Mit Vorurteilen und Klischees hat so mancher zu kämpfen, auch die Feuerwehren. Einiges davon wurde vom fränkischen Mundartdichter Wilhelm Wolpert in seinem Büchlein "Haut ab! Des is unner Feuer!" humorvoll ausgeschmückt. Natürlich kann von einer Konkurrenz zwischen den Wehren, wer zum Löscheinsatz darf, keine Rede sein. Aber wer entscheidet, wer alarmiert wird? Warum rücken manchmal erst viele kleine Feuerwehren an, bevor dann doch noch die große Stützpunktwehr geholt wird? Die Antwort: Der Computer ist schuld. Aber es spielt noch mehr hinein, wie die Recherche zeigt.
Früher, und das ist noch gar nicht so lange her, wurden die Alarmpläne "von Hand gestrickt". Das war für vieles gut, hatte aber auch seine Schwächen. Das ist nun anders. "Die gerätebezogene Alarmierung ist seit Anfang 2015 im Bereich der Integrierten Leitstelle (ILS) eingeführt", informiert die Pressestelle des Landratsamtes auf Anfrage. Seit 15. März 2017 gibt es außerdem die für ganz Bayern gültige ABeK (Alarmierungsbekanntmachung). In dieser sind die Schritte, die die ILS im Notfall zu unternehmen hat, genau hinterlegt.
Qualität des Notrufs spielt eine große Rolle
Kommt also ein Anruf wie "Hier brennt ein Schuppen, da sind Tiere drin", dann orientiert sich die Leitstelle an Einsatzstichwörtern und Schlagwörtern. Die Pressesprecherin des Landkreises erklärt: "Hinter jedem dieser Einsatzstichwörter und Schlagwörter steht eine Mindestanforderung an Personal, Gerätschaften oder Löschwasser." Das heißt im Umkehrschluss: Je genauer die Informationen des Anrufers sind, umso leichter tut sich der Disponent in der Rettungsleitstelle. Die Qualität des Notrufs spielt also eine große Rolle.
Gefüttert wurde der ILS-Computer mit einigen tausend Einträgen. Er ist ein Sturkopf und das ist gut so. Seine Werte arbeitet er gnadenlos ab. "Der Leitstellenrechner sucht die am schnellsten zur Verfügung stehenden Mittel und alarmiert diese entsprechend", schreibt das Landratsamt. Das heißt, er macht nur, was ihm dereinst von Landratsamt, Kreisfeuerwehr und Leitstelle aufgetragen wurde.
Zeit, einen Praktiker zu fragen. "Die Ortsfeuerwehr ist aber immer dabei", betont Bernhard Nees, der Kommandant der Marktheidenfelder Feuerwehr auf Anfrage. Er kann auch an einem Beispiel erklären, weshalb manchmal viele Wehren ausrücken: "Wird etwa ein Lkw-Brand von der Autobahn gemeldet, für den 5000 Liter Löschmittel benötigt werden, dann alarmiert der Rechner so lange Feuerwehren, bis diese Menge erreicht wird."
Ähnlich verhält es sich bei Bränden, bei denen Atemschutzgeräteträger zum Einsatz kommen, wie Kommandant Andreas Büttner aus Karlstadt bestätigt. Werde davon eine bestimmte Anzahl gebraucht, "dann holt sich der Computer so lange Einsatzfahrzeuge, bis er die zusammen hat". Ab Eintreffen des ersten Fahrzeugs geht die Verantwortung für das weitere Vorgehen, so erklären Büttner und Nees, dann auf den Einsatzleiter über.
Das Sagen hat der Einsatzleiter vor Ort
Die LRA-Pressesprecherin dazu: "Sobald das erste Fahrzeug an der Einsatzstelle ankommt, verschafft sich der erste Führungsdienstgrad einen Überblick, er beurteilt die Lage und wägt ab, ob er noch zusätzliche Einsatzmittel benötigt oder er einige Kräfte wieder abbestellen kann, wenn sich die Lage vor Ort anders darstellt als im Notruf angegeben." Werden weitere Kräfte benötigt, werden diese über die Leitstelle angefordert und von dort aus alarmiert.
Laut Nees und Büttner kann der Einsatzleiter über die ILS aber auch eine bestimmte Feuerwehr anfordern, weil diese ausreichend Einsatzmittel an Bord hat, sodass der Computer nicht mehrere weitere Wehren alarmieren muss. Laut Landratsamt wird die Alarmierungsplanung ständig aktualisiert. "Baustellen, Straßensperrungen, neue Geräte der Feuerwehren und des THW und so weiter werden immer berücksichtigt."
Für die Fortschreibung des Plans ist im Landratsamt das Sachgebiet Sicherheits- und Gesundheitsrecht zuständig. Es wird, so schreibt die Behörde, "unter anderem von der ILS, dem Kreisbrandrat, der Kreisbrandinspektion und den Kommandanten der Feuerwehren unterstützt". Ob die Alarmierungsplanung passt, ist nicht nur eine Frage von Baustellen oder neuen Geräten. So spielt etwa eine Rolle, ob eine Feuerwehr tagsüber überhaupt das im ILS-Rechner hinterlegte Einsatzpotenzial leisten kann oder eben nicht, weil viele Aktive der Ortsfeuerwehr auswärts arbeiten. Auch die angenommenen Fahrzeiten zum Einsatzort müssen sich in der Realität bestätigen oder abgeändert werden.
Arbeitskreis mit Kommandanten
Das heißt, die Erfahrung der Kommandanten vor Ort ist wichtig. Sie wurden bei der Erstellung des Alarmierungsplans, wie die Recherche ergab, aber in der Vergangenheit kaum zu Rate gezogen. Es lohnt ein Blick nach Oberfranken: Im Landkreis Bamberg hat das Landratsamt zur Alarmierungsplanung der Feuerwehr gemeinsam mit der Kreisbrandinspektion einen eigenen Arbeitskreis gebildet, in dem auch einzelne Kommandanten vertreten sind.
"Grundlegende Entscheidungen werden in diesem Kreis beraten", informiert der Sprecher des Landratsamtes Bamberg. Und weiter: "Änderungen der Bereichsfolgen werden von der Kreisbrandinspektion unter Beteiligung der betroffenen Kommandanten durchgeführt, soweit dies zweckmäßig und erforderlich ist. Die Einsatzmittelketten und Bereichsfolgen können von den Kommandanten bei der Kreisbrandinspektion angefragt werden."