zurück
Schaippach
Am Öko-Haus der Bauers in Schaippach haben auch Tiere ihre Freude
Uschi und Werner Bauer haben ihr Haus in Schaippach kompromisslos ökologisch gebaut. Kleinigkeiten würden sie heute anders machen, aber insgesamt sind sie sehr zufrieden.
Uschi und Werner Bauer haben für ihr ökologisch gebautes Haus in Schaippach 2019 die Grüne Hausnummer erhalten.
Foto: Björn Kohlhepp | Uschi und Werner Bauer haben für ihr ökologisch gebautes Haus in Schaippach 2019 die Grüne Hausnummer erhalten.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:12 Uhr

Es hat Gras auf dem Dach und inzwischen bald 19 Jahre auf dem Buckel. Vermutlich gibt es wenig Häuser in Deutschland, die so konsequent und kompromisslos ökologisch errichtet wurden wie das der Bauers – dieser Satz über das Haus von Uschi und Werner Bauer in Schaippach stand in einem Main-Post-Artikel im Jahr 2005. "Wenn wir selber bauen, wollen wir ein paar Sachen anders machen", sagten sie sich. Vergangenes Jahr bekamen die Bauers als Anerkennung vom Landkreis die "Grüne Hausnummer" für ökologisches Bauen. Auch der Garten zählte, über den sie selbst sagen: "Andere sagen vielleicht, das ist ein bisschen Chaos."

Die Hausfassade aus unbehandeltem Lärchenholz ist über die Jahre etwas angegraut. Aber das macht der Agrarbiologin und dem Geographen, die ursprünglich aus Ludwigsburg stammen, nichts. "Die kriegt eine Patina", drückt es Uschi Bauer, 54, Café-Leiterin in Hohenroth, aus. Begeistert erzählen sie von Fraßspuren, die Wespen und Hornissen beim Sammeln von Material für ihr Nest hinterlassen. "Unser Haus ist halt grau", sagt Werner Bauer, "das gefällt nicht jedem." Müssen die Lärchenbretter irgendwann ausgetauscht werden, können sie dafür einfach kompostiert oder verbrannt werden.

Das Gras auf dem Dach wurde nur die ersten beiden Jahre gegossen

Das Gras auf dem Dach  macht wenig Arbeit. Was übersteht, wird abgenommen, ansonsten wächst es durch die vergangenen trockenen Sommer kaum. Nur die ersten beiden Jahre wurde das Gras gegossen. Auf der Südseite angepflanzter Mauerpfeffer, ein Dickblattgewächs, das auch Fetthenne genannt wird, gedeiht prächtig. Der Aufbau aus Splitt und Mutterboden ist zwölf bis 13 Zentimeter hoch, er dämmt, dient Insekten und heizt sich im Sommer nicht so auf. Die einzige Sorge: "Ich hoffe, dass die Folie dichthält", sagt Werner Bauer, 56.

Der Grundofen macht auch Heizung und Wasser warm.
Foto: Björn Kohlhepp | Der Grundofen macht auch Heizung und Wasser warm.

Viel haben die ehemaligen Hohenrother Hauseltern am Haus selbst gemacht: Gras gestochen fürs Dach etwa, die Fußbodendielen (nur geölt und gewachst) verlegt, das Dach von innen mit Flachs gedämmt. Die mit Holzdübeln zusammengehaltenen Vollholzwände stammen von einer österreichischen Firma. Gedämmt wurde außen ebenfalls mit Flachs und mit Holzweichfaserplatten. Die selbst gemauerten Innenwände aus Lehmbausteinen sollen diverse Schadstoffe binden.

Grundofen liefert Wärme und Warmwasser

Die Bauers sind Idealisten. Sie möchten mit gutem Beispiel vorangehen, fahren wenig Auto, viel Rad. Die Einfahrt ist nicht versiegelt, nur geschottert. Die Klospülung wird mit Wasser aus der Zisterne versorgt. Statt einer Beton-Bodenplatte haben sie ein so genanntes Streifen- und Punkt-Fundament gebaut. So kann auch unter dem Haus Wasser versickern oder es können sich Tiere verstecken. Nur einen Keller gibt's nicht. Ihr Grundofen im Erdgeschoss wird mit sparsamen sechs bis acht Ster Holz aus dem Spessart befeuert und heizt neben Heizkörpern auch das Warmwasser auf. Eine acht Quadratmeter große Warmwasser-Solaranlage unterstützt ihn.

