
Drohen Karlstadt bald Massendemonstrationen aufgebrachter Bürgerinnen und Bürger? Das lässt zumindest ein Beschluss vermuten, den der Stadtrat am Donnerstag gefasst hat. Dieser greift derart in das teils niedergeschriebene, teils ungeschriebene Regelwerk des Deutschseins ein, dass sich die Verwaltung nicht zu wundern braucht, wenn bald ein wütender Mopp, bewaffnet mit Besen, Laubbläsern und Hochdruckreinigern, vor dem Rathaus marodiert.
Was zunächst nach einem formellen Verwaltungsakt klingt, greift derart stark in das Leben, ja gar das Lebensgefühl vieler Karlstadterinnen und Karlstadter ein, dass Schülerinnen und Schüler des Johann-Schöner-Gymnasiums bereits angekündigt haben, aus Protest alle Siedlungsstraßen mit Bahnen aus einem speziellen Mischgewebe zu verhüllen.
Schon Karl der Große wusste: Am Samstag muss die Straße gekehrt werden
Sie haben es sicher schon längst erraten: Es geht natürlich um die Neufassung der "Verordnung über die Reinhaltung und Reinigung der öffentlichen Straßen und die Sicherung der Gehbahnen im Winter" samt neuem Straßenreinigungsverzeichnis. Begriffe, die jedes Übersetzungsprogramm in den Burnout treiben.
Bisher war klar geregelt: Jeden Samstag wird die Straße und der Gehweg geputzt und am Abend geht es in die Badewanne. Gleiches gilt für Tage vor gesetzlichen Feiertagen. Ist es zu trocken, muss der Straßendreck natürlich zuvor nassgemacht werden, damit es nicht zu sehr staubt. Vergisst man seine Pflichten doch einmal, ist gewiss, dass einen der Nachbar daran erinnert.
Festgelegt hat das kein anderer als Karl der Große. Und so stand es bislang auch im Karlstadter Regelwerk. Doch ab 1. Februar ist da dann nur noch zu lesen: "nach Bedarf". Der heilige Pflicht-Putz-Samstag wird also einfach klammheimlich abgeschafft. Es ist das Ende einer Ära. Jetzt kann jeder einfach die Straße putzen, wann er will. Erst "Wetten, dass..?" und jetzt das. Andere Gemeinden sind offenbar ähnlich verfahren, es handelt sich also um eine kommunale Verschwörung.
Die Stadt Lohr hat jetzt eine Wellness-Toilette an der Mainlände
In Lohr herrscht hingegen noch eine vorbildliche Putzmoral: Das runderneuerte Fünf-Sterne-Toilettenhäuschen mit Spa-Faktor soll sogar zweimal am Tag gesäubert werden. Vier Jahre lang wurde die Anlage für 150.000 Euro erneuert, am 1. Februar wird sie eröffnet.
Einst waren sogar 300.000 Euro im Gespräch, nach nicht nachvollziehbarer Kritik verzichtete die Verwaltung dann aber auf das Wasserspiel aus Carrara-Marmor, die vergoldeten Wasserhähne und smarte Toilettensitze mit Musikfunktion. Mit der Infrarot-Heizung kommt jetzt trotzdem ein klein wenig Wellness-Feeling auf. An der Mainlände wurden bereits Menschen mit Handtuch um die nackten Hüften und einem Filz-Saunahut auf dem Kopf gesichtet.