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Gräfendorf
Glosse: Paddeln auf der Fränkischen Saale teurer als eine Kreuzfahrt in die Karibik
Der neue Erlass des Landratsamts Bad Kissingen wirft auch Fragen auf. Hat das Landratsamt was gegen Angler, Schwimmer und Spaziergänger?
Das Saaleufer sieht idyllisch aus, die Bäume lauern jedoch mit finsteren Absichten auf wehrlose Paddler. 
Foto: Karl-Josef Hildenbrandt/dpa (Symbolbild) | Das Saaleufer sieht idyllisch aus, die Bäume lauern jedoch mit finsteren Absichten auf wehrlose Paddler. 
Karl-Heinz Haase
Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 09.03.2024 02:43 Uhr

Der Preis für Kanufahrten auf der Saale klettert in astronomische Höhen: Während man im vergangenen Sommer noch für rund 50 Euro am Tag bei den Bootsvermietern ein Kanu bekam, soll es nun bis zu 50.000 Euro kosten, wenn jemand den Bach zwischen Nickersfelden und Morlesau mit einem "kleinen Fahrzeug ohne Triebkraft" befährt. So besagt es der jüngste Erlass aus dem Landratsamt Bad Kissingen. Wäre es vielleicht billiger, ein "kleines Fahrzeug mit Triebkraft" zu benutzen? Ein alter Zweitakter kostet nun wirklich nicht die Welt.

Verglichen mit einer Kreuzfahrt in die Karibik in der Außenkabine sind die 60 Kilometer von Nickersfelden nach Morlesau im Paddelboot also kein Schnäppchen. Nickersfelden? Hatte das bisher jemand auf dem Schirm? Immerhin lässt sich die 65-Seelen-Metropole im weltweiten Netz finden. Dort erfahren wir: "Im zentral gelegenen Dorfgemeinschaftshaus und der angrenzenden Freifläche spielt sich das komplette Dorfleben in Nickersfelden ab." 65 Personen und nur ein Haus, das ist ressourcenschonend!

Fiese Bäume schlagen erbarmungslos zu

Schuld an dem hohen Preis für eine Gondelfahrt auf dem Bonsai-Amazonas im Landkreis Bad Kissingen sind übrigens die Bäume. Die haben dort nämlich die bösartige Eigenschaft, ausgerechnet bei schönstem Ausflugswetter erbarmungslos zuzuschlagen. Da warten sie dann, dass endlich so ein "kleines Fahrzeug ohne Triebkraft" angeschippert kommt und lassen sich dann auf das Kleinfahrzeug plumpsen. Dessen Insassen haben mangels Triebkraft keine Chance zu einem schnellen Ausweichmanöver – die Seebestattung beziehungsweise Saalebestattung ist quasi vorprogrammiert

Andernorts, beispielsweise in den Landkreisen Main-Spessart und Rhön-Grabfeld, sind die Bäume besser erzogen. Die lauern nicht bei ruhigem, sommerlichem Ausflugswetter auf nahende Paddler/innen, sondern fallen nur bei grausigen Stürmen um.

Bäume pflegen oder besser die Saale verlegen?

Jetzt aber mal Spaß beiseite. Von der neuen Verfügung unberührt bleiben Angler und Schwimmer, Spaziergänger oder sonstige Lebensmüde, die sich noch ans Saaleufer wagen. Da stellt sich doch die Frage: Was hat das Landratsamt Bad Kissingen eigentlich gegen die? Die Paddler werden vor den Bäumen geschützt, Angler und Schwimmer aber nicht!? Vor allem die Petrijünger verharren bekanntlich lange an einem Ort. Da hat so ein Baum enorm Zeit, sich auf sein Opfer zu konzentrieren.

Immerhin gibt es einen Lichtblick: Man ziele auf eine schrittweise Verjüngung der Bäume, heißt es aus dem Landratsamt. Der Fachmann fragt sich natürlich, wäre es nicht geschickter und auch preisgünstiger, die Saale einfach zu verlegen? Dann könnten die alten Bäume treiben, was sie wollen. Aber wahrscheinlich steckt eine ganz andere Strategie dahinter. Man braucht die 50.000 Euro. Denn "die Pflegemaßnahmen sind sehr arbeits- und kostenintensiv", wie das Wasserwirtschaftsamt verlauten lässt.

 
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  • Kurt Redelberger
    Ja mit irgend etwas müssen sich die Leute in den Amtsstuben ja beschäftigen. Natürlich könnte man sich mit den vielen Schlaglöcher auf unseren Straßen beschäftigen und deren Beseitigung veranlassen, sind ja auch Gefahrenstellen. Das scheint aber zu viel Arbeit zu machen, da ist ein Verbot doch die einfachste Lösung.
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  • Werner Müller
    Die Benachteiligten sollen doch einfach eine Demo mit Bötchen auf der Fränkischen Saale anmelden. Das wäre doch einmal eine neue Alternative - LOL :)) Umweltfreundlich wäre es doch noch dazu........
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  • Joachim Fürsch
    Und was ist mit den Radfahrern? Bin erst im letzten Sommer von Morlesau nach Hammelburg gefahren. Da geht es eine ganze Strecke durch den Wald und am Wald entlang. Mann, hatte ich ein Glück, daß ich von keinem Baum getroffen wurde. Obwohl, ich fahr ja mit Helm. Wäre das nicht eine Alternative zum Kanu-Verbot? Fahren nur mit Helm erlaubt!
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  • Karl Heck
    Das stimmt! Aber…was ist mit den Anglern? Müssen die jetzt auch mit Helm und Schutzbekleidung?
    Das ganze ist sowas von lächerlich, aber auch traurig:(
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  • Helmut Vierneusel
    Treffender kann man die Situation nicht beschreiben.
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