Die kleine Photovoltaikanlage, die sie jetzt auf einem Gestell an der Fassade haben, liefert Strom und schützt zugleich die Fassade und im Sommer die Tomaten vor Regen. 800 Kilowattstunden liefert sie im Jahr, der Verbrauch der Bauers liegt bei etwa 1400. Auch im Garten verfolgen sie einen ökologischen Ansatz. Dort gibt es diverse Haufen, wo Tiere wohnen können, außerdem jede Menge Nistkästen und Insektenhotels, Bäume und Sträucher dienen der Eigenversorgung, aber auch den Vögeln. Sie bauen alles mögliche Gemüse an und halten selbst Hühner. Daneben hat das Ehepaar einen weiteren Garten und eine Streuobstwiese. Für die eigenen Äpfel hat Werner Bauer einen kühlen Erdkeller neben dem Haus gebaut.

Werner Bauer vor dem selbst gebauten Erdkeller im Garten.
Foto: Björn Kohlhepp | Werner Bauer vor dem selbst gebauten Erdkeller im Garten.

"Schon als wir studiert haben, war es klar, dass das Klima sich verändert", sagt Uschi Bauer, die einen Pullover ihres Sohnes aufträgt, auf dem "reduce CO2" steht. Jetzt sei der Aufschrei groß. Bevor sie nach Hohenroth kamen, hatten sie schon drei Sommer lang in den Bergen eine Alp bewirtschaftet. Die Hütten dort überdauerten auch Jahrzehnte. Für sie sei es kein Verzicht und auch nicht schwierig, sich ökologisch zu verhalten.

Was sie heute anders machen würden

Manche Dinge würden sie heute am Haus anders machen. Für die Übergangszeit hätten sie im großen Raum im Erdgeschoss, wo sich Wohnzimmer und Küche befinden, manchmal gern auch einen Heizkörper. Der Pufferspeicher und die Solaranlage könnten den mitheizen, dann bräuchten sie in der Zeit den Ofen nicht. Der Grundofen könnte innen auch ein paar mehr Züge für den Rauchabzug vertragen, damit er schneller Wärme an den Raum und nicht nur an das Wasser abgibt. Im Süden würde Werner Bauer heute Rollläden anbringen. Aber ansonsten sind sie sehr zufrieden mit ihrem Haus.

Ein gar nicht geplanter Spalt unter einem Dachgiebel ist im Sommer eine Schlafstätte für über 100 Fledermäuse. Der Geograph erzählt, dass er dann manchmal draußen sitzt und sie zählt. Eine Plakette "Fledermäuse willkommen" weist ihr Haus als fledermausfreundlich aus – die Fledermäuse finden das ökologische Quartier aber vermutlich auch ohne.

Auf dem Dach der Bauers wächst Gras.
Foto: Björn Kohlhepp | Auf dem Dach der Bauers wächst Gras.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schaippach
Björn Kohlhepp
Dämm-Technik
Gärten
Hausfassaden
Heizkörper
Sträucher
Tiere und Tierwelt
Wasser
Zufriedenheit
Ökoarchitektur und ökologisches Bauen
Ökologie
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • M. M.
    gibt man Altholz an den Recyclinghöfen ab und bejaht auf Nachfrage die Herkunft "Außenbereich", geht das Person davon aus, dass es belastet ist (weil das Holz in der Regel mit Holzschutz vesehen ist). Alles andere muss man erstmal nachweisen. So ist das halt mit unseren strengen Entsorgungsvorschriften... Ich halte das auch für Blödsinn...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. M.
    ob man das Holz der Verkleidung "einfach so" verbrennen oder kompostieren darf? Holz dieser Art gilt als "belastet" und kostet Gebühr, wenn man es bei der Deponie abgeben würde! Macht das Sinn?

    Sortiment A IV:
    Fenster, Fensterstöcke, Fensterläden, Außentüren, Konstruktionshölzer für tragende Teile, Bauhölzer aus dem Außenbereich (Außenwandverkleidungen, Holzbalkone, Holzfachwerk), Bahnschwellen, Leitungsmasten, Sortimente aus dem Garten- und Landschaftsbau (Holzzaun, Rebpfähle, Palisaden, usw.), Gartenmöbel aus Holz, Bau- und Abbruchholz mit schädlichen Verunreinigungen, Altholz aus industrieller Anwendung (Industriefußböden, Kühltürme), Altholz aus Schadensfällen (Brandholz), Kabeltrommeln aus Vollholz (Herstellung vor 1989).

    Altholz der Altholzkategorien A I – A III kann auf den Recyclinghöfen kostenlos abgegeben werden.
    Altholz der Altholzkategorie A IV kann auf den Recyclinghöfen gegen Gebühr entsorgt werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B. K.
    Die Bretter sind aber unbehandelt und deswegen kein A-IV-Holz, das per Definition „mit Holzschutzmitteln behandeltes Altholz“ ist. Normale Außenwandverkleidung ist wahrscheinlich belastet, aber warum sollten die Bretter belastet sein?

    B. Kohlhepp
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten