Nach Ostern starteten die ersten Kinder und Jugendlichen aus der Notunterkunft in der Erwin-Ammann-Halle in die Schule. Der Helferkreis hatte sich für die schnelle Einschulung eingesetzt, an der Mittelschule und an der Grundschule Karlburg-Wiesenfeld wurden Kapazitäten geschaffen. Mittlerweile wohnt ein Teil der Kinder im Stadtgebiet und in den Stadtteilen. Im nächsten Schuljahr wird es eine zusätzliche Klasse an einer weiteren Karlstadter Schule geben.
Im vergangenen Schuljahr gab es an der Grundschule in Karlburg bereits eine Deutschgruppe. Dort erhielten die Kinder im Grundschulalter an zwei Tagen gezielt Deutschunterricht, die andere Zeit waren sie in den Regelklassen integriert, erklärt Schulamtsdirektorin Karin Auth.
Jugendliche ab elf Jahren wurden ebenfalls von einer ausgebildeten Lehrkraft für Deutsch als Zweitsprache unterrichtet, hauptsächlich in Deutsch. Das geschah in einer sogenannten Deutschklasse an der Mittelschule Karlstadt, die restliche Zeit fand ihr Unterricht ebenfalls in Regelklassen statt.
Die Kinder sollten möglichst viel Deutschunterricht erhalten, um sich schneller verständigen zu können. Insgesamt habe der Schulalltag funktioniert, so Auth. An der Grundschule habe es Probleme eher im Bereich der Beförderung gegeben. In Karlstadt standen keine Raumkapazitäten zur Verfügung, weshalb nach Karlburg ausgewichen werden musste.
Sprachhindernisse im Schulbus
Die Kinder müssen teils von den Ortsteilen und teils von Karlstadt aus nach Karlburg transportiert werden. Die Stadt Karlstadt organisierte dies mitten im Schuljahr sehr kurzfristig – doch aufgrund der wenigen Deutschkenntnisse konnten die Kinder mitunter die Anweisungen des Busfahrers nicht verstehen. Hier wären Busbegleiter sicher eine gute Unterstützung, schlägt Auth vor.
Im nächsten Schuljahr rechnet das Schulamt mit drei Klassen für geflüchtete Kinder. "Die Zahl ist leider derzeit von niemandem verlässlich oder seriös einschätzbar. Es gab ja vorher schon beständige Zuzüge auch aus EU-Staaten, das ist inzwischen Alltag", beschreibt Auth die Situation.
Sicher ist: Die dritte Klasse wird am Johann-Schöner-Gymnasium (JSG) angesiedelt sein. In die Grundschule in Karlburg werden weiter die Kinder im Grundschulalter gehen, an der Mittelschule werden die Jahrgangsstufen 7 bis 9 unterrichtet und am Gymnasium die Stufen 5 und 6.
Es handelt sich dabei um schulartübergreifende Deutschklassen, die nach Alter eingeteilt werden. Die Schülerinnen und Schüler haben eine Klassenlehrkraft mit festem Stundenplan, dabei Schwerpunkt Deutsch als Zweitsprache. Ziel sei, dass die Schüler möglichst rasch Deutsch lernen und dann in Regelklassen überführt werden können, so Auth. Erst im Anschluss sei es möglich, ihr tatsächliches Leistungsvermögen und damit die geeignete Schulart einschätzen zu können.
Die Realschule bleibt bei den Deutschklassen im nächsten Schuljahr außen vor. Vereinzelt gebe es ukrainische Kinder als Regelschüler an der Schule, erklärt Schulleiter Thorsten Stöhr. Weitere Kinder mit Fluchthintergrund aus anderen Ländern seien ebenfalls an der Schule. Allerdings seien diese meist nicht in den letzten Jahren, sondern etwa 2015 bereits geflüchtet und durchliefen danach die Grundschule in Deutschland.
Den Kindern "echte Integration" ermöglichen
Gerald Mackenrodt, Schulleiter des JSG, lobt die enge Zusammenarbeit mit dem Schulamt und den anderen Schulen. Für die Deutschklasse am Gymnasium erhielt die Schule vom Ministerium Budgetstunden – noch sei offen, ob dazu eine Lehrkraft eingestellt wird oder ob das im Kollegium übernommen werden kann.
Vor zwei Jahren habe es in der Folge des Angriffskriegs auf die Ukraine eine Willkommensklasse und später eine Integrationsklasse am Gymnasium gegeben, im vergangenen Jahr gab es kein solches Angebot. Eine Lehrkraft war jedoch weiterhin für spezielle Stunden wie Englisch-Ukrainisch und Deutsch-Ukrainisch eingesetzt. Für Kinder aus der Türkei, Afghanistan oder Syrien verfügt Mackenrodt über Lehrkräfte mit passendem sprachlichen Hintergrund.
"Das größte Problem ist: Wie bringen wir den Kindern die deutsche Sprache näher?", sagt Mackenrodt. Er möchte ihnen "echte Integration" ermöglichen und bringt die Klasse deshalb im gleichen Trakt wie die anderen 5. Klassen unter. Außerdem schwebt ihm gemeinsamer Sportunterricht und ein Chorangebot für die Jahrgangsstufe vor.
In der Erfahrung mit geflüchteten Kindern haben sich für ihn drei Komponenten herausgestellt, die eine große Rolle beim Erlernen der Sprache und dem Übergang in die Regelklassen spielen. Einmal, wie sehr die Kinder selbst bereit sind, die Sprache schnell zu lernen. Außerdem, wie offen die Eltern sind, die Sprache zu lernen – darauf habe teils die Bleibeperspektive Einfluss. Gerade beim Übertritt auf das Gymnasium sei es zudem schwierig, wenn die Eltern nicht unterstützen können.
Trotzdem konnte etwa die Hälfte aus der Willkommensklasse in die Regelklasse am Gymnasium wechseln. "Wir sehen das wirklich entspannt", sagt er über die zusätzliche Klasse im neuen Schuljahr. Die Kollegen hätten bereits Fortbildungen absolviert. "Da geht niemand unvorbereitet hinein", sagt Mackenrodt. Es beschäftigt ihn dennoch, gibt er zu, wenn er Herkunftsländer wie Afghanistan auf seiner Liste sieht: "Das ist ja auch ein weiter Weg, der hinter den Kindern liegt", sagt der Schulleiter.