
Für große Aufregung hat die Entscheidung des Landratsamts Bad Kissingen gesorgt, das Bootfahren auf der Fränkischen Saale aus Sicherheitsgründen zu verbieten. Betroffene laufen Sturm. Worum geht es bei der Sperrung? Wie begründet die Kreisverwaltung das Verbot? Wer ist betroffen? Der aktuelle Stand im Überblick.
Worum geht es beim Bootfahr-Verbot des Landratsamts Bad Kissingen?
Am 9. Februar hat Bad Kissingens Landrat Thomas Bold eine Allgemeinverfügung erlassen, in der das Befahren der Fränkischen Saale innerhalb der Landkreisgrenzen untersagt wird - ab sofort und unbefristet. Das Verbot gilt für "kleine Fahrzeuge ohne eigene Triebkraft", also zum Beispiel Kajaks, Kanus oder Stand-Up-Paddle-Boards.

Gesperrt sind rund 63 Flusskilometer im Landkreis Bad Kissingen von der Grenze Rhön-Grabfeld bei Nickersfelden bis zur Grenze nach Main-Spessart bei Morlesau. Ausgenommen sind nur zwei kleinere Abschnitte: rund 3,4 Kilometer zwischen Saline und Lindesmühle in Bad Kissingen sowie die etwa 800 Meter zwischen Morlesau und der Kreisgrenze. Bei Verstößen droht eine Geldbuße in Höhe von bis zu 50.000 Euro.
Unberührt von der Verfügung bleiben das Angeln und Schwimmen in der Saale. Begründung aus dem Landratsamt: Angler bewegen sich nicht entlang des Flusses, sondern sitzen am Ufer. Das minimiere die Gefahr, von einem umfallenden Baum getroffen zu werden. Und die Sicherheit an Badestellen werde durch die jeweiligen Gemeinden gewährleistet.
Weiterhin fahren dürfen in Bad Kissingen auch die beiden Saale-Dampferle zwischen Rosengarten und Saline.
Wie begründet das Landratsamt die Sperrung der Fränkischen Saale?
Die Sperrung fußt auf Empfehlungen des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen. Dieses warnt seit drei Jahren immer wieder vor erhöhter Gefahr beim Befahren der Saale. Der Baumbestand am Ufer sei überaltert, erklärt Behördenleiterin Birgit Imhof. Viele Bäume seien durch Pilzbefall, Biberfraß oder die extreme Trockenheit und Hitze beschädigt.
Im vergangenen Herbst wurden laut Wasserwirtschaftsamt auf einem knapp zwei Kilometer langen Saale-Abschnitt 59 umgestürzte Bäume beseitigt, weitere 99 wurden gefällt. Daraufhin reagierte die Kreisverwaltung und sprach die Sperrung aus.

Warum ist von dem Verbot nur der Abschnitt im Landkreis Bad Kissingen betroffen?
Mathes Limprecht, beim Wasserwirtschaftsamt als stellvertretender Abteilungsleiter für den Landkreis Bad Kissingen zuständig, weist zunächst darauf hin, dass im Kissinger Bereich die zum Kanufahren geeignete Strecke mit ihren mehr als 60 Kilometern wesentlich länger sei als beispielsweise im Landkreis Rhön-Grabfeld. Entsprechend seien die Pflegemaßnahmen sehr arbeits- und kostenintensiv. Für die gesamte Strecke komme man nicht hinterher, so Limprecht.
Das Wasserwirtschaftsamt habe den ökologischen Gesamtzustand im Blick: "Ein Kahlschlag hätte das Problem natürlich längst beseitigt, aber das will niemand." Stattdessen ziele man auf eine schrittweise Verjüngung der Bäume am Ufer, was Zeit brauche. Durch den Biber sei die Situation schwer berechenbar, sagt Limprecht: "So können schnell Bäume umstürzen, die eigentlich in gutem Zustand sind."
Auf Basis der Einschätzungen des Wasserwirtschaftsamtes müsse letztlich die zuständige Kreisbehörde entscheiden, ob sie den Fluss für sicher genug hält.

Darf das Landratsamt die Saale überhaupt sperren?
Grundsätzlich gilt die Ausübung des Gemeingebrauchs. Vereinfacht gesagt: Jeder Mensch darf den Fluss mit einem Boot befahren, genauso wie er im Wald spazieren gehen kann - muss dabei aber mit "naturtypischen Gefahren" wie herabstürzenden Ästen rechnen. Allerdings sei die Rechtslage bei Flüssen nicht so eindeutig wie für den Wald, heißt es beim Landratsamt: Nach Einschätzung der Behörde könnte sie im Schadensfall juristisch belangt werden.
Stefan Schmitt, Ressortleiter Umwelt und Gewässer beim Bayerischen Kanuverband, sagt: "So kann man mit dem Thema Gemeingebrauch nicht umgehen. Das ist freie Natur und keine Vollkasko-Veranstaltung." Ihm sei über Jahrzehnte kein Fall bekannt, in dem ein Kanut oder eine Kanutin von einem herabfallenden Ast oder umstürzenden Baum zu Schaden gekommen ist. Der Verband hat angekündigt, die Sperrung anfechten zu wollen.
Welche Reaktionen hat das Verbot ausgelöst und wer ist betroffen?
Nicht nur der Bayerische Kanuverband läuft Sturm gegen die Sperrung. Auch etliche Bootsverleiher sind entsetzt: Jason McKinney aus Gräfendorf (Lkr. Main-Spessart), der unter anderem Kanus und Kajaks verleiht und geführte Bootswanderungen anbietet, sieht drei Viertel seines Umsatzes bedroht und fürchtet um seine wirtschaftliche Existenz.

