
Tierhalter Norbert Hutzelmann aus Gräfendorf hat am Mittwoch bestätigt bekommen, wessen er sich ohnehin sicher war: Die beiden am 18. November und am 10. Dezember in seinem mit einem zwei Meter hohen Zaun gesicherten Gehege gerissenen Damwildkälber wurden Opfer eines Wolfs. Ihm wurde eine Entschädigung zugesagt, wobei der 67-Jährige dazu meint: "Es geht mir ja nicht ums Geld." Ihm ging es um die Gewissheit und auch darum, andere Tierhalter zu warnen.
Ein kleiner Wermutstropfen bleibt allerdings. Die vom Rissgutachter genommenen DNA-Abstriche blieben ohne Ergebnis, wahrscheinlich waren die Proben zu schlecht. Hutzelmann berichtete, dass es beide Male, als er ein gerissenes Hirschkalb fand, regnete, was eine Rolle gespielt haben könnte. Das Landesamt für Umwelt (LfU) drückt das Ergebnis der Untersuchungen so aus: "Es konnte kein bestimmter Verursacher ermittelt werden; auf Grund des Rissbildes kann die Beteiligung großer Beutegreifer nicht sicher ausgeschlossen werden."
Was an den Rissen der Hirschkälber wolfstypisch war
Kann sein, kann auch nicht sein? Der Gräfendorfer erzählt, dass der für Risse zuständige Experte beim LfU ihm in einem Telefongespräch schon deutlich gemacht habe, dass er aufgrund des Rissbildes einen Wolf als Verursacher erkannt habe. Alles andere hätte Hutzelmann, der auch erfahrener Jäger ist und sich schon länger über Anzeichen von Wolfsrissen informiert hat, auch gewundert. Das lange ausstehende Ergebnis der DNA-Untersuchung bezeichnete er deshalb auch als zweitrangig.
Typisch für einen Wolfsriss war etwa, dass der Angreifer von beiden Kälbern mehr als fünf Kilo Fleisch und Innereien fraß. Den Magen hat der Verursacher aber nur herausgezerrt, aber nicht, was eher ein Hund machen würde, gefressen. Beide Hirschkälber hatten den wolfstypischen Drosselbiss an der Kehle. Dass der Angreifer bei einem Kalb Rücken und Rippen durchbiss, ist auch typisch für einen Wolf. Für Hutzelmann passten auch Zahnabstand und Zahndurchmesser.
Männlicher Wolf wurde in dem Zeitraum im Spessart gefilmt
Und nachweislich war zum Zeitpunkt der Risse in Gräfendorf ein Wolf im Spessart unterwegs. Das LfU hat bei dem am 28. November am Bischborner Hof bei einer Treibjagd aufgenommenen Video eines mutmaßlichen Wolfs tatsächlich auf Wolf erkannt. Gut möglich, dass es sich bei dem Tier um den Angreifer in Gräfendorf handelte. Bessere DNA-Treffer hätten dem Tier in dem Video womöglich einen Namen geben können.
Interessant ist, dass der Wolf in Gräfendorf offensichtlich ein Tier ist, das gelernt hat, hohe Zäune und zusätzlich noch einen als wolfssicher geltenden 1,20 Meter hohen Elektrozaun zu überwinden. Von der berüchtigten Wölfin GW3092f, die 2023 mit ihren vielen Nutztierrissen in Spessart und Rhön die meisten in ganz Deutschland hatte, gibt es schon länger keine Spur mehr. Seit dem Sommer ist sie nicht mehr in Erscheinung getreten, obwohl sie bis Juli immer wieder zugeschlagen hatte. In der Rhön, wo sie zuletzt lebte und auch Junge hatte, wird seither spekuliert, ob sie möglicherweise illegal getötet und weggeschafft wurde.
Kommen zwei männliche Wölfe aus der Rhön infrage?
Aber was ist aus den beiden männlichen Wölfen GW3519m und GW3222m geworden, die nachweislich mit der Problemwölfin in der Rhön gemeinsam Jagd auf Nutztiere gemacht haben? Wie man einen Herdenschutz umgeht, dürften sie wissen. Von GW3222m, der ursprünglich 2023 gemeinsam mit ihr hätte geschossen werden sollen, hat man schon lange nichts mehr gehört. Der letzte Nachweis von GW3222m war, bei einem gemeinsamen Riss mit der Wölfin, am 23. November 2023. Danach verliert sich seine Spur.
Die DNA von GW3519m aber, mit dem die Wölfin Junge hatte, wurde zuletzt bei einem Nutztierriss am 26. August und bei einer Losung vom 16. Oktober gefunden. GW3519m stammt aus dem Wildfleckener Rudel und kam 2022 auf die Welt. Ein Rüde war es auch, der bei der Treibjagd am Bischborner Hof gesichtet wurde.
Das LfU hält es jedoch für unwahrscheinlich, dass ein standorttreues Tier nach einer erfolgreichen Fortpflanzung nach dem Verlust seines Partners sein Territorium verlässt. Dadurch würde sich das Tier "ungewissen Risiken", etwa möglichen Revierkämpfen oder einer unsicheren Nahrungssituation, aussetzen. Ein Familienverband binde gerade das Vatertier an sein Territorium.
Es ist eindeutig festgeschrieben, dass allein das Ergebnis des Labors mit dem Exklusivvertrag für die Einstufung herangezogen werden.
Gelingt diesem kein Nachweis (halt mit dem Tupfer keinen Wolfsspeichel erwischt...), aber dem B-Labor schon, erfolgt im Register kein Eintrag. Punkt.
Worüber man sich natürlich unterhalten kann, ja sollte, ja muss :
Warum ist das so gestrickt ?
Warum kann das Ergebnis eines weiteren Labors (hinreichend zertifiziert und kontrolliert) nicht herangezogen werden ?
Was wurde mit der getroffenen Regelung bezweckt ?