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Erlenbach
Das Für und Wider eines großen Solarparks bei Erlenbach
Nordöstlich von Erlenbach soll ein 39,5 Hektar große Photovoltaik-Anlage entstehen. Bei einem Informationsabend wurden am Freitag die Interessen der Bürger gehört.
Auf einer 39,5 Hektar großen Fläche nordöstlich von Erlenbach (im Bild hinten), die hier rot umrandet ist, soll ein Solarpark entstehen.
Foto: Heinz Kremen | Auf einer 39,5 Hektar großen Fläche nordöstlich von Erlenbach (im Bild hinten), die hier rot umrandet ist, soll ein Solarpark entstehen.
Dorothea Fischer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 22:40 Uhr

Soll nordöstlich von Erlenbach ein 39,5 Hektar großer Solarpark entstehen? Nachdem dies der Gemeinderat nicht entscheiden wollte, ohne die Interessen der Bürger zu hören, fand am Freitag ein Informationsabend in der Festhalle statt. Mathias Mönkeberg von der Projektierungsfirma 1A-Solar-Projekt GmbH aus Schweinfurt sprach vor rund 50 Gästen über das Bauvorhaben. Berechnungen zufolge soll die Anlage 30 Megawatt peak (MWp) leisten. Damit wird die Spitzenleistung der Anlage beschrieben, die diese unter Standardbedingungen erzielen kann.

Interessenvertreter des Bunds Naturschutz, der Jagdgenossenschaft oder der Ackerland-Eigentümer waren nicht anwesend. Von den amtierenden 14 Gemeinderäten waren acht gekommen, um sich über das Stimmungsbild der Bürger zu informieren.

Klimaschutzbeauftragter für Solarparks

Zu Beginn verlas Bürgermeister Georg Neubauer einige Punkte, die Michael Kohlbrecher, Klimaschutzbeauftragter des Landratsamts Main-Spessart, zusammengetragen hatte. Dazu im weiteren Verlauf mehr. Er sprach sich für den Bau von Solarparks aus. Sie seien ökologisch wertvoller als Ackerflächen und notwendig, um die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen. Gleiches betonte auch Mönkeberg in seinem Vortrag.

Laut dem Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) sei es notwendig, zwischen 2021 und 2030 jährlich unter anderem neue Photovoltaikanlagen mit einer Produktionsleistung von 10.000 Megawatt Strom zu errichten, so Mönkeberg. Auch der Kreistag habe beschlossen, dass der Energiebedarf in Main-Spessart bis 2035 rechnerisch vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden solle, führte Kohlbrecher aus.

Fünfmal so viel Photovoltaik nötig?

Dessen Berechnungen zufolge zeige sich, dass die Photovoltaik-Leistung nach dem Baustopp von Windkraftanlagen noch etwa verfünffacht werden müsse. Dagegen argumentierte Uli Eichenseer, dass Main-Spessart nach Angaben der bayerischen Staatsregierung derzeit bereits knapp 55 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien gewinne.

Allerdings kann der gewonnene Strom nicht gespeichert werden. Mönkeberg sagte, dass dies nicht nötig sei. Es fände keine Überproduktion statt. Anders sah das Johannes Kuhn: Man sehe oft, dass Windräder trotz Wind still stehen würden. "Sind wir unserer Zeit voraus?"

Bayern hat günstige Voraussetzungen für Solarenergie

Bayern verfügt im deutschlandweiten Vergleich über sehr günstige Voraussetzungen zur Nutzung der Solarenenergie. Anhand einer Tabelle zeigte Mönkeberg, dass die Sonneneinstrahlung in Erlenbach bei 1106 Kilowattstunden pro Quadratmeter liegt, was dem bayernweiten Durchschnitt entspricht. Er verglich die Daten mit Werten aus Norddeutschland, wo im Mittel nur 954 kWh/m² erreicht werden.

Kohlbrecher führte an, dass Photovoltaikanlagen auf Freiflächen heute die billigste Art sei, Strom zu erzeugen, was wiederum Steuerzahler und Kunden am wenigsten belaste. Mönkeberg rechnet damit, dass der Stromgestehungspreis der Anlage "Buch" weniger als 4,5 Cent je Kilowattstunde betrage. In den Preis werden alle Kosten, die während der 20-jährigen Laufzeit entstehen, eingerechnet und durch den Ertrag an Solarstrom dividiert. Er führte an, dass Strom aus Offshore-Windanlagen 30 Cent kosten würde und dass von dem billigeren Solarpreis auch der Verbraucher profitieren könnte.

