Was für ein Visionär ihr verstorbener Mann Peter Grimm war, sei ihr erst im Nachhinein klar geworden, sagt Margret Grimm-Wagner. Auch wenn auf seinem Grabstein "Solar-Pionier" steht. Die Chefin der Lohrer Georg Wagner GmbH & Co. (Elektro Wagner) hat zuletzt, als Wärmepumpen plötzlich in aller Munde waren, immer wieder an die Leistung ihres Mannes zurückdenken müssen. "Wärmepumpen sind doch ein alter Hut", dachte sie sich.
Denn ihr Mann nahm schon 1979 erste, in Frankreich produzierte Wärmepumpen unter dem eigenen Markennamen "WALO" ins Programm. Unter dem Namen wurden ab 1953 von ihrem Vater Georg zunächst Ölbrenner und ab Mitte der 1970er in Steinfeld auch Solarkollektoren hergestellt. Die Firma Wagner gehörte später zu den führenden Herstellern von Solarsystemen in Deutschland. Heute ist das Unternehmen ein reiner Handwerksbetrieb, der Elektroinstallationen macht, früher gab es den Produktionsbereich als zweites Standbein.
Vom Pionier bei Ölbrennern zum Pionier bei Solarthermie und Wärmepumpen
Wagner war schon als erster deutscher Hersteller von Ölbrennern, damals noch am Lohrer Kaibach, ein Pionier und später, dank Peter Grimm, auch bei Solarthermie, Solarspeichern und Wärmepumpen. Schon 1979 stellte die Firma auf der ISH in Frankfurt, der Internationalen Sanitär- und Heizungsmesse, der wichtigsten ihrer Art, ein Komplettsystem aus Kollektoren, Wärmepumpe und Solarspeicher vor. 2021 ließ Margret Grimm-Wagner zum 75-jährigen Bestehen der Firma eine Chronik erstellen. "Da bin ich nach und nach zur Erkenntnis gelangt: Das ist ja ein Wahnsinn, was mein Mann gemacht hat", erzählt sie. Inzwischen bewundere die 74-Jährige ihn dafür mehr denn je.
Anfangs hielt sich ihre Begeisterung für Solartechnik in Grenzen, gibt sie zu. Sie führte gemeinsam mit ihrem Mann die Geschäfte und sei eher ein Zahlenmensch, weshalb sie sich zu Beginn über den Solar-Spleen ihres Mannes, wie sie es empfand, aufgeregt habe. "Das waren ja unglaubliche Ausgaben am Anfang." Wirtschaftlich sei es anfangs "ganz einfach eine Katastrophe" gewesen. Neue Solarkollektoren mussten etwa für "etliche Tausender" zunächst vom TÜV abgenommen werden.
Der Einstieg in die erneuerbaren Energien kam mit der Ölpreiskrise 1973, als sich der Ölpreis nach den Aufzeichnungen der Firma versechsfachte. Ihr Mann leitete damals die Ölbrennerproduktion in Steinfeld und habe gemerkt, dass die Ölbrenner schon nicht mehr so gut liefen. Also habe er sich auf erneuerbare Energien konzentriert. Sonnenkollektoren waren schon aus Ländern wie Israel bekannt, aber hierzulande Neuland. Peter Grimm tüftelte und probierte mit seinem Team, bis sie einen ersten Kollektor entwickelt hatten.
Die Geschäftsführerin erzählt von der Gewerbeschau in Lohr 1976, auf der die Firma einen Sonnenkollektor vorstellte und zur Veranschaulichung Glühbirnen darüber montiert hatte. Eine Besucherin habe gefragt: "Kriegt man die Glühbirnen bei Ihnen auch nach?" Die Leute seien interessiert gewesen, aber Solaranlagen waren etwas ganz Neues.
"WALO" war ein bundesweiter Vorreiter bei Solarthermie und Wärmepumpen
Im 1980 erschienenen Buch "Fünfzig deutsche Sonnenhäuser" über Solaranlagen von 1974 bis 1978 waren gleich zwei "WALO"-Anlagen mit dabei. Solarthermie diente damals hauptsächlich für Warmwasser, aber auch schon zur Unterstützung der Zentralheizung. Eine "WALO"-Anlage im genannten Buch war eine Brauchwasser-Schwimmbadanlage in Lohr.
Zu Beginn war es ein Auf und Ab. Schon 1979 seien über 4000 Sonnenkollektoren in Steinfeld produziert worden, aber erst ab 1983 lief es nach Aussage der Chefin gut. Ab 1984 hat die Firma nur noch Solaranlagen hergestellt. Die Anlagen wurden sogar nach Tunesien, in den Sudan oder Argentinien geliefert. Ein ganz starker Markt war Südtirol, wo die Firma Marktführer war.
Der Vertrieb fand über freie Handelsvertreter und rund 300 Heizungsfachgroßhändler statt. Irgendwann waren die Produktion und der Vertrieb von Wärmepumpen und extra nach ihren Vorstellungen in Italien produzierten Solarspeichern das stärkere Standbein der Firma. Aus England bezog das Unternehmen spezielle Sonnenkollektoren für Schwimmbäder. Die Firma schulte bei zweitägigen Seminaren Handelsvertreter und Heizungsbauer zu Wärmepumpen und Solartechnik.
Solartechnik bis 2001 ein Standbein der Lohrer Firma Georg Wagner GmbH & Co.
Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes 1995 führten Margret Grimm-Wagner und Sohn Bodo Grimm die Solartechnik noch sechs Jahre weiter. Schließlich wurde die Produktion 2001 eingestellt. Es hätte neue Produkte gebraucht, mit dem Tod ihres Mannes habe allerdings der Motor gefehlt, sagt die Witwe. Wärmepumpen waren schon zuvor nicht mehr so gefragt gewesen, billiges Gas und Öl waren eine starke Konkurrenz, weshalb man deren Vertrieb irgendwann einstellte. Die rund ein Dutzend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Produktion in Steinfeld wurden überwiegend im Elektroinstallationsbetrieb weiterbeschäftigt. Die Halle am Steinfelder Ortstrand Richtung Stadelhofen ist seit 2001 vermietet, heute an den Bio-Gemüse-Händler Georg Thalhammer.
In Steinfeld stehe ein Haus mit einer "WALO"-Solarthermieanlage von 1976, die immer noch laufe. "Was will denn da kaputt gehen?", fragt die Wagner-Chefin.
Dort werden diese Technologien massiv mit Subventionen gefördert, aber bei uns ist das ja böse. Schließlich regiert in China und den USA ja auch nicht die FDP mit.