
Fassungslosigkeit. Verzweiflung. Zorn. Auch vier Tage nach dem Messerangriff, bei dem ein zweijähriges Kind und ein 41-jähriger Familienvater ums Leben kamen, kommt Aschaffenburg nicht zur Ruhe. Bei der ökumenischen Gedenkfeier am Sonntag in der Stiftskirche mahnten Vertreter von Politik und Religionen, bei aller Trauer über das Verbrechen weiter für eine menschliche und friedliche Gesellschaft zusammenzustehen.
Fünf Minuten läuteten alle Kirchenglocken in der Stadt
Neben den 400 geladenen Gästen im Gotteshaus verfolgten viele Menschen die Feierstunde auf dem Platz vor der Kirche und im Fernsehen. Zur Tatzeit um 11.45 Uhr läuteten für fünf Minuten die Glocken aller Kirchen in Aschaffenburg. Angehörige und Freunde der Toten und Verletzten verfolgten die Gedenkstunde in einem abgeschirmten Bereich der Basilika. Auch Vertreter der Rettungsdienste und der Polizei waren zugegen.

Niemand könne den Schmerz ermessen, den die Familien des zweijährigen Jungen und des Mannes, der seine Zivilcourage mit dem Leben bezahlte, erlitten haben, und der sie nun ihr ganzes Leben begleiten werde, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in einer emotionalen Rede. Man könne ihnen nur zeigen: "Ihr seid in euerer Trauer nicht allein."
Söder kündigte an, den 41-Jährigen, der aus dem Landkreis Bad Kissingen stammt, posthum mit der bayerischen Rettungsmedaille auszuzeichnen. Der Mann war als Passant mit seiner Familie im Park Schöntal unterwegs gewesen, als ein 28-jähriger, mutmaßlich psychisch kranker Flüchtling aus Afghanistan mit einem Küchenmesser eine Kindergartengruppe attackierte. Der Mann stellte sich dem Täter in den Weg – und verhinderte so vermutlich weitere Tote und Verletzte, bevor er selbst von tödlichen Messerstichen getroffen wurde.

Ausdrücklich warnte Söder davor, die Tat zum Vorwand für eine "Aufhetzung" zu nehmen: "Das Gute und das Böse sind keine Frage von Herkunft, Nationalität, Ethnie oder Glauben." Jetzt gelte es, der Trauer Raum zu lassen. Politische Debatten, welche Konsequenzen aus dem "feigen Verbrechen" gezogen werden müssten, seien an anderer Stelle zu führen.
OB Herzing erinnert an elfjähriges afghanisches Mädchen
Vor einer Instrumentalisierung des Verbrechens warnte Jürgen Herzing (SPD), Oberbürgermeister von Aschaffenburg. Die Stadtgesellschaft habe an diesen schweren Tagen gezeigt, dass rechte Gruppen und Parteien bei der Trauer unerwünscht seien. "Herz statt Hetze, das ist unsere Losung", sagte Herzing. Er erinnerte an ein elfjähriges Mädchen aus Afghanistan, das bei einer Trauer-Demo am Samstag ans Rednerpult gekommen war, um sich für den Messerangriff ihres Landsmanns zu entschuldigen und gleichzeitig zu betonen: "Nicht alle Afghanen sind böse."
Zweimal wurde die ökumenische Gedenkfeier von spontanem Beifall unterbrochen. Beide Male galt der Applaus Zischan Mehmood, dem Imam der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde in Aschaffenburg. "Wir sind fassungslos, wir fühlen mit den Familien der Toten und Verletzten", betonte Mehmood. Die grausame Tat treffe alle in der Stadt. "Wir dürfen nicht zulassen, dass uns Trauer und Schmerz auseinanderreißen", so der Imam. Er mahnte, die Taten nicht zu missbrauchen, um im Wahlkampf Stimmung gegen Muslime zu machen.

