutet laut Johannsen, dass die Diözese für das Gotteshaus keine kirchliche Zukunft sieht. Daher soll es nur noch Zuschüsse für die Verkehrssicherung im Umfeld geben. Johannsen sagte, dass man dies nicht akzeptieren könne und Widerspruch einlegen werde.
"Ohne Kirche können Sie nicht Pfarrei sein", sagte der Stadtpfarrer an die Adresse der zahlreichen Vertreter aus Lindig im Zuhörerraum. Für ihn sei "rätselhaft, was die Diözese mit St. Pius vorhat". Man habe Würzburg bereits um ein Gespräch über die Zukunft der Pfarrei gebeten. Doch St. Pius ist längst nicht der einzige Diskussionspunkt. Johannsen jedenfalls nannte etliche weitere, bei denen aus seiner Sicht Klärungsbedarf besteht. Was etwa sei mit der denkmalgeschützten Rundkirche in Wombach oder mit der kulturhistorisch bedeutenden Steinbacher Kirche, fragte er. Beide seien aktuell als recht unbedeutende Dorfkirchen eingestuft – mit entsprechend geringen Zuschüssen.
2030 nur noch vier Pfarrer?
Oder die Pfarrheime: Hier sieht die Diözese laut Johannsen nur für die in Lohr, Sendelbach, Steinfeld und Frammersbach oder wahlweise Wiesthal überörtlichen Bedarf. Bei allen anderen werde nur noch die Instandhaltung mit 30 Prozent bezuschusst. Von den Pfarrhäusern werden gemäß Kategorisierung 2030 nur noch die in Lohr, Steinfeld und Frammersbach für die Unterbringung eines Pfarrers benötigt. Ein weiterer der dann nur noch vier Geistlichen solle in Mariabuchen angesiedelt sein, so Johannsen.
Weiteres Thema: die kirchlich getragenen Kindergärten. Hier schwebe der Diözese vor, dass sie von den Kommunen übernommen werden. "Doch die lachen uns aus", so Johannsen mit Blick auf die Finanzlage vieler Rathäuser.
Viel gravierender als die Kategorisierung wird laut Johannsen jedoch sein, dass die Diözese die Höhe ihrer Zuschüsse generell deckelt, beispielsweise auf maximal 50 Prozent bei größeren Vorhaben. Eine Kirchenstiftung, die die Generalsanierung einer Kirche zur Hälfte bezahlen solle, sei jedoch "insolvent", so Johannsen. Schon jetzt falle es den Pfarrgemeinden immer schwerer, sich zu finanzieren. Es sei unmöglich, Rücklagen für größere Ausgaben zu bilden.
Finanzieller Genickbruch
"Die meisten Gemeinden können das nicht stemmen. Es wird ihnen das Genick brechen", sagte Johannsen über die Kosten des Immobilienunterhalts. Es bleibe wohl nur der Übergang zum "italienischen Modell". Das beschrieb Johannsen so: "Das Gerüst wandert je nach Geld, das man hat, immer zehn Meter weiter." Ob Fundraising, also das systematische Sammeln von Spenden, die Not etwas lindern könne, müsse man sehen. Man wolle zumindest einen Infotag dazu anbieten.
In den Reihen der Zuschauer war angesichts des Szenarios die Ernüchterung spürbar. Karl-Heinz Dann aus Erlach sprach von einem "Gesundschrumpfen á la Bistum". Der Sparkurs werde eine "Zentrifugalkraft" in Gang setzen, die dazu führe, dass sich etliche Pfarreien von Immobilien trennen müssten.
2024 Jahr der Verhandlungen
Johannsen kündigt an, nun die Stellungnahmen der Pfarrgemeinden zu den Kategorisierungs-Vorschlägen der Diözese zu sammeln und im Oktober an die Diözese zu geben. 2024 werde das Jahr der Verhandlungen. Wenn die Diözese die Stellungnahmen der Pfarrgemeinden nicht berücksichtige, "dann geht es in den Widerstand", so Johannsen.
Er äußerte abschließend Zweifel daran, dass das Bistum selbst den angepeilten Sparkurs auf Dauer finanzieren können wird. "Die Finanzen werden derart wegbrechen. In zehn Jahren müssen wir uns an ganz anderes gewöhnen", stimmte Johannsen auf eine schwierige Zukunft ein.


Andererseits sehe ich bereits gewaltige Kosten auf die Steuerzahler zurollen, und da bin ich beim Thema dieses Beitrags. Zum Beispiel möchte man doch sicherlich die vielen historischen Kunst-/Kulturgüter erhalten, die bisher von den Kirchen gepflegt und unterhalten wurden.
Da wurde massiv nachlässig gewirtschaftet, denn Energie war ja billig und die Ömmelich haben schön gespendet.
Viele sehen keinen Sinn mehr darin und sie haben vollkommen recht. Ohne die Einschränkung der Nutzung, die zwangsläufig kommen wird.
Daher die Fragen: wer soll das kaufen und wie nutzen?
Dafür kann man intelligent neu bauen..
Die Verantwortlichen haben keine Ahnung mehr von der Basis.
Das wird sie noch schwer beschäftigen. Nicht nur noch mehr Austritte der Schäfchen wird dann Thema werden.
Die Zeit bringt's.
Wenn man allein in Würzburg schaut, wieviele Klöster (ganze Häuser-Karrees!) in bester City-lage vorhanden sind, komplett leerstehend und darinnen jeweils nur eine Handvoll Mönche/Schwestern.
wirklich arm wird interessiert sich der Vatikan ja wirklich mal für die Anliegen der deutschen Katholiken?