Wohl jeder in Unterfranken kennt es: das Lied vom "blauen Klääd". Es ist untrennbar verbunden mit der Anfang Oktober verstorbenen Barbara Stamm – und natürlich seinen Schöpfern, den "Gebrüdern Narr" Winfried Hain (86), Bruno Gold (75), Hans-Jürgen "Joe" Döll-Kade (64), Oskar Amersbach (86) und Horst Schmucker (2014 verstorben). 2007 verabschiedete sich die beliebte Truppe von "Fastnacht in Franken". Sie war seit der Premiere 1987 fester Teil der BR-Erfolgssendung. Gold und Döll-Kade standen noch bis 2017 als Mitglied der Gesangsgruppe "Parodis" auf der Veitshöchheimer Bühne.
Zu Barbara Stamm hatten die Fasenachter stets eine besondere Beziehung. Man habe sich immer noch zu Geburtstagen gesehen, erzählt Winfried Hain, Kopf der Karlstadter Gruppe, die einst aus dem Singkreis Karlstadt hervorgegangen war. Zum Gespräch mit dieser Redaktion sind die "Gebrüder Narr" nach all den Jahren wieder zusammengekommen. Nur einer fehlt: Horst Schmucker, der 2014 gestorben ist.
Dass die Vier immer noch bekannt wie bunte Hunde sind, wird beim Fototermin auf dem Karlstadter Marktplatz deutlich: Passanten bleiben stehen und schmunzeln, einer nutzt die seltene Chance und schießt ein Handyfoto – "für Facebook". Das Posen haben sie auf jeden Fall noch nicht verlernt.
Im Interview sprechen die ehemaligen "Gebrüder Narr" über ihre Anfänge im Fasching, missglückte Auftritte und natürlich das blaue Kleid – das mittlerweile im Deutschen Fastnachtmuseum in Kitzingen hängt.
Oskar Amersbach: Ich auf jeden Fall! Ich trete beim Mühlbacher Fasching mit der Gruppe "O-W" auf. Wir sind Oskar und Willibald.
Winfried Hain: Ich bin noch Mitglied der KaKaGe (Karlstadter Karnevals Gesellschaft) und gehe auch noch zu den Sitzungen, wenn es passt.
Bruno Gold: Ich war vor Corona jedes Mal dabei, auch zu den Proben. Seit 2020 durfte man aber nicht mehr zu den Proben kommen und im ersten Corona-Jahr war ja auch kein Publikum da. Heuer schau' ich mir die Sendung daheim auf dem Sofa an – mit einem Fläschle Wein dazu.
Hain: Auch wir anderen waren schon noch öfter da. Vor allem auch nach der Sitzung haben wir mitgefeiert. Eben bis zur Pandemie.
Gold: Genau. 2020 waren wir mit der Barbara ja noch bis früh am Morgen in der Bäckerei Weber gesessen.
Hans-Jürgen Döll-Kade: Seit 2018 habe ich die Sitzung immer zu Hause angeschaut. Das war für mich ja auch irgendwie neu, das als Fernsehzuschauer zu erleben. Das ist ganz anders, als hinter den Kulissen zu sein: Man bekommt da von der Sendung relativ wenig mit, weil man sich ja auf den Auftritt vorbereiten muss. Interessant war auch zu sehen, wie die Sendung in den beiden Corona-Jahren gestaltet wurde, ohne Publikum und aufgezeichnet. Da haben sie wirklich das beste draus gemacht. Am Freitag wird die Sitzung wohl wieder wie gewohnt ablaufen.
Hain: . . . und das andere Mal war sie krank, hatte eine Hüft-OP. Da haben wir ihrer Tochter blaue Krücken überreicht. Das war auch die Zeit des Rinderwahnsinns, als Stamm als Gesundheitsministerin zurücktreten musste.
Amersbach: Danach wollte sie eigentlich aufgeben. Da sind aber sicher auch ein bisschen wir dran Schuld, dass sie weitergemacht hat (schmunzelt).
