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Gemünden
Czerny Manufaktur: Warum ein Modeunternehmen aus Gemünden in Zeiten des Online-Shoppings auf Beratung im Laden setzt
Kürzlich gab es einen Generationswechsel bei der Traditionsfirma. Die Schwestern Magdalena Cromme und Eva-Maria Czerny leiten die Manufaktur nun. Die beiden haben große Pläne.
Generationenwechsel bei der Czerny Manufaktur in Gemünden: Die Schwestern Magdalena Cromme (links) und Eva-Maria Czerny (rechts) haben kürzlich die Geschäftsführung übernommen.
Foto: Czerny | Generationenwechsel bei der Czerny Manufaktur in Gemünden: Die Schwestern Magdalena Cromme (links) und Eva-Maria Czerny (rechts) haben kürzlich die Geschäftsführung übernommen.
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:45 Uhr

Gipsykleid, Boyfriendbluse oder Denim Culotte: Diese Kleidungsstücke gehören zur Kollektion "Green Adventure" und sind trotz ihrer weltläufigen Produktbezeichnungen nicht etwa in einer Modemetropole wie Berlin oder New York, sondern im kleinen Gemünden kreiert worden. Dahinter steckt ein fränkisches Traditionsunternehmen mit 80-jähriger Firmengeschichte, die Czerny Manufaktur. Die Geschäftsführung haben erst kürzlich die beiden Schwestern Magdalena Cromme (Design und Marketing) und Eva-Maria Czerny (Wareneinkauf und Produktion) von ihrem Vater übernommen. Und die beiden Frauen haben einige Pläne.

Zielgruppe hat keine Zeit sich durch Zalando "zu wühlen"

Ihrer 2014 ins Leben gerufenen Marke für Damenmode "VON&ZU" wollen sie nun zu größerer Bekanntheit verhelfen. "Wir fangen an mit dem Wachstum im deutschen Raum. Und wenn Deutschland gut ausgebaut ist, fokussieren wir uns auf die Nachbarländer", so Czerny. Momentan verkauft das Unternehmen seine Kleidung vor allem in vielen inhabergeführten Läden in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Vor einem halben Jahr wurde auch der Vertrieb in Norddeutschland verstärkt.

"Wir behaupten, dass Online keine Konkurrenz ist für einen Laden, der gute Beratung anbietet."
Magdalena Cromme, Czerny Manufaktur

Obwohl die Firma ihre Kleidung über das Internet anbietet und das Einkaufen im Netz sich großer Beliebtheit erfreut, soll der Fokus der Czerny Manufaktur weiterhin auf dem stationären Handel liegen. "Wir behaupten, dass Online keine Konkurrenz ist für einen Laden, der gute Beratung anbietet", sagt Cromme. Das Modeunternehmen arbeitet deshalb insbesondere mit Händlerinnen und Händlern zusammen, deren Läden "einen individuellen Stil führen" und "auf gutes Personal setzen".

Blindes Vertrauen in Beratung

Zwar sei diese Art von Geschäften gar nicht so leicht zu finden, die Kundinnen würden deren Rat oft aber blind vertrauen. "Die Frau, die unsere Kleidung kauft, ist mindestens 35 Jahre alt. Die hat gar nicht mehr die Zeit, um sich stundenlang durch Zalando zu wühlen oder auf Instagram zu schauen. Die muss einen Alltag bewältigen", so die Designerin.

Dazu kommt, dass sich die Kleider, Blusen und Shirts der Gemündener Firma durchaus im gehobenen Preissegment bewegen. Da die Kleidung nicht "super günstig" sei, nähmen Kundinnen diese auch nicht unbedingt schnell ohne persönliche Beratung mit, erklärt Eva-Maria Czerny. Das Modeunternehmen setzt deshalb auf eine "langfristige Partnerschaft" mit Händlern. "Und wenn sie Erfolg mit uns haben, erzählen sie es anderen weiter."

