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Aschaffenburg
Mordprozess: Vater der 16-jährigen Mezgin ab heute vor Gericht
14 Verhandlungstermine sind angesetzt: Der 46-jährige Syrer Hashem N. muss sich vor dem Landgericht Aschaffenburg verantworten. Die Anklage lautet Mord - und Mordversuch.
Die 16-jährige Mezgin verschwand am 4. Mai 2017. Im Dezember 2018 wurde ihre Leiche gefunden. Jetzt muss sich ihr Vater vor Gericht verantworten.
Foto: Polizei | Die 16-jährige Mezgin verschwand am 4. Mai 2017. Im Dezember 2018 wurde ihre Leiche gefunden. Jetzt muss sich ihr Vater vor Gericht verantworten.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 18:35 Uhr

Prozessauftakt in Aschaffenburg: Vier Jahre nach dem Tod der 16-jährigen Mezgins steht ab diesem Donnerstag ihr Vater Hashem N. wegen Mordes sowie Mordversuchs vor Gericht. Damit beginnt der vielleicht letzte Akt eines jahrelangen Dramas, das bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Der angeklagte 46-jährige Syrer hatte bereits wegen gewaltsamer Übergriffe auf seine Tochter einen Termin vor Gericht, als Mezgin plötzlich spurlos verschwand – und wenig später auch Hashem N. selbst.

Die 16-Jährige aus Goldbach im Landkreis Aschaffenburg war am 4. Mai 2017 von Verwandten als vermisst gemeldet worden. Mezgin war der Berufsschule nicht nach Hause gekommen. Vergeblich hatte die Polizei unter anderem mit Flugblättern nach der jungen Frau gesucht. Ein Polizeihubschrauber war im Einsatz, ebenso Taucher im Main.

Freund der Tochter in den Hafen gelockt

Vier Wochen später soll der Vater nach Polizeiangaben einen jungen Landsmann, mit dem Mezgin befreundet war, nachts zu einem Treffpunkt in den Aschaffenburger Hafen gelockt haben. Dort soll der Syrer, so die Anklage, versucht haben, den jungen Mann  umzubringen. Kurz darauf floh er in die Türkei. Im Dezember 2018 entdeckten Spaziergänger schließlich ein Skelett im Wald, bei dem es sich um die sterblichen Überreste von Mezgin handelte. Da galt der Vater schon als verdächtig, die 16-Jährige getötet zu haben.

Nach jahrelanger Flucht lieferte die türkische Regierung den 46-jährigen Syrer im vergangenen Herbst nach Deutschland aus. Nach Angaben des Landgerichts Aschaffenburg wird er verdächtigt, den Lebensstil seiner Tochter nicht akzeptiert und sie deshalb im Mai 2017 getötet zu haben - als Strafe und um seine Ehre wiederherzustellen.

Frauenhilfsorganisation spricht von "Form der Selbstjustiz"

Der Frauenhilfsorganisation Terres des Femmes zufolge werden auch in Deutschland immer wieder vor allem muslimische Frauen wegen ihres Lebenswandels getötet. Als vermeintlich "Ehrlose", die nicht den auferlegten Verhaltensnormen nachkommen, würden sie von Familienmitgliedern, die sich zu Wächtern der Sittlichkeit berufen fühlen, attackiert. "Im sozialen Umfeld des Täters wird die Tötung des Opfers als notwendige und angemessene Reaktion auf die begangene Ehrverletzung betrachtet und durch einen entsprechenden Kodex gerechtfertigt", heißt es bei Terres des Femmes. "Es findet eine Form der Selbstjustiz statt."

Aufgrund der Corona-Vorgaben findet der Mordprozess in Schloss Johannisburg in Aschaffenburg statt.
Foto: David Ebener, dpa | Aufgrund der Corona-Vorgaben findet der Mordprozess in Schloss Johannisburg in Aschaffenburg statt.

