Nach der Ehrenbürgerwürde ist der Ehrenring die zweithöchste Auszeichnung der Stadt Gemünden. Mit dem silbernen Ring in Form eines Siegelrings mit dem Wappen der Stadt, dem Namen der Empfängerin oder des Empfängers und dem Jahrestag der Verleihung sollen besondere Verdienste für das Allgemeinwohl gewürdigt werden. Die 2009 eingeführte Auszeichnung wurde nun in der Scherenberghalle den langjährigen Stadträten Irmgard Pröschl und Dr. Gerhard Köhler zuteil, die sich zudem ins Goldene Buch der Stadt eintragen durften.
Bürgermeister Jürgen Lippert sagte in seiner Laudatio, dass ein Ehrenring unter normalen Umständen bei einem gesonderten Festakt verliehen würde, wie es die städtische Satzung bei Ehrungen vorsieht. "Doch den Virus interessiert diese Vorgabe nicht", so Lippert. So wurden die Ehrenringe am Montag zu Beginn der Jahresschlussitzung des Stadtrats verliehen.
Nur zehn lebende Personen dürfen gleichzeitig Träger oder Trägerin des Ehrenrings sein, außer den zwei nun Ausgezeichneten sind dies derzeit Schwester Ursula Falk vom Kreuzkloster, der ehemalige Zweite Bürgermeister Günther Metz, Peter Hofmann, der sich um die Alte Kirche in Wernfeld verdient gemacht hat, und Lotte Bayer, die unter anderem im Historischen Verein Gemündens aktiv ist. Lebende Ehrenbürger sind die zwei altgedienten Kommunalpolitiker Hedwig Wiesmann und Hubert Schuster.
Lippert: ehrenamtliche Arbeit besonders heute wichtig
Am 22. März bereits hatte der Gemündener Stadtrat entschieden, Irmgard Pröschl und Gerhard Köhler den Ehrenring zu verleihen. Die beiden hätten sich "weit überdurchschnittlich ehrenamtlich engagiert", so Lippert. Dies sei besonders in der heutigen Zeit wertvoll, in der "Werte wie Nächstenliebe, Zusammenhalt und Solidarität leider an Bedeutung verloren haben" und es leider weit verbreitet sei, "sich nur noch um die Durchsetzung der eigenen Interessen zu kümmern". Dabei stelle sich die Frage, ob der so hoch gehaltene Begriff "Selbstverwirklichung" nicht eher ein anderes Wort für "Egoismus" sei.
Pröschl, geboren am 6. März 1949 in Ochsenthal, Mutter von drei Kindern und fünfmalige Großmutter, war früher Briefzustellerin und Betriebsrätin bei der Post. Sie war von Mai 2002 bis zum 30. April 2020 Stadträtin (SPD) und von Mai 2014 bis 2020 Dritte Bürgermeisterin, zudem von 2008 bis 2016 Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses des Stadtrates. Die Zusammenarbeit mit ihr sei "einvernehmlich, gedeihlich und konstruktiv " gewesen, so Lippert.
Aktiv beim ESV und in der Flüchtlingshilfe
Seit Oktober 1999 ist sie Abteilungsleiterin im Bereich Turnen beim ESV Bavaria Gemünden und auch sonst dort engagiert. Sie hat 2010 die Verdienstnadel in Bronze und 2018 in Silber vom Bayerischen Landessportverband erhalten, zudem das Goldene Sportabzeichen 2019 und vergangenes Jahr die kommunale Dankurkunde für besondere Verdienste um die kommunale Selbstverwaltung. 2015 bis 2016 koordinierte sie die Kleiderkammer für Flüchtlinge und ist bis heute in der Flüchtlingshilfe tätig, etwa bei der Wohnungssuche oder bei Behördengängen. Außerdem ist sie seit 2011 ehrenamtlich bei der Gemündener Tafel tätig, seit 2015 als Teamleiterin für die Samstagsausgabe von Lebensmitteln.
Gerhard Köhler, geboren am 9. Oktober 1942 in Karlsbad, hat einen Sohn und war von 1968 bis 2007 Schulleiter des Leo-Weismantel-Förderzentrums Karlstadt/Gemünden. Lippert bezeichnete ihn als "Meister fast aller Klassen". Sein jahrzehntelanges Handeln und Tun sei stets beispielhaft, sei es im Bereich des Gesangs, der Gebietsverkehrswacht, der Historie von Gemünden oder beim Förderkreis der Klosterkirche Schönau. Köhler war von 1972 bis 1984 Kreisrat und von 2008 bis 30. April 2020 Stadtrat für die CSU in Gemünden. Bereits 1986 hatte er die Kommunale Verdienstmedaille des Landkreises Main-Spessart in Silber und 2017 das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste ihm Ehrenamt verliehen bekommen.
Köhler war über 50 Jahre Dirigent und Chorleiter
Von 1966 bis 2019 war er Dirigent bzw. Chorleiter des Gesangvereins "Liederkranz" Wernfeld; er leitete zudem den 1971 gegründeten Männerchor der Siedlervereinigung, der nach 40 Jahren aufgelöst wurde. Ein weiteres Steckenpferd Köhlers, auch "Mister Verkehrswacht" genannt, war die Gebietsverkehrswacht Gemünden, deren Vorsitzender er über 25 Jahre war. Dafür erhielt er 2013 eine der höchsten Auszeichnungen der Deutschen Verkehrswacht, das Ehrenzeichen in Silber. Aktuell ist Köhler immer noch Beisitzer und Ehrenvorsitzender.
Der Gemündener ist zudem Gründer und Vorsitzender des 2013 ins Leben gerufenen Förderkreises Kloster- und Wallfahrtskirche Schönau, deren Erhalt ihm am Herzen liegt. Zuletzt hatte er viel Energie darauf verwandt, den "Nonnenpfad" von Rieneck nach Schönau neu zu erschließen. Köhler setzte sich außerdem erfolgreich für die Widmung der Kastanien-Allee am Josefshaus in Gemünden ein, die nach dem "Pionier der Behindertenarbeit", Johann Michael Herberich, benannt wurde. Auch ein Gedenkstein wurde aufgestellt.
Viel Beifall für die Geehrten
Für die Ausgezeichneten gab es stehende Ovationen. "Ich bin jetzt fünf Zentimeter größer geworden", sagte Pröschl in ihrer kurzen Dankesrede, sie werde den Ring mit Ehrfurcht tragen. Köhler dankte denen, die ihm das Ehrenamt erst möglich gemacht hätten, etwa Sängerinnen und Sänger und Mitstreiter der Verkehrswacht. Ein Ehrenamt fordere nicht nur, so Köhler, man gewinne auch gute Begegnungen, Anerkennung und neue Erfahrungen.