"Wir lassen uns das Ziel einer friedlichen und gewaltfreien Gesellschaft nicht nehmen – vom Täter nicht und nicht von denen, die die Gesellschaft spalten wollen", sagte der evangelische Landesbischof Christian Kopp. Auch er stellte den "völlig sinnlosen Tod" eines Kindes und eines Mannes, der Kinder geschützt habe, in den Mittelpunkt seiner Ansprache: "Wir brauchen solche Vorbilder, aber wir brauchen sie lebendig."
Es sei legitim, angesichts dieses Geschehens am lieben Gott zu zweifeln, sagte Franz Jung, der katholische Bischof von Würzburg. Es gebe keine Antworten auf die "quälenden Fragen nach dem Warum". Trotzdem mache die christliche Botschaft Hoffnung, so Jung: "Wo so viel Dunkelheit ist, da ist auch immer wieder Licht."

An der Gedenkfeier nahmen zahlreiche Politikerinnen und Politiker aus der Region teil. Die Bundesregierung war durch Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) vertreten, die bayerische Regierung neben Söder auch durch Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU).
Die Ministerinnen und Söder hatten am Sonntagmorgen auch den Tatort des Verbrechens im Park Schöntal besucht – und dort Kränze niedergelegt.
Weitere Demos in Aschaffenburg
Unterdessen zogen am Sonntag bei einer Demo des rechten Bündnisses "Rhein-Main steht auf" bis zu 1500 Menschen durch Aschaffenburg. Sie forderten unter anderem die "Remigration" von Menschen mit Migrationshintergrund. Vereinzelt habe es Zwischenrufe von Gegendemonstranten gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Am Samstag hatten sich in der Innenstadt von Aschaffenburg über 3000 Frauen und Männer zu einer Trauerkundgebung des überparteilichen Bündnisses "Aschaffenburg ist bunt" getroffen.
Falsch ist aber die Forderung eine solche Tat nicht so politisieren.
Es muss nun endlich Konsequenzen geben und dazu gehört eine scharfe Kontrolle an den Grenzen.
Die Ahmadihya Gemeinde ist leider nur ein Teil der islamischen Welt. sie wird gerne als Beispiel herangezogen ist jedoch eine Minderheit.
Zum ganzen Trubel in den letzten Tagen:
Demo für, Demo gegen, X- Berichte und Schlagzeilen, bringt uns das wirklich weiter? Ich hoffe Aschaffenburg kommt bald wieder zur Ruhe. Und die Angehörigen der Opfer können ohne Öffentlichkeit ihre Toten betrauern.
Meine Tante wurde 2015 beim Amoklauf von Leutershausen ohne Grund erschossen. Dem Attentäter wollte sie nur helfen. Er war psychisch angenockt und so ging seine Fahrt weiter. Zum Glück war es ein Deutscher, da war die Tat schlimm, aber die öffentliche Hysterie nicht so groß. Mein Onkel hat keinen Groll gehegt, er musste alleine klar kommen, aber der Groll hätte ihm nichts gebracht. Es ist schlimm das es diese verwirrten Menschen gibt und es diese Attentate gibt, aber ich glaube nicht das wir sie als Gesellschaft, als Verantwortliche, in Politik, der Polizei, Justiz und Behörden nicht komplett verhindern können. Es gab sie in den vergangenen Jahrzehnten leider immer wieder.
Wie Hr. Arold richtig schrieb: wenn ein Deutscher im Zustand einer Psychose eine solche Tat begeht, ist die "öffentliche Hysterie nicht so groß".
Wo war eigentlich unser bayerischer Innenminister Herr Herrmann?
Aschaffenburg gehört doch zu Bayern!
Diesen Appell kann man sich nur aus vollem Herzen hier anschließen! Danke!
Es ist überaus beunruhigend und zutiefst verstörend, wie diese für vernünftig denkende Menschen insoweit selbstverständlichen Aussagen offenbar wieder notwendig geworden sind.
Dass ein elfjähriges Mädchen dieser Gesellschaft mitteilen muss, dass nicht "alle Afghanen böse" sind, beschämt hoffentlich die Richtigen und lässt sie endlich mal nachdenken!
Muslime gehören zu Deutschland!
Psychosen und andere psychische Ausnahmesituationen haben ja Ursachen, die Risikofaktoren sind bekannt.