
Von der "bösen Schwiegermutter" ist öfters die Rede. Dieses Mal ging es bei einer Verhandlung am Amtsgericht Gemünden aber um den "bösen Schwiegersohn". Ein 29-Jähriger hat der Mutter seiner Ehefrau 600 Euro aus einer Kassette gestohlen, als die Schwiegermutter im Krankenhaus lag. Die Quittung dafür, neben einem Ehekrach: ein Jahr und zwei Monate Freiheitsstrafe.
"Geldnot", gab der geständige Angeklagte als Grund dafür an, dass er sich an der Geldkassette der Schwiegermutter bediente. Woher die Geldnot rührte, wollte Strafrichter Dr. Sven Krischker wissen. "Meist aus Spielschulden", erklärte der Angeklagte kleinlaut. Mit den gestohlenen 600 Euro hat er Schulden in seinem Sportverein getilgt, sagte der Mann aus dem Raum Karlstadt.
Pflegebedürftige Schwiegermutter während eines Krankenhausaufenthaltes bestohlen
Zurzeit ist der dreifache Familienvater ohne Arbeit. Vorschnell hatte er im November 2021 seinen Arbeitsplatz bei einem Bauunternehmer gekündigt – er hatte zu diesem Zeitpunkt einen neuen Job in Aussicht. Als aus dem Deal nichts wurde, stand er ohne Einkommen und ohne staatliche Hilfe auf der Straße. Da er selbst gekündigt hatte, war er mit einer Sperrzeit belegt worden. Am Tag seiner Gerichtsverhandlung ist ihm zum ersten Mal Geld vom Job-Center überwiesen worden.
Als die pflegebedürftige Schwiegermutter für kurze Zeit ins Krankenhaus musste, übernahm ihre Tochter die Versorgung der Blumen und der in einem Aquarium lebenden Fische. Diese Gelegenheit nutzte der Schwiegersohn: Er öffnete die im Kleiderschrank versteckte Kassette und nahm die 600 Euro an sich.
Schwiegersohn beichtet seiner Ehefrau den Diebstahl
Noch bevor die ältere Dame aus dem Krankenhaus entlassen wurde, beichtete der Mann seiner Ehefrau den Diebstahl. Diese informierte wiederum ihre Mutter über den Fehltritt. "Sauer und enttäuscht" sei die Schwiegermutter gewesen, sagte der Angeklagte. Doch inzwischen sei man wieder aufeinander zugegangen. Dennoch hat die Frau die Strafanzeige gegen ihren Schwiegersohn, der inzwischen 100 Euro zurückbezahlt hat, nicht zurückgenommen.
Im Verlesen des Bundeszentralregisters und dem Bericht der Bewährungshelferin wurde die kriminelle Vergangenheit des Angeklagten beleuchtet. Insgesamt sechs Einträge enthält das Register für den 29-Jährigen. Unter anderem wurde er bereits wegen Betrugs, Veruntreuung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis, auch zu Bewährungsstrafen verurteilt. Demnach steht er momentan auch unter zweifacher offener Bewährung.
Der spielsüchtige Schwiegersohn will an Therapiestunden teilnehmen
Eine "zeitweise Spielsucht", ist ein großes Problem bei dem Mann, erklärte die Bewährungshelferin. Sie sei auch ursächlich für den Diebstahl bei der Schwiegermutter gewesen. Um dagegen anzugehen, habe sich der Angeklagte zur Therapie bei der Suchtberatung angemeldet, er nimmt dort in den kommenden Tagen an den Therapiestunden teil.
Lobend äußerte sie sich die Bewährungshelferin über den Kontakt des Angeklagten zu ihr. So habe sie der Mann auch gleich nach dem Diebstahl per E-Mail über seine Verfehlung in Kenntnis gesetzt. Zudem habe der Angeklagte die Zusage von seinem früheren Arbeitgeber, in kürzester Zeit wieder bei ihm arbeiten zu dürfen.
Keine günstige Sozialprognose für den Schwiegersohn
Auch aufgrund seiner Vorstrafen sah die Staatsanwältin keine günstige Sozialprognose bei dem Angeklagten. Deshalb wollte sie für 18 Monate im Freiheitsentzug sehen. Für eine Strafrahmenverschiebung sprach sich der Verteidiger aus, da die Bestohlene ihrem Schwiegersohn mittlerweile verziehen hat und er bereits einen Teil des Schadens wiedergutgemacht hat. Zudem stehe die Aussicht auf die Arbeit und damit der Unterhalt der Familie mit drei Kindern an. Eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe mit fünf Monaten erachtete der Strafverteidiger für ausreichend.
Für eine "Abweichung vom Regelstrafrahmen", sah Richter Dr. Krischker keine Grundlage. Er verurteilte den Mann zu einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wurden. Zudem werden die 600 Euro von ihm eingezogen.