Die Große Strafkammer des Landgerichts Aschaffenburg als Schwurgericht hat ab diesem Donnerstag insgesamt 14 Verhandlungstermine für den Mordprozess angesetzt. Um trotz der Corona-Pandemie das Verfahren zu ermöglichen, wird im Schloss Johannisburg verhandelt. Auch dort aber ist aufgrund der Corona-Auflagen die Anzahl der Zuschauerplätze stark eingeschränkt.

Mit einem Urteil ist Ende April zu rechnen.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels wurde das Wort "Ehrenmord-Prozess" verwendet. Wir haben dies in das neutrale "Mordprozess" geändert.

 
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  • M. S.
    Hallo Manni, bitte sei so gut und antworte mit dem Kommentar nur sachlich drüberstehend. Danke und Grüße von Dominik. Bei Bedarf gerne mit Lukas besprechen.
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  • L. S.
    Hat nicht eine Grünenpolitikerin gesagt das dies deren Kultur ist und diese sollte von uns geduldet werden?
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  • D. H.
    Mord ist Mord für mich.... mit Ehre hat das wirklich nichts zu tun!!!! Dieses Wort sollte wirklich nicht mehr verwendet werden.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Eine kulturbezogene Erklärung des Begriffs, "Ehrenmord" verfestigt übrigens nur dessen diskriminierenden Gebrauch. In diesem Artikel ist all dies sehr schön und aktuell erklärt; ich empfehle in der Redaktion und Leserschaft der Mainpost zur dringenden Lektüre:
    https://www.zeit.de/kultur/2021-02/mord-frauen-femizid-ehrenmord-justiz-rassismus-10nach8
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  • R. B.
    @Silvaner, verstehen Sie mich bitte nicht falsch, der von Ihnen genannte Artikel beschreibt explizit genau den Unterschied zwischen Femizid und Ehrenmord. Aber bringen wir es auf einen Nenner, jede Frau, welche, aus welchem Grund auch immer, getötet wird, ist eine zu viel.
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  • R. B.
    @Silvaner, "Femizide" sind Tötungen an Frauen, welche durch einen geschlechtsbezogenen Besitzanspruch vollzogen werden. Ausgelöst werden derartige Tötungen in der Regel dann, wenn Männer von ihrer Partnerin verlassen werden oder diese ankündigt, dass sie ihn verlassen wird. Diese Tötungen haben keinen religiösen oder traditionellen Hintergrund. "Ehrenmorde" hingegen haben einen traditionellen und religiösen Hintergrund, welche überwiegend im Kulturbereich des Mittleren und Nahen Ostens beheimatet ist. Ein Mädchen oder eine Frau wird von einem Mitglied ihrer eigenen Familie aus “Gründen der Ehre” getötet, wenn man glaubt, dass sie die Grenzen des gesellschaftlich anerkannten Verhaltens überschritten, ihren guten Ruf gefährdet oder zerstört und damit die Ehre der Familie beschmutzt hat. Als besonders verwerflich gilt der Verlust der Jungfräulichkeit, denn diese muss unter allen Umständen bis zur Hochzeit gewahrt bleiben.
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  • D. E.
    Was ist das von Ihnen Beschriebene denn anderes als Tötung auf Grund von geschlechtsbezogenem Beitz- und Herrschaftsanspruch?
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  • R. B.
    @wiggins, wenn Sie sich mit dem Islam und der Scharia beschäftigen, dann werden Sie den Unterschied verstehen; entscheidend ist die Rolle der Frau im Islam und in der Tradition der Scharia. Sie tun ja beinahe so, als würde ich derartige Morde rechtfertigen. Ich habe versucht den Unterschied zwischen Femizid und Ehrenmord zu erklären. Egal aus welchem der beiden Gründe Frauen getötet werden, beides ist Mord und gehört als solcher bestraft. Leider gabe es in Deutschland Gerichtsurteile, in welchen das Gericht milderere Strafen verhängte, weil es die Herkunft des Täters und seine Tradition als strafmildernd bewertete.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Liebe Mainpost, bitte streichen Sie den verharmlosenden Begriff "Ehrenmord" ein für alle Mal aus Ihrem Wortschatz! Die korrekte Bezeichnung lautet "Femizid" und sie sollte endlich überall durchgesetzt werden.
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