Umstellung von "Basset" auf "VON&ZU"

Bis zum Frühjahr 2021 hat die Czerny Manufaktur ihre Händler nicht nur mit der Marke "VON&ZU" beliefert, sondern auch mit deren Vorgängerlinie "Basset", die das Unternehmen in den 90ern eingeführt hat. Nachdem die beiden Labels einige Jahre parallel existierten, ist "Basset" nun Geschichte. Kundinnen und Kunden hätten sie durch diese Umstellung nicht verloren. "Es hat uns auch erstaunt, wir konnten das direkt kompensieren", so Cromme. "Es war ein schleichender Prozess. Wir haben die Händler langsam zu VON&ZU rübergeholt. Dadurch vermissen sie jetzt nichts."

Der Firmensitz in Gemünden an der Weißensteinstraße: Auch vor Ort vertreibt das Modeunternehmen die Kleidung der Marke 'VON&ZU'. 
Foto: Corbinian Wildmeister | Der Firmensitz in Gemünden an der Weißensteinstraße: Auch vor Ort vertreibt das Modeunternehmen die Kleidung der Marke "VON&ZU". 

Ein großer Unterschied zwischen den beiden Linien: "Basset" sei im klassischen Sinne „sehr viel weiblicher" geprägt gewesen. Die jetzige Kollektion sei progressiver und spiele mit Gegensätzen, zum Beispiel mit der Kombination aus "verspielten Mustern und cleaneren Schnitten". Das habe auch viel damit zu tun, dass Frauen sich verändert hätten, berichtet Cromme. "Es war der Anspruch früherer Generationen, sich zu schmücken und schick zu sein." Die heutige Zielkundin sei nicht unbedingt jünger, aber jünger geprägt im Denken. "Sie ist umtriebig und will bequeme Kleidung, in der sie arbeiten, Kinder von der Kita abholen und sich abends mit Freunden treffen kann. Die Mode muss funktionieren und darf nicht kompliziert sein, soll dabei aber trotzdem gut ausschauen. Das ist ja auch der Anspruch, der heute an Frauen gestellt wird."

Czerny Manufaktur limitiert ihre Kollektionen aus Nachhaltigkeitgründen

Die Czerny Manufaktur hat sich aber nicht nur pragmatische Mode auf die Fahne geschrieben, sondern wirbt auch mit Nachhaltigkeit. Dabei hält Magdalena Cromme nichts von "Green Washing". Ihr zufolge kann es gar nicht so viel Biobaumwolle geben, wie sie im Moment auf dem Markt vertrieben wird. Die Gemündener Modeschöpferinnen setzen daher schon längere Zeit auf Limitierung. "Uns ist wichtig, dass der Überschuss so gering wie möglich ist. Wir produzieren deshalb nur, was der Handel vorbestellt. Wenn es weg ist, ist es weg."

Auch gute Arbeitsbedingungen liegen den Chefinnen der Czerny Manufaktur eigenen Angaben zufolge am Herzen. Während sie in Gemünden rund 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (davon sind zehn festangestellt) beschäftigen, werden ihre Kollektionen in Osteuropa produziert. "Die Produktionsbedingungen müssen einfach gut sein. Ordentliche Löhne gehören für uns mit dazu", betont Cromme. Mehrfach im Jahr besuche deshalb auch eine Mitarbeiterin die Produktionsstätten und mache sich dort ein Bild von der Situation.

Als sie die Manufaktur von ihrem Vater übernommen haben, setzten sich die Schwestern zusammen und überlegten sich, was das Unternehmen ausmacht. Was ist es also, das die Unternehmerinnen antreibt? Cromme dazu: "Alles was wir tun, machen wir, weil wir Spaß daran haben. Das ist, wonach wir leben wollen und danach richten wir auch unsere Kollektionen aus."

 
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Kommentare
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  • S. C.
    Toll. Seitenweise Firmenphilosophie und Vertriebsstrategien.

    Warum war die Firma dann mehr als einmal am Abgrund gestanden?
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