Seit den 1980er Jahren zeichnen Franz und Jutta Widmann als Festwirtspaar für den Zeltbetrieb der Lohrer Spessartfestwoche verantwortlich. Doch wie lange noch? Auf diese Frage ist von den beiden zwar keine definitive Festlegung zu hören, wohl aber eine Absichtserklärung. Bereits in diesem Jahr treten Franz und Jutta Widmann bei der Zahl ihrer Feste kürzer. Heuer sind es nur noch drei, für die sie als Festwirte verantwortlich sind. Das größte Zelt stellen die Widmanns dabei in Lohr. Die beiden anderen Feste sind die Landshuter Dult und der Barthelmarkt in Oberstimm.
Dieses Volksfest-Trio wollen die Widmanns noch einige Jahre unter ihren Fittichen behalten, nach derzeitigem Stand bis 2027. Dann stünde die 80. Spessartfestwoche an. Das, so sagt Franz Widmann, wäre doch ein passender Anlass für den Abschied aus der ersten Reihe. Dort, in der ersten Reihe, steht mittlerweile bei immer mehr Festen Sohn Franz. Die fließende Betriebsübergabe an den 35-Jährigen ist eingeleitet.
Früherer Ausstieg ist denkbar
Widmann Senior wird noch in diesem Monat 63. Sein Plan sei, so sagt er, "bis zum normalen Rentenalter" zu arbeiten, also bis 67 - oder eben 2027. Dass er länger verantwortlicher Festwirt sein werde, könne er sich nicht vorstellen, dass früher Schluss sein könnte, schon eher. Schließlich werde man mit dem Alter nicht leistungsfähiger, so Widmann.
Früher bauten die Widmanns pro Jahr meist auf neun bis zwölf Volksfesten ihren Zeltbetrieb auf, zumeist im Bayerischen, aber auch bis hinauf ins hessische Friedberg. "Heute tun wir langsamer", sagt Jutta Widmann (61). Das beziehe sich auf die Zahl, nicht jedoch auf die Intensität der einzelnen Feste. Denn Festwirt könne man nur zu 100 Prozent sein.
Zum Teil hat sich die Zahl der Feste von allein reduziert. So existiert das Heimatfest in Gemünden, einst ebenfalls im Kalender der Widmanns, heute in der Form nicht mehr.
Das Volksfest in Aschaffenburg hat heuer bereits Sohn Franz bewirtet. Auch andere Feste hat der Junior übernommen, neue durch Bewerbungen hinzugewonnen. Die Festzeltbetriebe von Eltern und Sohn sind derzeit strikt getrennt, wobei man sich natürlich aushelfe, wenn es um die Bewältigung von Arbeitsspitzen gehe. Die Ausrüstung gehöre weitgehend zum elterlichen Geschäft. Der Fundus ist so groß, dass man zeitgleich drei Zelte von der Größe der Lohrer Spessartfestwoche stellen könnte.
Das Equipment, das der Junior für die von ihm bewirtschafteten Feste benötige, müsse er sich von den Eltern mieten, schildert der Vater die Regelung. Bei jüngsten Anschaffungen, wie etwa einem Lastwagen oder der neuen LED-Beleuchtung der Zelte, sei es umgekehrt. Denn diese Investitionen habe der Sohn getätigt.
Familiengeschichte wiederholt sich
Mit der eingeleiteten Betriebsübergabe wiederholt sich Familiengeschichte. Mitte der 1980er Jahre hatte Xaver Widmann seinen 1949 gegründeten und über die Jahrzehnte stetig erweiterten Betrieb auf seine beiden Söhne Franz und Gerhard aufgeteilt. Bereits in den Jahren davor arbeitete Franz Widmann, gelernter Koch mit Meisterbrief, im elterlichen Betrieb als Angestellter mit.
Auch Sohn Franz ist Küchenmeister. Seit Jahren arbeitete er im Zeltbetrieb der Eltern mit. Das zweite Kind von Jutta und Franz Widmann, Tochter Julia, wollte indes nicht in den Festzeltbetrieb einsteigen. Sie hat stattdessen vor wenigen Monaten einen Indoorspielplatz in Landshut eröffnet.
Auch Sohn Franz habe man nicht in die Festwirtskarriere gedrängt, sagt der Vater. Man habe die Kinder lediglich gebeten, klar zu sagen, ob sie den Betrieb übernehmen wollen. "Wenn sie nur das Erbe hätten verprassen wollen, hätten wir ihnen gesagt, dass wir das auch alleine können", sagen Jutta und Franz Widmann und lachen. Doch dann habe es klare Signale gegeben: Sohn Franz machte den Lastwagenführerschein, absolvierte die Ausbildung zum Zeltmeister und weitere Zusatzqualifikationen für den Betrieb eines Festzeltes.
Die Corona-Pandemie mit dem Wegfall aller Volksfeste sei freilich ein möglicher Wendepunkt gewesen, sagt Jutta Widmann. "Da hätte ich verstehen können, wenn er gesagt hätte, dass er nicht weitermachen will", betont die 61-Jährige über die Ambitionen ihres Sohnes. Doch der Junior sprang nicht ab. Für ihn, so sagt er, sei immer schon klar gewesen, dass er beruflich in die Fußstapfen der Eltern treten wolle. Schon als Kind sei er den Sommer hindurch von Festplatz zu Festplatz mit auf Achse gewesen. Von April bis September unterwegs – dieses Leben muss man mögen. Widmann junior mag es.
Vor sechs Jahren absolvierte Franz Widmann Junior sein erstes Volksfest als Festwirt in der Heimatstadt Landshut. Heuer hat er bereits fünf Volksfeste unter seinen Fittichen. Die Arbeit stemmt er im Team mit seiner aus Aschaffenburg stammenden Frau Sina und einer vielköpfigen Schar an Mitarbeitern. Ohne eine Partnerin, die mitziehe, sei das unmöglich.
In dieser Woche unterstützt Sina Widmann ihre Schwiegereltern im Lohrer Festzelt, wo auch 80 Bedienungen und 60 Mitarbeiter in Küche und Service den Betrieb am Laufen halten. Franz Widmann junior baut unterdessen in Landshut das von ihm betriebene Zelt für die am 18. August beginnende Bartlmädult auf. Am Sonntagabend kommt er nach Lohr, um ab Montag beim Abbau mitzuhelfen und die Ausrüstung nach Landshut zu fahren.
Ziel ist es, die Festwoche fortzuführen
Und wer baut in Lohr das Festzelt auf, wenn Franz und Jutta Widmann sich in einigen Jahren aus der Rolle der Festwirte zurückziehen? Das hängt zuvorderst natürlich davon ab, wen sich die Stadt als Vertragspartner auswählt.
Franz Widmann junior allerdings macht deutlich, dass er großes Interesse daran hat, nach dem sich anbahnenden Rückzug seiner Eltern die Spessartfestwoche als Festwirt weiterzuführen und so die vom Großvater Xaver Widmann 1976 begründete Verbindung der Familie zu Lohr fortzusetzen. Den Terminkalender jedenfalls hat er sich mittelfristig schon frei gehalten.