Auch Betroffene aus den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen haben Sorgen. Jürgen Leitschuh, nebenberuflicher Verleiher aus Hammelburg, sagt, er müsse durch das Verbot auf bis zu 20.000 Euro Umsatz pro Jahr verzichten. Die Sperrung treffe insbesondere den Tourismus rund um Hammelburg hart.
Eine Petition gegen die Sperrung der Saale, die erst vor wenigen Tagen ins Leben gerufen wurde, haben online bis zu diesem Montag bereits 6000 Menschen unterzeichnet.
Der Gemeinderat Gräfendorf hat entschieden, eine Klage gegen das Bootfahrverbot prüfen zu wollen. Es handle sich um ein "hausgemachtes Problem", sagt Bürgermeister Johannes Wagenpfahl (CSU): "Das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen hat seine Hausaufgaben nicht gemacht." Wenn die Behörde die Uferpflege aus eigenen Kräften nicht bewerkstelligen könne, müsse sie externes Personal dazuziehen.
Wie geht es im Streit um die Fränkische Saale jetzt weiter?
Laut Leiterin Imhof arbeitet das Wasserwirtschaftsamt an einem Konzept, den Baumbestand zu verjüngen. Kahlschlag gelte es zu vermeiden. Langfristig soll auch der Mensch die Saale wieder gefahrlos nutzen können. Wie schnell das umgesetzt werden kann, ist offen.
An diesem Mittwoch, 28. Februar, soll ein Gespräch zwischen Kreisverwaltung, Kanuverband und Betroffenen stattfinden. "Unsere Absicht ist es nicht, die Saale auf Dauer zu sperren. Vielmehr ist es unser erklärter Wille, so schnell wie möglich eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden", heißt es dazu aus dem Landratsamt.
Mitarbeit: Benedikt Borst
Haben Sie Beispiele?
Meine Erfahrung ist eine völlig andere. Es ist in Deutschland nahezu nicht möglich, erfolgreich Schadensersatz von Behörden oder Institutionen zu erlangen, selbst bei eindeutiger Sachlage wird blockiert und auszusitzen versucht, Kläger werden zermürbt, bis sie aufgeben.
@Redaktion: Ihr könntet ja mal recherchieren, wie hoch denn so eine "Standardstrafe" in solchen Fällen erfahrungsgemäß ausfällt. Situation: Zwei Personen im Kajak, kein Unfall oder sonstiger Vorfall, Polizei verhängt Anzeige, Fahrverbot wurde einfach ignoriert (Unwissenheit)
Im Gegenteil, hier zeigt sich das ganze strukturelle Versagen von CSU-Behörden: man tut nichts, sitzt aus, entwickelt erst Aktivität, wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt. Erstes Mittel der Wahl: irgendein "Verbot", ohne Rücksicht auf Folgen für Bürger und Gesellschaft.
Nicht so ganz so zimperlich ist man, wenn man irgendjemanden "bestrafen" kann und Ideologie das Zepter schwingt, z.B. gegen Legalisierung von Cannabis. Bei "dagegen" entwickelt Deuschlands "letzte Volkspartei" regelrecht Eifer und Aktivitsmus....aber halt nur da.
Meine Güte, wählt die endlich ab!
By the way: VOR der Wahl war das Problem hier nicht bekannt....?
Sie glauben doch nicht im ernst, dass Grüne Politiker gerne sehen das auf solchen schönen Nebenfüssen gepaddelt wird. Die verbieten es aus Umweltperspektiven und Totholz so ja sehr gut für die Biodiversität sein. Dann darf man ja überhaupt nicht mehr die Saale benutzen.
Nein Danke!
Hier geht es allerdings um ein "Verbot" durch die Verbotspartei CSU mittels der bei jeder Gelegenheit hervorgeholtem "Argument" der Gefahrenabwehr und "Prävention".
Na Herr Deeg, so abwegig war meine Vermutung dann doch nicht.
Außer irgendwelche Vorwürfen in die gleiche Richtung kommt leider nichts Besonderes von Ihnen !
Verbot nicht unbedingt Freunde. Als Lösung schlage ich vor den Kanubetreibern auf der Saale einen zusätzlichen Obulus von € 3-5 von ihrer Kundschaft einsammeln zu lassen und die neuen Bäumchen zu finanzieren. Schulen machen statt eines Ausflugs eine Baumpflanzaktion und Holzofennutzer besorgen das Entfernen der kranken Bäume und dürfen das Holz selbstverständlich behalten. Alle wären glücklich und freuen sich wieder.
Auch die Begründung der geringeren Gefährdung für die Angler kann sich nur jemand ausdenken, der die Fränkische Saale bislang nur von GoogleMaps kennt.
Die Angler sitzen - gern auch mit Zelt und umfangreicher Ausrüstung - natürlich unbeweglich am Ufer. Um tun das - Stichwort Schatten - dabei manchmal sogar gern und stundenlang unter einem Uferbaum...
Ich hoffe nur für alle Wassersportler, dass hier schnell "zurückgerudert" wird und sich auf punktuelle Maßnahmen bei wirklich kritischen Stellen beschränkt wird.
Im Bayerischen Wald nennt man diesen Umgang mit dem Risiko Nationalpark...
Kann man noch irgendetwas auf eigene Gefahr machen?
Haftet der Wetterdienst wenn mich der Blitz trifft?
Wer haftet wenn ein Erdbeben ohne Vorwarnung bebt?