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Arnstein
Erneuter Warnstreik legt die Produktion bei MIWE in Arnstein lahm: Verhandlungen vorerst gescheitert
Nach dem ersten Warnstreik im Herbst 2023 war das Unternehmen in die Verhandlungen eingestiegen, doch diese blieben ergebnislos. Die Sorgen der Belegschaft scheinen zu wachsen.
Teile der Belegschaft des Backautomatenherstellers MIWE streikten am Donnerstag vor den Werkstoren in Arnstein und legten damit die Produktion lahm.
Foto: Tabea Goppelt | Teile der Belegschaft des Backautomatenherstellers MIWE streikten am Donnerstag vor den Werkstoren in Arnstein und legten damit die Produktion lahm.
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 21.03.2024 02:55 Uhr

Finanzielle Sorgen der Beschäftigten waren das große Thema beim zweiten Warnstreik vor den Werkstoren der Firma MIWE in Arnstein – und viel Zuspruch von mehreren Seiten, weiter auf einen Haustarifvertrag zu bestehen. Dem Streik ging ein Warnstreik im Herbst 2023 voraus, auf den Verhandlungen mit dem Unternehmen folgten. Diese sind allerdings bis Ende Februar 2024 ohne Ergebnis geblieben, heißt es vonseiten der IG Metall.

Die Gewerkschaft fordert nicht nur einen Haustarifvertrag, sondern auch eine Lohnerhöhung, die der Hersteller von Back-Automaten bereits vergangenes Jahr zugesagt und wieder zurückgezogen habe. Für eine Erfüllung der Gehaltszusage klagen einige Beschäftigte nach Informationen der IG Metall nun vor dem Arbeitsgericht. Außerdem halten Betriebsrat und Gewerkschaft an der Forderung nach einer Inflationsausgleichszahlung unabhängig von der Kassenlage des Unternehmens fest. Die Löhne bei MIWE sollen rund 20 Prozent unter den gängigen Tariflöhnen liegen.

Deutlich weniger Beschäftigte als beim letzten Streik versammelten sich vor den Werkstoren: Statt 200 waren es nur 100 der rund 600 Beschäftigten. Die Produktion stand damit am Donnerstagmorgen trotzdem still, erklärt Norbert Zirnsak, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Würzburg. Beim letzten Mal hätten zwei Schichten gestreikt, diesmal sei es nur die Frühschicht. Dahinter stecke eine Strategie der Gewerkschaft: "Wir signalisieren dem Unternehmen: Wir ziehen noch nicht alle Karten, die wir haben."

Streit um ein Unternehmensgutachten landete vor Gericht

Bei der IG Metall sei es gute Tradition, sich gegenseitig zu unterstützen, so Zirnsak in seiner Rede vor den Streikenden. Delegationen der Betriebe Warema, Procter & Gamble, Brose und Dematic waren vor Ort und sprachen ihre Unterstützung aus. "Wenn die Familie Wenz nicht einlenkt, werden wir mit den Kollegen aus anderen Gewerkschaften vor das Rathaus ziehen", so Zirnsak.

Betriebsratsvorsitzender Gürcan Erdinc sprach erneut die Drohungen an, die im Unternehmen gefallen sein sollen: "Mitarbeiter werden unter Druck gesetzt und denunziert. Das lassen wir nicht zu", versicherte er. 

Betriebsratsvorsitzender Gürcan Erdinc (von links) und Norbert Zirnsak, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Würzburg, sprachen der Belegschaft Mut zu.
Foto: Tabea Goppelt | Betriebsratsvorsitzender Gürcan Erdinc (von links) und Norbert Zirnsak, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Würzburg, sprachen der Belegschaft Mut zu.

"Wir wollen schwarz auf weiß sehen, wie es um die Firma steht. Aber das wird uns ja vom Betrieb verweigert", sagte Erdinc. Jüngst habe sich der Wirtschaftsausschuss Einsicht in ein Bankgutachten erklagt, erklärt Zirnsak. Noch liege der Belegschaft das Dokument aber nicht vor. Daraus ließe sich ableiten, in welche Richtung das Unternehmen in Zukunft gehe und ob die Produktion am Standort Arnstein verbleiben werde, glaubt Zirnsak.

Alexander Thauer, Betriebsratsvorsitzender bei Warema, zeigte sich entsetzt über das Vorgehen der Unternehmensleitung: "Dass ihr euch Informationen erstreiten müsst, die euch gesetzlich selbstverständlich zustehen, ist absurd", sagt er. Jonas Schneider, Regionalsekretär der DGB Unterfranken, sprach im Namen der anderen Gewerkschaften Mut zu. "Einen Haustarifvertrag zu erstreiten, ist eine riesige Leistung", sagte er. Schneider habe Respekt davor, dass die Beschäftigten etwas riskieren und nicht einfach in einen anderen Betrieb wechseln würden.

Die Zukunft der Verhandlungen ist derzeit ungewiss

Immer wieder redete Zirnsak der Belegschaft gut zu: "Der Kampf um einen Tarifvertrag hier wird kein 100-Meter-Lauf sein", sagte er. Der Streik sei ein Recht der Beschäftigten, sie sollten sich nicht einschüchtern lassen. Die Notwendigkeit der Lohnerhöhung betonte er vehement: "Niemand kann es sich leisten, hier nachzugeben."

Das bestätigte Rainer Kirchschlager (58), der seit 34 Jahren im Betrieb ist. "Manchmal habe ich schlaflose Nächte." Geldsorgen würden ihn dann einholen, und die Sorge um die Zukunft seiner Söhne, die beide im Betrieb ihre Ausbildung gemacht haben. "Ich hoffe, dass es bald vorbei ist, und man sich wieder auf die Arbeit konzentrieren kann." 

Mario Hümmer (47) ist seit seiner Ausbildung im Betrieb und beobachtet, dass die Belegschaft immer älter werde und junges Personal das Unternehmen verlasse. "Wir waren früher stolz, dass wir hier arbeiten dürfen – aber momentan fühlt es sich so an, als wären wir das Gespött vom ganzen Landkreis." 

Die Zukunft der Verhandlungen ist derzeit ungewiss: Ohne ein "ordentliches Angebot" setze er sich nicht mehr an einen Tisch mit Interimsmanager Michael Hagmann und Inhaberin Sabine Wenz, erklärte Zirnsak. Die Klagen vor dem Arbeitsgericht könnten derzeit allerdings noch zurückgezogen werden, sollte die geforderte Lohnerhöhung erfolgen. Andererseits würde er aber auch einen unbefristeten Erzwingungsstreik erwägen, wenn es "erforderlich würde". 

Vonseiten des Unternehmens heißt es weiterhin, dass Dialogbereitschaft zur IG Metall bestehe, MIWE sich aber nicht zu den Tarifverhandlungen äußern werde. 

 
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