Amersbach: Winfried hat einmal gesagt: Barbara, dein blaues Kleid gefällt mir von Jahr zu Jahr besser. Daraus hat sich dann der Running-Gag entwickelt.
Hain: Das kam so gut an, dass dann jeder in der Sendung darauf gewartet hat: Was bringen sie der Stamm wohl heute? Wir haben uns dann jedes Jahr etwas Blaues überlegt, das wir ihr schenken könnten: Das blaue Kleid zu ihrem 60. Geburtstag, Boxhandschuhe, Kissen, ein Bügeleisen, eine Trompete, einen Pyjama und was noch alles.
Döll-Kade: In allen Sendungen haben wir das Finale gemacht und in vielen auch das Intro. Horst hat den Songtext zu "Feierabend" geschrieben und zu vielen Eingangsliedern.
Hain: Ja, Horst fehlt uns sehr.
Amersbach: Er war einer der besten Tenöre, ein Ausnahmetalent.
Döll-Kade: Ich glaube, es war rechtzeitig. Viele Leute verpassen den Zeitpunkt, an dem sie aufhören sollten. Nämlich dann, wenn es am schönsten ist. Wir haben nicht erlebt, dass die Leute gesagt haben: "Ach, die schon wieder – wir können es nicht mehr hören!" Nach 20 Jahren hat das dann auch gepasst.
Gold: Als wir 2017 dann auch als "Parodis" aufgehört haben, haben wir Barbara noch mal das blaue Kleid überreicht. Quasi als endgültiger Schlussstrich.
Hain: Angefangen hat eigentlich alles in Karlstadt. Hier sind wir auch das erste Mal als "Gebrüder Narr" aufgetreten. Diese Zeit hat uns schon sehr zusammengeschweißt, wir sind in ganz Deutschland aufgetreten, hatten hunderte Auftritte. Daran haben wir viele schöne Erinnerungen. Oft sind wir erst morgens heimgekommen. Wir hatten einfach eine Gaudi – auch bei den Proben.
Amersbach: Wisst ihr noch, als der Horst in Karlstadt den D-Zug nach Braunschweig angehalten hat? Das war ein Sonderhalt, wir mussten in zwei Minuten drin sein. (lacht)
Döll-Kade: Da gab es einen Gesellschaftswagen, in dem getanzt wurde. Da war ordentlich Party. Ich kann mich auch noch an einen Auftritt im Bierzelt beim Starkbieranstich in Landshut erinnern: Da haben wir sogar abgebrochen, weil uns niemand zugehört hat. Das war einer der schlimmsten Auftritte.
Gold: Winfried und Joe hatten am meisten zu tun mit Text und Musik.
Döll-Kade: Wir haben immer vor Weihnachten mit den Gesangsproben angefangen.
Gold: Wobei man sagen muss: Den Auftritt bei "Fastnacht in Franken" haben wir ja so nur fürs Fernsehen gemacht. Wenn wir woanders unterwegs waren, haben wir ein anderes Programm gehabt. Dann auch angepasst auf die Politiker vor Ort – das ist ganz wichtig! Vor jedem Auftritt saßen wir dann da und haben die Namen neu reingeschrieben, rausgestrichen oder überklebt.
Döll-Kade: Wir waren meist die ersten, die in den Hallen waren, um alles zu testen. Und die letzten, die von der Bühne gegangen sind, weil wir oft einen der letzten Auftritte hatten. Dazwischen sind dann Texte ausgebessert worden. Und wir hatten oft zwei Auftritte: Einen als "Gebrüder Narr" mit Frack und Zylinder und einen als "Drei Hainis" mit Band.
Gold: Wir waren stets die gleiche Truppe und sind nie unter die Gürtellinie gegangen.
Amersbach: Obwohl wir schon scharf waren – aber nie zu viel.
Döll-Kade: Man muss noch schmunzeln können. Scharfe Kritik kann man auch elegant in einem Witz verpacken.
👍👏