Dass Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen auch im Gefängnis enden können, hat sich diese Woche in Aschaffenburg gezeigt. Ein 35-Jähriger muss bis zum Ende der Ausgangsbeschränkungen am Sonntag, 19. April, in Gewahrsam bleiben, weil er sechs Mal gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen hatte. Eine entsprechende Meldung dieser Redaktion löste eine kontroverse Diskussion im Internet aus, ob ein solches Vorgehen gerechtfertigt ist. Aus einer ersten Mitteilung der Polizei ging lediglich hervor, dass sich der Beschuldigte wiederholt ohne triftigen Grund außerhalb seiner Wohnung aufgehalten haben soll.
Im Park getroffen, um zu trinken
Wie ein Sprecher der Polizei auf Nachfrage erklärt, war der Mann für die Beamten kein Unbekannter. Im Zusammenhang mit den Ausgangsbeschränkungen sei er bereits Ende März mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Die Fälle seien immer einem ähnlichen Muster gefolgt: Laut Polizei hat sich der 35-Jährige jeweils mit mehreren Personen an einer Bank in einem Park getroffen und hat dort Alkohol getrunken.
- Verstöße gegen Ausgangsbeschränkung: Das ist der Bußgeldkatalog
Als ihn die Polizei antraf, habe er sich immer uneinsichtig gezeigt und behauptet, dass das Coronavirus nur eine "Verschwörung" sei. Den Platzverweisen der Polizei sei er sehr widerwillig nachgekommen. Wohnungslos ist der 35-Jährige laut Polizei aber nicht. Nach dem sechsten Vorfall haben die Beamten den Mann am vergangenen Dienstag auf die Dienststelle gebracht. Mittlerweile befindet er sich in einer Justizvollzugsanstalt.
Richter entschied, dass Gewahrsam notwendig ist
"Wenn man merkt, das man eine Person immer wieder antrifft, stellt sich die Frage, wie man durchsetzen kann, dass sie sich wirklich an die Regelungen hält", erklärt ein Sprecher der Polizei. "Wir stellen in solchen Fällen nur fest, dass wir mit Anzeigen und Platzverweisen nicht weiterkommen, und informieren den Richter." Letzterer sei zu dem Schluss gekommen, dass ein Gewahrsam notwendig sei. Allerdings müsse so eine Maßnahme in jedem Fall "der letzte Schritt" sein, so der Polizeisprecher.
Hätte sich der Mann nicht mit anderen Personen getroffen, sondern alleine im Park aufgehalten, wäre die Situation eine andere gewesen. Dann hätte er auch niemanden gefährdet, erklärt die Polizei. Wann ein Gewahrsam möglich ist, regelt das bayerische Polizeiaufgabengesetz. Darin heißt es unter anderem: "Die Polizei kann eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn das unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern."
Es drohen mindestens 900 Euro Bußgeld
Es handelt sich bisher um den einzigen Fall in Unterfranken, bei dem eine Person ins Gefängnis musste, weil sie sich nicht an die Ausgangsbeschränkungen gehalten hat, betätigt die Polizei. Wer seine Wohnung ohne triftigen Grund verlässt, muss mit einem Bußgeld von 150 Euro rechnen. Da gegen den 35-Jährigen sechs Anzeigen vorliegen, könnte eine Geldstrafe von mindestens 900 Euro auf ihn zukommen. Bei wiederholten Verstößen können sich die Regelsätze aber auch verdoppeln.
Damit haben sich alle Befürchtungen der Kritiker bestätigt: das bayerische PAG wird hier ganz offenkundig für Aktionismus und plakativen Populismus missbraucht. Da hier, wie Mitforisten bereits mitteilten, "keine Straftat" vorliegt, kommt nur die "erhebliche Bedeutung für die Allgemeinheit" als Rechtsgrundlage in Betracht. Außerhalb von diesem Forum dürften erhebliche rechtliche Schwierigkeiten bestehen, durch eine absolut abstrakte Gefährdung mittels Aufhalten im Park (warum wurden die anderen Personen nicht inhaftiert?) eine solche Freiheitsentziehung zum "Schutz der Allgemeinheit" fundiert zu begründen. Außerdem stellt sich hier die Frage, inwieweit jemand, der das Virus für eine "Verschwörung" hält, nicht eher in eine psychiatrische Einrichtung gehört anstatt die JVA.....wo im übrigen eine erhöhte tatsächliche Gefahr für die Insassen besteht, dass sich eine Infizierung ausbreitet, ähnlich wie in Pflegeheimen etc.. Aber das nur am Rande.
Jetzt bin ich auf einen Kommentar eines Polizisten a.D. gespannt.
Aber dem wird dazu nichts einfallen...
Die sehr interessanten Meinungen in diesem Forum sind zwar nicht repräsentativ sondern spiegeln nur ein gewisses Milieu wider - sind aber wie gesagt dennoch aufschlussreich. Danke dafür!
Polizeiaufgabengesetz. Darin heißt es unter anderem: "Die Polizei kann eine Person in Gewahrsam nehmen [...] um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat zu verhindern."
Das mit der Wirkung bereits bei einer Ordnungswidrigkeit ist schon sehr starker Tobak!
Warum ist das dann noch eine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat? Wie war das mit den Sinn-Grenzen?
Böse Zungen könnten jetzt auf die Idee kommen zu formulieren: "Wenn also jemandem mein Gesichtsausdruck bei einer Reaktion nicht paßt sperren wir in weg ... ?"
Leute, dafür habe ich meinen Hintern bei der Bundeswehr nicht hingehalten. Nur, weil eine Mehrheit von entscheidenden Personen das in der Vergangenheit in Ordnung fanden muß das nicht gut sein. Ich sehe mich gezwungen es klar zu formulieren: Wir leben hier nicht in einem Order-per-Mufti-Ordnungsstaat!
Nur zu einem Punkt: Seit wann ist ein nicht gefallendes Gesicht "eine Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder eine Straftat"?