
Die Schwächsten im Straßenverkehr "fallen hinten runter", sagt Michael Zimmer, Leiter der Polizeiinspektion Marktheidenfeld. "Kinder haben im Grundsatz keine Lobby, außer ihren Eltern." Anders ist dies etwa bei Auto- oder Radfahrern. Für deren Rechte und Interessen setzen sich Verbände ein.
Das habe vor allem Auswirkungen auf die Sicherheit des Schulwegs. Im Jahr 1978, als zum ersten Mal entsprechende Zahlen erfasst wurden, verunglückten in Deutschland 1449 Kinder auf dem Schulweg tödlich. 2020 war die Zahl dreißig Mal niedriger, so die Deutsche Verkehrswacht. Auch wenn es im Raum Marktheidenfeld seit vielen Jahren keine Schulwegeunfälle gegeben hat, sei es enorm wichtig, dass Kinder im Straßenverkehr geschützt und für Gefahren sensibilisiert werden, so Zimmer.
Große Veränderungen im Leben eines Schulanfängers
Regen, Nebel und Dunkelheit beeinträchtigen im Herbst, mit Beginn eines neuen Schuljahres die Sicht von Auto-, Bus- und Lastkraftwagenfahrer. "Sie sind in einer solchen Situation vielen Reizen ausgesetzt. Da sollte man alles Mögliche tun, was Kinder als die kleinsten und schwächsten Verkehrsteilnehmer hervorhebt", so Zimmer.
Neben Reflektorstreifen an Schulranzen und Kleidung sowie hellen Jacken sei es wichtig, den neongelben Sicherheitskragen, den alle Schulanfänger geschenkt bekommen, zu tragen. Vor allem für Erstklässler ändert sich mit dem ersten Schultag vieles. Auf ihrem Schulweg müssen sie stark befahrene Straßen überqueren, den Schulbus benutzen oder Zebrastreifen und Ampeln queren.
Den Schulweg vor der Einschulung einüben
Weil Kinder den Verkehr noch nicht richtig einschätzen können und sich leicht ablenken lassen, ist besondere Vorsicht geboten. "Es ist wichtig, dass sie zusammen mit ihren Eltern den Schulweg mehrfach üben.", so Zimmer. Die Erwachsenen können so auf mögliche Gefahren und Besonderheiten entlang der Wegstrecke hinweisen.
Oftmals in Eile brächten viele Eltern ihre Grundschulkinder mit dem Auto. Barbara Streng, Sachbearbeiterin für Verkehrsaufgaben bei der Polizei Marktheidenfeld und Vertreterin der Gebietsverkehrswacht, rät, Stoßzeiten zu vermeiden: "Wenn Sie zehn Minuten früher losfahren, hilft das, die Situation zu entspannen."
Noch besser sei es, auf das Elterntaxi zu verzichten und das Kind auf dem Schulweg zu begleiten oder es die Strecke alleine gehen zu lassen. Nur wenn Kinder aktiv am Straßenverkehr teilnehmen, können sie Verhaltensregeln erlernen und sich sicher bewegen.

Verkehr sollte nach Meinung der Polizei entschärft werden
Eine Problemstelle sei die Marktheidenfelder Ludwigstraße auf Höhe der dortigen Grundschule, erklärt Streng. Der Hol- und Bringverkehr fließe dort vor allem am Morgen zwischen 7.45 und 8 Uhr schlecht ab. "Die Verkehrsführung ist unglücklich und hält viele Gefahrensituationen bereit", sagt sie. Wenn Autos aus den an der Straße liegenden Parkplätzen rückwärts ausscheren oder vom Straßenrand anfahren, birgt das immer wieder Unfallrisiken. Streng hofft, dass dies mit den baulichen Veränderungen, die an der Grundschule anstehen, entschärft wird.
In den umliegenden Orten sei die Situation besser. Als Beispiel nennt sie Lengfurt und Kreuzwertheim, wo in der Nähe der Schulen kein Durchgangsverkehr herrsche. Unter anderem in Marktheidenfeld seien Schulweghelfer wichtig. Eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn begleiten Eltern, Großeltern und andere Ehrenamtliche die Grundschüler über die Straße. Sie sind – ebenso wie Schulbusbegleiter – auch an den Grundschulen in Bischbrunn, Karbach, Urspringen und an der Privatschule "Lern mit mir" in Esselbach im Einsatz.
Schulweghelfer werden von Eltern angepöbelt
Immer wieder komme es vor, dass sie vor allem von Männern angepöbelt werde, erzählt eine Mutter, die das Ehrenamt regelmäßig seit zwei Jahren ausübt. Sie habe sich zum Beispiel schon anhören müssen, dass sie nicht weisungsbefugt sei – und das von Vätern, die ihre Kinder zur Schule brächten. Sie sagt, sie wünsche sich mehr Rücksichtnahme, schließlich begleite sie auch deren Kinder über die Straße – während ihrer Freizeit und ohne Entlohnung.
Barbara Streng weiß von diesem Verhalten. Sie rät den Schulweghelfern, die Kennzeichen zu notieren, damit sich die Polizei darum kümmern kann. Sie sagt, dass der Einsatz der Schulweghelfer von den meisten Autofahrern als hilfreich empfunden wird. "Auch Verkehrszeichen alleine wirken oft nicht ausreichend. Besser ist es, wenn jemand von der Polizei vor Ort ist", sagt Zimmer. Das könne man aber nicht immer leisten.
Doch gerade in der dunklen Jahreszeit unterstützt Barbara Streng des Öfteren die Schulweghelfer. Sie weist sie eine Mutter darauf hin, ihre Kinder in Richtung Gehweg aus dem Auto steigen zu lassen. Die Erstklässlerin, die ihren Sicherheitskragen trägt, wird gelobt. Und dem Vater, der am Straßenrand hält, zeigt Streng, dass zum Schutz der Kinder dort absolutes Halteverbot herrscht. Das ist mit einem Verkehrsschild und einer auf die Fahrbahn gemalten gezackten Linie gekennzeichnet.
Super-Idee.
Die nur leider nicht berücksichtigt, dass die allermeisten Eltern das vmtl. nicht aus Jux und Tollerei machen, sondern weil es anders schlecht mit den eigenen Arbeitszeiten o. ä. unter den Hut zu bekommen ist. Linderung des "Chaos" ist aber in Sicht - die Geburtenrate liegt zzt. bei ca. 1,35 Kindern pro Frau und ist weiter rückläufig (Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/statistik-geburtenrate-sinkend-100.html).
Kann natürlich sein, dass es wieder schlimmer wird, wenn noch mehr Schulen zugemacht werden und die Kinder aus noch weiterem Umkreis "anreisen" müssen... ich finde es mit Verlaub eine Frechheit, Ursache und Wirkung zu verkehren/ die Eltern für die verkorkste Politik verantwortlich zu machen und darüber hinaus am besten auch noch zu Reparaturarbeiten an den maroden Schulgebäuden heranzuziehen. Wundert es wirklich jemanden, dass immer mehr Leute sich die Kinder "sparen"?!
Grundsätzlich sollten die Straßen um Schulen als Rettungswege und Feuerwehranfahrtszonen einschl. absolutem Haltverbot zu den Schulöffnungszeiten ausgeschildert werden.
Das schafft den nötigen Freiraum für Rettungskräfte und kann wirksam gegen Elterntaxis sein.
Übrigens: es ist auch für (Helikopter)Eltern durchaus gesund, ein Mal ein paar Meter zu Fuß zu gehen- wenn man schon den eigenen Sprösslinge nicht mehr zutraut, was früher "normal" war - einen Schulweg zu Fuß