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Würzburg
Gravierende Mängel im Bescheid: Kreuzwertheim verliert vor Gericht im Streit um Vorkaufsrecht
Wenn eine Kommune ihr Vorkaufsrecht nutzen will, dann muss sie dafür sehr gute Gründe nennen können - das stellte ein Richter am Verwaltungsgericht in Würzburg nun klar.
Eine Frau wollte ein Gebäude-Ensemble in Kreuzwertheim kaufen, doch die Gemeinde hatte andere Pläne. Sie klagte und bekam Recht.
Foto: Markus Scholz/dpa (Symbolfoto) | Eine Frau wollte ein Gebäude-Ensemble in Kreuzwertheim kaufen, doch die Gemeinde hatte andere Pläne. Sie klagte und bekam Recht.
Christian Ammon
 |  aktualisiert: 02.10.2024 02:46 Uhr

Das Vorkaufsrecht, das Gemeinden bei einer städtebaulichen Sanierung des Altorts zusteht, ist ein praktisches Instrument, den Ort weiterzuentwickeln. Hierfür sind jedoch mehr als nur gute Gründe nötig, wie nun die Marktgemeinde Kreuzwertheim bei einer Verhandlung am Würzburger Verwaltungsgericht erfuhr. Einem Bescheid, mit dem sie ihr Vorkaufsrecht über drei bebaute Grundstücke im Altort geltend machte, attestierte der Vorsitzende Richter Gerhard Weinmann "gravierende Mängel". Das Gericht gab der Klage einer Frau Recht, die zuvor im Oktober 2023 ein längere Zeit leerstehendes Wohnhaus samt Scheune und Nebengebäude erworben hatte. Für die Gemeinde sind die drei strittigen Grundstücke wichtig für die weitere Entwicklung des Altorts. Der baulich angeschlagene Leerstand sollte einem Weg weichen, der zwei Gassen miteinander verbindet und ein größeres Hofgut für Wohnungen erschließt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig

Gericht vermisst konkretere Pläne von der Gemeinde

Es waren klare Worte, mit denen der Richter der Marktgemeinde Kreuzwertheim eine klare Absage erteilte. Bei einem Vorkaufsrecht handele es sich, um "einen massiven Eingriff" in die "Privatautonomie zwischen Käufer und Verkäufer", der daher auch besondere Gründe benötige. In ihrem Bescheid vom Dezember 2023, mit dem die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht zog, verweist sie dagegen lediglich auf das Allgemeinwohl und nennt als Ziel der Sanierung den Erhalt und die Weiterentwicklung des Altorts zum attraktiven Wohnen. Für das Gericht ist dies deutlich zu allgemein. Es vermisste eine konkrete Planung für die strittigen Grundstücke und einen entsprechenden Hinweis im Bescheid. Auch in dem der Sanierung zugrundeliegenden städtebaulichen Entwicklungskonzept von 2021 finden sich dazu keine Aussagen. Diese gebe es, so das Gericht, nur für einige angrenzende Anwesen.

Allgemeinwohl und Einzelinteressen müssen abgewogen werden

Den Hinweis von Bürgermeister Klaus Thoma, das es zu den seit 2015 laufenden Planungen für den Altort in den Gemeindeakten genauere Angaben gebe, reichten dem Gericht ebenso wenig wie eine Empfehlung des Städteplaners, die strittigen Grundstücke zu erwerben, ein Wertgutachten, das die Gemeinde für das Haus hatte erstellen lassen, und ein im Grundbuch festgehaltener Sanierungsvermerk. Die Erinnerung täuschte ihn, als er sich auf ein Gespräch zwischen Gemeinde und Klägerin berief, das noch vor dem Bescheid im Rathaus stattgefunden haben soll und das sogar eine damals anwesende Verwaltungsangestellte bezeugen könne. Hier musste er sich korrigieren. Das Gespräch fand erst im Januar 2024 statt, also nachdem der Bescheid versandt worden war. Die Initiative hierfür sei, warf der mit dem Verkauf der Grundstücke befasste Makler als Besucher ein, von der Klägerin und dem früheren Eigentümer ausgegangen, die Genaueres zu dem verweigerten Kauf wissen wollten.

Die Klägerin, die mehrere Anwesen in der Umgebung vermietet, gab vor Gericht an, dass sie das Haus sanieren und anschließend ihrer Tochter und Enkelin als Wohnung zur Verfügung stellen wolle. Sie vermeide damit eine Kündigung aus Eigenbedarf. Auf ihren Eindruck, dass die Gemeinde sie bevormunde und sie auch als Person vom Bürgermeister geschnitten werde, ging das Gericht nicht ein. Eine Auseinandersetzung mit den Interessen der Klägerin an einem Erwerb habe jedoch nicht stattgefunden. Es gebe "Null Hinweise darauf", so der Richter, dass "eine kritische Auseinandersetzung" mit den Belangen der Klägerin stattgefunden habe. Eine Anhörung habe nicht stattgefunden. Hierfür reichten Schriftsätze, die im Anschluss an den Bescheid ausgetauscht wurden, nicht. Dem Vorkaufsrecht müsse jedoch immer eine Ermessensentscheidung vorausgehen, in der das Allgemeinwohl gegen das Einzelinteresse miteinander abgewogen werden müssten. Die Rechtsprechung sei hier eindeutig.

 
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