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Marktheidenfeld
Großer Personalmangel in Marktheidenfelder Kitas: Warum die Stadt immer schwerer Angestellte findet
Marktheidenfeld sucht derzeit fünf Fachkräfte, um den Betreuungsschlüssel einzuhalten. Warum die Arbeit in den Kitas immer fordernder wird und die Stadt nur begrenzt um Angestellte werben kann.
In den städtischen Kindertagesstätten in Marktheidenfeld ist ein Personalmangel zu spüren. Es ist schwierig offene Stellen zu besetzen. Doch gerade im sozialen Bereich ist es wichtig, dass ein ausreichender Betreuungsschlüssel eingehalten wird. Andernfalls müssen die Öffnungszeiten der Kitas reduziert werden. (Symbolbild)
Foto: Jens Büttner, dpa | In den städtischen Kindertagesstätten in Marktheidenfeld ist ein Personalmangel zu spüren. Es ist schwierig offene Stellen zu besetzen.
Dorothea Fischer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:39 Uhr

Personalnot: Der Begriff taucht derzeit ständig in den Medien auf. In nahezu allen Branchen werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Vor allem ein Mangel an Arbeitskräften im sozialen Bereich, also beispielsweise in der Pflege oder bei der Betreuung von Kindern, bedeutet ein immer größer werdendes gesellschaftliches Problem.

Die Stadt Marktheidenfeld sucht für ihre fünf städtischen Kindertagesstätten (Kitas) händeringend nach Personal. Derzeit sind fünf der etwa 100 Stellen offen. Immer häufiger findet sich auf Stellenausschreibungen keine einzige Bewerbung, erklärt Sandra Lermann von der Kita-Verwaltung im Rathaus. Derzeit liegt gerade mal eine Bewerbung auf ihrem Schreibtisch.

Arbeitgeber müssen um Kita-Fachkräfte werben

Wenn die passt, wird die Erzieherin eingestellt. "Anders als früher müssen wir heute um das Personal werben", so Lermann. Für fünf junge Menschen beginnt im September das letzte Ausbildungsjahr bei der Stadt. Sie haben bereits jetzt ein Übernahmeangebot für danach erhalten.

Die Arbeitskräfte in den städtischen Kitas werden nach dem Tarif für den öffentlichen Dienst bezahlt. Da sei keiner oder nur sehr wenig Spielraum für Sonderzahlungen, sagt Lermann. Sie habe schon gehört, dass freie Träger eine Anwerbeprämie zahlen oder ihr Personal mit Geschenken, zum Beispiel einem Thermomix, locken würden.

Argumente der Stadt, wie ein sicherer Arbeitsplatz oder feste Urlaubstage, seien nicht mehr so stark gefragt. Würde sie selbst – so wie früher – wieder als Erzieherin arbeiten, würde sie andere Auswahlkriterien als die finanziellen Aspekte ansetzen: "Ich würde mir anschauen, ob mir die Einrichtung gefällt und wie Kolleginnen und Kollegen sind."

Kita-Personal übernimmt heute vieles, was früher die Eltern gemacht haben

Angestellte fallen durch planmäßige Übergänge in den Ruhestand aus. Das verbleibende Kita-Personal fühlt sich oftmals überlastet, Krankheitsausfälle nehmen zu. Wenn Mitarbeitende derzeit kündigen, dann vor allem aus persönlichen Gründen, sagt sie. Das sind zum Beispiel private Umzüge oder berufliche Umorientierungen. Wenn eine Kollegin schwanger werde und dies beim Arzt anzeige, würde dieser meist ein sofortiges Beschäftigungsverbot aussprechen. Bis Ersatz komme, dauert es. Für einen "Springer", der kurzfristige Ausfälle kompensiere, habe sie nicht genügend Personal.