---------> Lesen Sie dazu auch unseren Standpunkt 

Was Mönkeberg jedoch nicht sagt: Der Strompreis wird am sogenannten Spotmarkt der Börse (EEX) gehandelt. Für den privaten Verbraucher macht das nur einen Teil aus. Hinzu kommen staatliche Konzessionsabgaben, Vertriebskosten und Netzentgelte sowie Steuern. Selma Horner fasste zusammen: "Der Strom wird für uns auch in Zukunft nicht billiger werden, selbst wenn er billiger produziert wird."

Eduard Liebler kritisiert Flächenverbrauch

Stellvertretender Bürgermeister Stefan Schwind (FWG-SPD) unterbrach Spekulationen der Teilnehmer zur Wirtschaftlichkeit der Anlage und fragte: "Wollen wir etwas für den Klimaschutz tun?" Darauf entgegnete Gemeinderat Eduard Liebler (CSU): An Südlink führe kein Weg vorbei. In einer Offshore-Anlage würden auf "zwei Quadratmetern fünf Megawatt Strom produziert" werden. Den Flächenverbrauch für die Solaranlage halte er für nicht angemessen.

Eine unsachliche Frage, die aber vielen Erlenbachern am Herzen liegt, stellte Selma Horner: "Muss man diese schöne Fläche zubauen?" Sie laufe dort täglich und genieße die Natur. Volker Hepp hatte dafür kein Verständnis: "Jeder will Windkraft und Solarstrom, aber bitte nicht bei sich!" Winfried Väth argumentierte, dass Erlenbach und Tiefenthal von Windrädern, Strom-, Gasleitungen und Solaranlagen eingekreist werde.

"Was genau ist an einem monoton grünlich oder gelblich gefärbten Weizenfeld oder gar an einem frisch gepflügten Acker schön?"
Michael Kohlbrecher vom Landratsamt

"Was genau ist an einem monoton grünlich oder gelblich gefärbten Weizenfeld oder gar an einem frisch gepflügten Acker schön?", frage Michael Kohlbrecher vom Landratsamt. Wir hätten nur gelernt, schön zu finden, was nützlich ist – zum Beispiel zur Produktion von Nahrungsmitteln. Veränderungen seien notwendig. "Wenn man die Notwendigkeit einer Photovoltaikanlage erkennt und verinnerlicht, kann man sie durchaus schöner finden als einen braunen Acker", so Kohlbrecher.

Nach Mönkebergs Angaben ist die Entsorgung der Anlagenteile nach der Nutzung in 20 oder 30 Jahren unproblematisch, die Teile können recycelt werden. Die Aluminiumstützen, die die Module tragen, werden lediglich in die Erde gerammt, nicht betoniert. Bereits jetzt zahlen die Hersteller der Solarmodule eine Recyclinggebühr zur späteren Finanzierung. Mönkeberg antwortete damit auf die Befürchtungen von Winfried Väth und Uli Väth, dass sich "der Betreiber bei Unrentabilität aus der Schlinge zieht". "Es gibt noch keine Erfahrungswerte, wie lange die Module halten werden", so Uli Eichenseer. Die Leistung werde mit der Zeit nicht besser.

Was hat die Gemeinde von der Anlage?

Des Weiteren fragte er, welchen Vorteil die Gemeinde von der geplanten Anlage habe.  Nach zwei bis drei Jahren erhalte man 70 Prozent der Gewerbesteuereinnahmen, so Mönkeberg. Er versprach zusätzliche Pachteinnahmen für Wegflächen. Helmut Hauptmann, Gemeinderat der Fraktion FWG-SPD, fragte nach Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung – ein Thema wegen dessen auch schon Georg Neubauer mehrfach kontaktiert wurde, wie er sagte. Mönkeberg sagt, dies sei theoretisch möglich, rechne sich aber erst bei einem Betrag ab zirka einer Million Euro.

