
Gemütlich haben es die Barschs in ihrem kleinen Häuschen in Langenprozelten. Im Küchen- und Essbereich gibt es viel Holz, ein altes Küchenbüffet und mosaikartige, unregelmäßige Buntsandsteinplatten an den Wänden verströmen einen heimeligen Charme. Ein Holzküchenofen wärmt fast das ganze Haus. Die alte Treppe aus den 50ern haben sie bewahrt, den Eingangsbereich hat Ulrike Kübert-Barsch vor Jahrzehnten so ansprechend selbst gefliest, dass manche meinen, der Boden stamme noch aus der Bauzeit. Besonders liegen ihr die Dielenböden, die tatsächlich noch original sind, am Herzen. Aber in dem Haus steckt viel Arbeit. "Das war eine Ruine", erzählt die 55-Jährige, die wie ihr Mann Matthias ursprünglich aus Lohr stammt.
Sie waren jung, 24 und 25, und hatten kein Geld, wollten aber nicht weiter zur Miete in Sendelbach wohnen. "Wir können nicht bauen, wir müssen uns irgendeine alte Rumpel kaufen", sagten sie sich. Das Haus in Langenprozelten hatte es ihnen 1993 trotz ungedämmtem Dach, einfach verglasten Fenstern, praktisch nicht vorhandener Heizung, uraltem Bad und feuchtem Keller, in dem der Putz von den Wänden hing, angetan, vor allem wegen der Dielenböden aus Lärchenholz. Für eigentlich zu teure 210.000 D-Mark, geschultert mit einem Darlehen mit damals noch günstigen 7,65 Prozent Zinsen, bekamen sie den Zuschlag.
"In meinem Bekanntenkreis hat jeder die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen", erinnert sich die ausgebildete Floristin und Krankenschwester, die 17 Jahre eine Tierheilpraxis führte. Im 1. Stock wohnte zudem noch eine alte Frau, die nur eine Toilette, aber kein Bad hatte, die später zu ihrer Tochter gezogen sei. Als sie damals mit Freunden auf der Festwoche abends auf den Zuschlag für ihr Gebot anstießen, seien sie beide käseweiß gewesen. "Was haben wir da gemacht?", hätten sie sich gedacht.
Sehr bald wurde ihnen klar, warum im Keller alte Balken lagen: Wenn es richtig regnete, stand dort das Wasser, das durch Rinnen im Boden und durch Löcher in den Wänden abfließen konnte. Wenn etwas trocken bleiben sollte, musste man es auf die Balken stellen. Für die Sanierung des Häuschens hatten sie eigentlich kein Geld eingeplant, als erstes musste wegen des Feuchteproblems allerdings eine Drainage her, was sie "zähneknirschend" angegangen seien.
Weil der aufgegrabene Hof dann eine Schlammwüste war, mussten sie diesen auch gleich noch pflastern. Die Angst, dass sie das alles finanziell nicht schaffen – Unterstützung habe es von daheim nicht gegeben –, war da. Jeden Monat legten sie etwas auf die Seite und sparten für eine Heizung und neue Bäder. Vieles machten sie selbst, Ulrike Kübert-Barsch lernte etwa extra das Fliesenlegen.
Weil die Nachtspeicheröfen nicht wirklich warm machten, stellten sie sich zunächst einen Holzofen ins Erdgeschoss. Die Leute würden große Augen machen, wenn sie erzählt, dass sie zwei Jahre ohne Heizung lebten. 1996 dann kam die Heizung, "die billigste, eine Ölheizung". "Wir waren nicht davon überzeugt, aber wir hatten kein Geld", sagt die 55-Jährige rückblickend. Die Tanks bekamen sie gebraucht. Sie hätte auch noch lange gehalten, aber irgendwann wollten sie die Ölheizung nicht mehr.
Also kamen vor zehn Jahren ein Pelletlager an ihre Stelle und zwei Solarplatten aufs Dach für Warmwasser. "Wir müssen alle ein bisschen mehr für die Umwelt und fürs Klima tun", davon ist sie fest überzeugt. Es sage zwar immer jeder, das lohne sich nicht, aber es sei richtig und ökologisch. Seit vergangenem Jahr haben sie die ganze Südseite des Daches mit Photovoltaik bedeckt. Für ihr ökologisches Haus samt insektenfreundlichem Garten haben die Barschs kürzlich auch die Grüne Hausnummer als Auszeichnung vom Landratsamt bekommen.

Das Haus sei weiterhin kein Niedrigenergiehaus, Außendämmung habe es keine, die Fenster seien nur zweifach verglast, sagt sie. Das Dach immerhin haben sie von innen selbst gedämmt. Trotzdem brauchen sie nicht viel Pellets. Unten laufe nur die Fußbodenheizung im Bad. Der Küchenofen, den sie seit rund 20 Jahren eigentlich nur der Wärme wegen haben, heize durch die dünne Decke sogar den 1. Stock mit. Etwa vier Ster Holz im Jahr reichten ihnen.
Dennoch sagten Gäste: "Ich hab extra wenig angezogen, weil's bei euch immer so warm ist." Ihr Vater habe sie immer gewarnt, dass sie mit einem Holzofen viel Dreck und Arbeit habe, aber sie habe immer einen gewollt. Die alten Holzbalken im Erdgeschoss stammen von einem Abrisshaus in Massenbuch. Die haben sie abgehobelt, abgeschliffen und gegen Holzwurm behandelt. Die Holzvertäfelung im Essbereich hat sie selbst gemacht, den Lehmputz oben drüber eigenhändig aufgebracht.
Den kleinen, zugewucherten Garten fand sie schön, aber die ganzen jungen Eichen mussten weichen. Sie bezeichnet sich als Pflanzen- und Tierfreund, im Haus leben die Barschs mit Katzen und Hunden. Inzwischen steht im Garten ein Gewächshaus und ein Hochbeet, ein Teich ist angelegt, aus dem eine Ringelnatter schon Goldfische geholt habe, Buntsandsteine sind zu zwei kleinen Türmen aufgeschichtet. Ein kleines Gartenhäuschen bauten sie mit alten Balken, Ziegeln und gebrauchten Fenstern selber.
Auf einem außerhalb gelegenen Grundstück haben sie Dutzende Obstbäume und mehrere Hochbeete, mit denen sie Salat und Kohl und Tomaten zieht. "Ich fand den Gedanken des Selbstversorgens immer wichtig." Bekannte könnten das erst seit Kurzem nachvollziehen. Aber sie kenne das so von daheim. Ihre Mutter, inzwischen 85, habe die ganze Familie mit eigenem Gemüse versorgt. Als sie ihre ersten Tomaten kaufen musste, habe sie sich gefragt: "Das ist ja schrecklich, was sind denn das für Tomaten?" Dann sei ihr bewusst geworden, dass Gekaufte alle so schmecken. Seit ihrer Kindheit ist sie außerdem Vegetarierin, weil sie den Geschmack von Fleisch nicht mag.
Im Nachhinein hätten sie auch ein höheres Darlehen geschafft, ist sich Ulrike Kübert-Barsch sicher, aber sie habe damals so gerechnet, dass sie notfalls mit nur einem Gehalt klargekommen wären. Dank Sondertilgungen seien sie nach zehn Jahren schuldenfrei gewesen. Sie hat nach der Grünen Hausnummer Blut geleckt und möchte sich mit ihrem Garten, der ohne Beton auskomme, auch für das Naturgarten-Siegel bewerben. Warum? "Einfach so."