Eigentlich, so Lermann, hätten sich die Rahmenbedingungen in den Kitas nicht verändert. "Die Arbeit mit den Kindern wird schwieriger." Sie halte die Betreuung der Kleinen in Kinderkrippen grundsätzlich für sehr wertvoll. Doch müssen es neun Stunden täglich sein? Sauber werden, eigenständig essen, Alltagssprache: Vieles, was früher zu Hause vermittelt wurde, sei jetzt Aufgabe des Kita-Personals.

Warum Politiker wichtige Programme, etwa zur Sprachförderung, einfach streichen würden, kann Lermann das nicht verstehen. Sie sagt zudem: "Der vorgegebene Personalschlüssel reicht nicht mehr."

Betreut eine Fachkraft mehr als elf Kinder, ist die Aufsichtspflicht nicht sichergestellt

Bis vor kurzem war Lermann stolz auf den Personalschlüssel "ihrer" Einrichtungen. Vereinfacht gesagt, war im September oft eine Fachkraft für sechs Kinder zuständig. Im kommenden Halbjahr kamen weitere Kinder hinzu. "Unser Soll-Schlüssel liegt bei 1:9", so Lermann. Das Gesetz lässt 1:11 zu. Dies habe es bisher nie gegeben; doch im vergangenen Jahr sei man erstmals nahe dran gewesen. "Liegt der Schlüssel noch höher, kann die Aufsichtspflicht nicht mehr sichergestellt werden", sagt sie.

Seit 2013 haben in Bayern Kinder ab ihrem ersten Geburtstag bis zum Schuleintritt einen rechtlichen Anspruch auf einen Platz in einer Kita. Weil jetzt immer mehr Familien diesen Anspruch mit immer mehr Betreuungsstunden einfordern, mangelt es in den Kitas an Personal. In den städtischen Kitas in Marktheidenfeld sind die Kapazitäten laut Lermann ausgeschöpft.

20 Eltern musste abgesagt werden

"Wir haben immer wieder weitere Betreuungsplätze geschaffen", so Lermann. Trotzdem erhielten 20 Kinder beziehungsweise deren Eltern erstmals eine Absage für einen Krippenplatz. Sie stehen auf der Warteliste. "Es fiel mir sehr schwer, den Leuten abzusagen", so Lermann. Viele Eltern hätten fest mit einer Betreuung gerechnet; seien oftmals darauf angewiesen, etwa weil Vater und Mutter arbeiten müssten und keine Großeltern in der Nähe wohnen würden.

Sollte den städtischen Kitas in Marktheidenfeld immer mehr Personal fehlen, müssten die Öffnungszeiten reduziert werden. Das war beispielsweise in Altfeld bereits der Fall. Lermann weiter: "Ich hoffe inständig, dass wir keine der Einrichtungen schließen müssen."

Kinderbetreuung in Marktheidenfeld

Die Stadt Marktheidenfeld betreibt fünf Kindertagesstätten (Kitas). Dort sind insgesamt etwa 100 Mitarbeitende beschäftigt. Vier der Kitas sind in der Kernstadt: Baumhofstraße, Edith-Stein-Straße, Kolpingstraße, Lohgraben. Eine weitere städtische Kita befindet sich im Stadtteil Altfeld.
In den Einrichtungen werden insgesamt 405 Kinder betreut. 125 von ihnen besuchen eine Kinderkrippe, 280 sind in einer Regelgruppe untergebracht. Insgesamt 120 dieser betreuten Kinder haben einen Migrationshintergrund. Diese Zahlen berücksichtigen nicht die Kinder, die seit Jahresanfang als Geflüchtete aus der Ukraine kamen.
(dfi)
 