Florian Liebler sprach aus eigener Erfahrung: Er hat eine Photovoltaikanlage auf dem Hausdach, die den gesamten Strom, der dort verbraucht werde, produziere. Er forderte, dass sich die Gemeinde überlegen solle, ob sie nicht nur so viel Solar zulässt, wie im Ort benötigt werde. "Zehn Hektar sollten uns reichen", so Lieblers Rechnung. Doch damit sich ein eigenes, für den Bau notwendiges Umspannwerke, lohne, braucht es die Anlagen in Erlenbach ebenso wie die 77 Hektar Gesamtfläche, die 1A-Solar GmbH in Birkenfeld und Billingshausen plant, erläuterte Mönkeberg auf Anfrage.

In Bayern können Photovoltaik-Freiflächenanlagen in "landwirtschaftlich benachteiligten Gebieten" eine Förderung erhalten. Das heißt, Solarparks, für die eine EEG-Vergütung (Erneuerbare Energien Gesetz) bezogen werden soll, sind auf ertragsstarken Standorten unzulässig (Freiflächenverordnung). Es gilt die herkömmliche Regelung, wonach die Erlenbacher Gemarkung nicht benachteiligt ist. Die Freiflächenverordnung hält Mönkeberg nicht für sinnvoll weil veraltet – ein anderes Argument hatte er nicht.

Äcker nicht besser landwirtschaftlich nutzen?

Uli Eichenseer vermutete, dass es diese Flächengliederung gibt, damit "nicht jeder wild bauen" könne. Er fragte, ob die Ackerböden nicht auch weiterhin besser landwirtschaftlich genutzt werden sollten. Zu diesem Thema behauptete Mönkeberg, dass ihm Landwirte gesagt hätten, dass der Boden auf der vorgesehenen Fläche von schlechter Qualität sei. Dies zweifelte unter anderem Heinz Kremen an. Auf dessen Frage, warum das Gebiet "Buch" für den Solarpark ausgewählt wurde, ging Mönkeberg nicht ein.

"Oft stellen sich auf Solarparks durch die extensive Nutzung und Pflege der Flächen selten gewordene, ökologisch sehr hochwertige Pflanzengemeinschaften ein mit einer entsprechenden Vielfalt an Pflanzen, Insekten, Kleintieren und Vögeln", hieß es in Kohlbrechers Ausführungen. "Viele denken, dass Photovoltaikanlagen geschlossene Glasflächen seien", so Mönkeberg. Doch das Wasser könne zwischen den einzelnen Modulen ablaufen und versickere im Boden. Durch die so entstehende geschlossene Vegetationsdecke sei das Grundwasser geschützt.

Photovoltaikanlage dient dem Trinkwasserschutz

Dieser Punkt ist Bürgermeister Georg Neubauer besonders wichtig. Der Gemeinderat habe sich in den vergangenen Jahren viel mit dem Schutz des Trinkwassers beschäftigt. Man solle deshalb diese Möglichkeit nutzen. Judith Eichenseer fragte: "Meinst du, dass diese Fläche ausreicht, um das gesamte Erlenbacher Grundwasser zu schützen?" Uli Eichenseer forderte die Gemeinde auf, andere Schutzmaßnahmen zu prüfen.

Immissionsschutzrechtliche Bedenken entkräftigten Mönkeberg und Kohlbrecher. Im Gegensatz zu Windkraftanlagen gebe es weder hörbare Geräusche, noch bestehe die Gefahr auslaufenden Öls oder Schattenwurfs. Auch seien elektromagnetische Felder nicht zu befürchten.

Bürgerbegehren, ob Anlage kommt?

Mönkeberg bewertete die "Reaktionen der wenigen Bürger" nach der Veranstaltung als "nicht sehr kritisch". "Es waren im Endeffekt nur drei bis vier, die sich negativ aufgestellt hatten." Ihre Argumente empfand Mönkeberg als "nicht so werthaltig". Trotz allen Für und Widers sagte Georg Neubauer: "Die Gemeinde bestimmt im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, ob und wie gebaut wird." Es war allerdings schon von einzelnen Besuchern zu hören, dass sie – sollte der Gemeinderat der Änderung des Flächennutzungsplanes zustimmen, ein Bürgerbegehren anstreben werden.

 
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  • hermanngisela
    An einem frisch gepflügten Acker ist schön, dass Nahrungsmittel regional erzeugt werden können! Anscheinend sind Photovoltaikanlagen schöner und es ist klimaneuraler unsere Nahrungsmittel aus Drittstaaten einfliegen zu lassen. Der Co2 Ausstoß zählt natürlich nicht.********egal - hauptsache die Lebensmittel sind Bio - regal wo sie her kommen.
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