Christian Ammersbach und Martin Ebner verzichteten im Gottesdienst auf prächtige Priestergewänder, die Gemeindemitglieder von Maria Geburt in Aschaffenburg auf die Eucharistie: Es waren starke Zeichen gegen sexuelle Gewalt in der Kirche in den vergangenen Wochen.
In der Pfarreiengemeinschaft "Um Maria Sondheim" in Arnstein (Lkr. Main-Spessart) hatte Ammersbach den Gottesdienst zuletzt in schlichter weißer Albe zelebriert. Am vergangenen Wochenende im Ortsteil Altbessingen kündigte er das Ende seiner Aktion an, er werde nun wieder das Priestergewand tragen. Und er berichtete den Gottesdienstbesuchern kurz über die Erfahrungen der vergangenen drei Wochen.
"Sie waren überwiegend positiv", sagt der Pfarrer. Er habe viel Zuspruch erhalten - mündlich, per Post und per E-Mail. Er sei bestätigt, bestärkt und ermutigt worden, berichtet Ammersbach. Tenor der Reaktionen: Durch sein Zeichen sei die Kirche wieder ein Stück weit glaubwürdiger geworden.
Einige wenige kritische Stimmen habe es auch gegeben, sagt der Pfarrer aus Arnstein - "fast ausschließlich aus dem Kollegenkreis". Ansonsten "vor allem Schweigen". Gemeldet habe sich nur Generalvikar Jürgen Vorndran und gemeint, jeder suche seine persönliche Ausdrucksform zur momentanen Situation der Kirche.
Darüber - und auch über die neue Erfahrung - will Ammersbach nun nachdenken. Der Verzicht auf prächtige Gewänder sei ein Impuls für ihn gewesen, sich auf sein Priesteramt zu besinnen, so Ammersbach: "Es steht auf einem Scherbenhaufen und hat in der bisherigen Form keine Zukunft mehr."
Positive Rückmeldungen, überraschender Applaus, stumme Ablehnung: Das hat auch Martin Ebner erfahren und erlebt. Der emeritierte Theologie-Professor war im Bistum Würzburg der einzige Priester, der dem Aufruf von Ammersbach folgte. In Schweinfurt stand Ebner vor den Gemeindemitgliedern von St. Josef und Christkönig ebenfalls ohne Priestergewand: "Es sollte eine Aufweck-Aktion sein, ein Zeichen, das auffällt."
Auch außerhalb des Bistums Würzburgs gab es wenig Resonanz für die Idee von Ammersbach. Es hätten sich nur zwei weitere Pfarrer beteiligt: Norbert Arntz (Bistum Münster) und Markus Kress (Bistum Passau).
Dass sonst keine Pfarrer im Bistum Würzburg bereit waren, auf das Priestergewand zu verzichten, führt Ebner auf eine Angst vor Veränderung zurück. Womöglich würden die Geistlichen intuitiv spüren, dass sie ihre - durch die Weihe bislang als "unhinterfragbar" geltende - "Macht" verlieren. Wer keine Priestergewänder mehr trage, habe auch keine Schutzkleidung mehr, sagt Ebner.
Er würde wieder in der Albe zelebrieren, wenn es die Gemeindemitglieder wünschen, sagt Christian Ammersbach. Andernfalls wäre die Entscheidung eigenmächtig, warnt er: "Nicht, dass der Verzicht auf die Gewänder als Problemanzeige für die klerikale Machtkonzentration in der Kirche am Ende noch selbst zu einer Demonstration klerikaler Macht wird."
Ebner und Ammersbach wollen nun in den Gemeinden das Gespräch suchen. Sie wollen vor allem zuhören. Aber auch darüber diskutieren, wie Kirche in Zukunft vor Ort gestaltet werden kann: "Wie kann es weitergehen, wenn es nicht so weitergehen kann wie bisher?", fragt Ammersbach. Der Pfarrer lädt außerdem zu einem Gesprächsabend am 22. März ins Pfarrheim von Arnstein ein. Das Thema dann: "Die Liebe, der Sex und die Kirche – Wie der Synodale Weg neue Wege in die Sexuallehre geht".
Der Schweinfurter Theologe Ebner sieht die Aufgaben künftiger Gemeindeleitung so: "Nicht dirigieren, sondern moderieren. Nicht bestimmen, sondern beraten. Nicht den Weg vorgeben, sondern miteinander nach möglichen Wegen suchen."
"Liturgielose Liturgie" von großer Intensität und Dichte in Aschaffenburg
Wie es in der Gemeinde Maria Geburt in Aschaffenburg-Schweinheim nach drei Solidaritätsaktionen weitergeht, stehe noch nicht fest, sagt Albert Loy, stellvertretender Vorsitzender des Gemeindegremiums. "Wir brauchen eine Pause und werden reflektieren." Bleibend ist für ihn: "Ich habe eine 'liturgielose Liturgie' von großer Intensität und Dichte erlebt."
Die Solidaritätsaktion, die aus Hören und Schweigen bestand, und bei der sich Betroffene zu Wort meldeten, sei jedoch innerhalb der Gemeinde weiter im Gespräch. Am vergangenen Sonntag hatte Pfarrer Markus Krauth nach drei Wochen Pause wieder eine Eucharistie gefeiert. Da seien Gemeindemitglieder, sagt Loy, ans offene Mikrofon gegangen und hätten gefragt, wie sie noch an die heilige Kirche glauben können.
Die Rückmeldungen auf die Aktion seien "sehr positiv" gewesen, sagt Loy. "Es wurden aber auch Befürchtungen geäußert." Etwa, dass die Betroffenen durch ihre Erzählungen ihr Leid nochmals erleiden würden, was eine "Zumutung für die Opfer" sei. "Das Gegenteil ist der Fall", sagt Loy. "Die Betroffenen waren dankbar, endlich Gehör zu finden, nachdem ihnen als Kinder von ihren Familien und später von Kirchenverantwortlichen nicht geglaubt wurde."
Auf die Bitte, für Betroffene zu spenden, sind dem Vizevorsitzenden der Gemeinde zufolge 3852 Euro zusammengekommen. Die Summe soll je zur Hälfte der Verein "Eckiger Tisch" und der Verein "gegen missbrauch e.V." erhalten.