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  • roithalexandra@icloud.com
    Ich selbst leite eine Kita mit 164 Betreuungsplätzen. Öffnungszeit von 7-16.30h - 27 MA davon zwei Erz. Praktikantinnen und der Rest sind Erz/Kipfl ausschließlich in Tz von 16-37,5 Std!
    Keine meiner MA möchte mehr Vollzeit arbeiten weil einfach die Energie und die Gesundheit leidet und man auch Family u somit eigene Kinder hat!
    Kinder knapp 10 Std am Tag betreuen mit immer mehr krankheitsbedingten Ausfällen der Kolleginnen, immer mehr Forderungen u Ansprüchen der Eltern, wie soll das denn noch funktionieren?
    Wie oft müssen wir 25…Kids alleine betreuen weil MA ausfallen oder gar fehlen?
    Und es wird noch schlimmer werden!!
    Ich schließe die Gruppen sofern die Eltern nicht mehr verstehen, dass eine Kollegin alleine so viele Kinder nicht betreuen kann u darf!!
    Wer bitte von den Familien muss denn zuhause so viele Kinder beaufsichtigen, beschäftigen und Fördern?
    Es reicht einfach! Ich selbst, würde diesen Job mit den akt. Vorraussetzungen auch nicht mehr erlernen….
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  • Margarete-wuestner@web.de
    @preisi 76:
    Danke für diesen Einblick in einen Alltag einer Kita/Kiga-Einrichtung. Das Bild dazu ist ja wohl ein Face, wenn ich meine Enkel mal abhole, sieht das Bild bei 25 Kindern in einer Gruppe anders aus!
    Ich glaube nicht, dass die Unzufriedenheit als erstes am Gehalt liegt. Ich erlebe regelmässig Eltern auf dem Spielplatz die überfordert u genervt mit Kindern umgehen. Ist ja klar, Vollzeit arbeiten u dann noch 2-3Stunden bis zum Schlafengehen beschäftigen, ist schon ne Herausforderung usw usw.
    Angefangen hat dieses Dilemma mit dem Kind/er in der Kita abgeben!
    Kind krank-Kind schläft nachts nicht durch-Haushalt-Vollzeit arbeiten....
    Ich werde das nie verstehen, wie man ein Baby schon ab dem 10. Monat "abgeben" kann!
    Erzieher/innen geht auf die Strasse, kein Wunder dass es so wenig Personal gibt.
    Gespräch mit einer jungen Hebamme:Babys müssen sich nach der Geburt an die Eltern, die Situation aussen mit Ruhe, Ruhe, Ruhe gewöhnen, möglichst erstmal kein Besuch!
    ....u dann Kita!!
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  • familie.diener@gmx.net
    Und man sollte nicht allzu lange warten , sonst ist der Arbeitsmarkt komplett leer !
    Vielleicht Mietwohnungen zu günstigen Preisen besorgen , zusätzlich einen finanziellen
    Anreiz schaffen sodaß man auf Dauer überall wieder qualifiziertes Fachpersonal bekommt.
    Da muß man auch mal über den Schatten springen und sich ein passendes Konzept nicht
    nur für jetzt sondern auch für die Zukunft überlegen .
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  • Der Tarifvertrag verbietet der Stadt nicht, freiwillig mehr zu zahlen. Ab 3-400 Euro freiwillig mehr pro Monat würde es dann schon Bewerber geben.
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  • molinarius21
    @Waldwichtel: Ja, hier ist ein Umdenken erforderlich. Von heute auf morgen wird sich aber leider nicht viel ändern. Der öffentliche Dienst ist schon seit langem "unterlohnt" und inzwischen ein Tarifdschungel, er wird seiner Existenzfähigkeit beraubt. Jeder Arbeiter in der Industrie lacht sich bei einer 35-Std.-Woche über die Gehälter im ö.D. kaputt. Das gelobte Bayern ist im Ländervergleich bei der Bezahlung nur Mittelfeld. Selbst die neuen Bundesländer bezahlen inzwischen besser.
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  • waldwichtel
    Es zeigt sich, dass Arbeiten im öffentlichen Dienst zunehmend unattraktiv wird (Kindergarten, Schwimmbad, etc.) Bei weiterem Personalabbau geht dies letztendlich zu Lasten der Allgemeinheit. Man sollte deshalb bei der anstehenden Tarifrunde die Chance Nutzen und die nötigen Anreize setzen.
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