Dass Busse in Zukunft über die Gartenstraße in das geplante Neubaugebiet "Mühlwiesen II" fahren, will Anwohner Michael Mahlo unbedingt verhindern. Dort, wo die Straße endet und eine grüne Wiese beginnt, auf der das rund vier Hektar große Wohngebiet entstehen soll, erklärt er mit einer dicken Mappe voller Unterlagen in seinen Händen eindringlich, was ihn an den Plänen der Stadt stört.
Offener Brief an Stadtrat und Bürgermeister
"Kein Mensch hat etwas gegen das Baugebiet", betont Mahlo. Es soll jedoch ausschließlich über einen Fuß- und Radweg mit der Gartenstraße verbunden sein, fordert er. So sei es seit über 20 Jahren vorgesehen gewesen. Erst im Oktober vergangenen Jahres habe sich das geändert. Seitdem steht die Idee im Raum, dass in Zukunft täglich sechs bis acht Busse den Weg über die Gartenstraße ins Quartier nehmen sollen. Diese sind vor allem für Schülerinnen und Schüler gedacht. Dem Individualverkehr wird es nicht erlaubt sein, diese Straße zu nutzen. Die Stadt will die Durchfahrt für private Autos und Lkw mit Pollern blockieren.
Mit seinen Bedenken ist Mahlo nicht alleine: 14 Gemündener Bürgerinnen und Bürger haben Einwendungen zum Entwurf des Bebauungsplans eingereicht, in denen sie sich gegen diese Art der ÖPNV-Anbindung aussprechen. Und auch aus dem Stadtrat gab es Kritik. Trotzdem hat das Gremium den Entwurf im Mai mit einer deutlichen Mehrheit gebilligt. Für Michael Mahlo ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen. Erst kürzlich wendete er sich deshalb erneut mit einem offenen Brief an den Stadtrat und Bürgermeister Jürgen Lippert. Um was geht es ihm im Kern? Und was sagt die Stadtverwaltung dazu?
Sorge um "Parkplatznot"
"Was seitens der Stadt angedacht sein wird, ist ein einseitiges Halteverbot in der Gartenstraße", vermutet Mahlo. Ansonsten werde nämlich nicht genug Platz für die Busse sein, um durch die Gartenstraße zu kommen. "Dadurch wird hier eine eklatante Parkplatznot heraufbeschworen.“ Diese Not verschärft sich laut Mahlo dadurch, dass es – anders als noch im Dezember 2020 angedacht – auch in der anschließenden Straße im Neubaugebiet keine öffentlichen Stellplätze mehr geben wird. In seinem offenen Brief fragt Mahlo deshalb, wie die "fehlenden Parkflächen" im Quartier ersetzt werden sollen.
"Parkplätze sind zunächst auf dem eigenen Grundstück zu errichten", erläutert Bürgermeister Jürgen Lippert auf Anfrage dieser Redaktion. Er argumentiert, dass die Kommune nicht verpflichtet sei "straßenbegleitende Parkplätze" zur Verfügung zu stellen. Das sei eher ein "Service".
Grundsätzlich ist es innerorts erlaubt an der Straße zu parken, wenn dort nicht zum Beispiel eine Parkverbot gilt. Doch offiziell "ausgewiesene Parkplätze" gebe es an der Gartenstraße nicht, so Lippert weiter. Von einem Wegfall solcher Parkplätze könne daher nicht die Rede sein. Im Hinblick auf das neue Quartier bestätigt der Bürgermeister, dass mit "der Umgestaltung der Zuwegung von der Gartenstraße in Richtung Bushaltestelle" ein vorgesehener Mehrzweckstreifen wegfällt. Dort hätten Bürger auch parken können. Dies geschehe zugunsten eines "gesicherten Gehweges".
Größter Kritikpunkt: Zu enge Straßen
Das Hauptproblem sieht Michael Mahlo darin, dass seiner Einschätzung nach die Straße, über die der Bus später einmal zur Haltestelle im Quartier fahren soll, zu eng dafür ist. Schließlich sei so ein Fahrzeug 2,55 Meter breit, mit ausgeklappten Spiegeln drei Meter. Das Risiko eines Unfall sei eklatant. "Es gibt hier in der Gartenstraße viele Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung. Die müssten nach Vorstellung der Stadt zur Seite springen, wenn der Linienbus Gegenverkehr hat."
Gefahrenpotential berge vor allem das geplante 5,50 Meter breite Verbindungsstück (Bereich "B") zwischen Quartier und Gartenstraße, meint Mahlo. In diesem kurzen Stück gibt es zwar keinen Gegenverkehr, doch der Bus müsse eine Kurve fahren und dabei an einem Elektro-Trafohaus vorbei. An diesem Abschnitt führt auch ein Gehweg entlang.
"Der Linienbus mag womöglich noch rumkommen. Es darf sich in der Umgebung nur niemand aufhalten", warnt der Anwohner. Er glaubt, dass der Bus an dieser Stelle auf den Gehweg ausweichen muss.
Aus Sicht der Stadt: Keine Gefahr bei Gegenverkehr
Auf Seiten der Stadt teilt man diese Sorgen nicht. Peter Interwies vom Bauamt betont, dass die Verkehrsplaner die Zufahrt des Quartiers so ausgearbeitet hätten, dass die Straßen breit genug sind, damit die Busse dort ohne Gefahr durchkommen. "Wenn die das nicht einschätzen können, frage ich mich, wer es kann."
Busfahrer seien zudem Profis und würden nicht mit 50 Stundenkilometern durch die Gartenstraße fahren. Niemand müsste sich also sorgen, spontan auf die Seite springen zu müssen, wenn ein Bus mal Gegenverkehr hat.
Ein Wendeplatz im Quartier als Alternative
Nicht verstehen könne er, warum sich die Stadt weigere, über einen Buswendeplatz in der Quartiersmitte mit einer Anbindung über die Schönauer Straße als alternative Option nachzudenken, sagt Michael Mahlo. Ein Wendeplatz im Quartier hätte auch den Vorteil, dass das Neubaugebiet "sinnvoll an das ÖPNV-Liniennetz" angeschlossen werden könnte. So wären neben einer höheren Taktung der Busse "im Sinne der Mobilitätswende" auch weitere Anbindungen des Quartiers möglich, zum Beispiel an Seifriedsburg oder Gräfendorf. Das sieht Stadtrat Robert Lampert (CSU), der im Mai gegen den aktuelle Entwurf gestimmt hat, genauso: "Es wäre doch zukunftweisend, wenn das Baugebiet an alle Buslinien angeschlossen wäre und nicht nur an den Schülerverkehr."
"Ein Buswendeplatz verursacht einen zusätzlichen Flächenbedarf an versiegelter Fläche", sagt hingegen Bürgermeister Lippert. Dadurch würde ein kompletter Bauplatz wegfallen und zwei Bauplätze teilweise eigeschränkt. Bei einem Wendeplatz müssten "die betroffenen Grundstücksflächen derart anders parzelliert werden", dass die Bebaubarkeit dieser Grundstücke entweder ganz oder teilweise eingeschränkt wäre, so Lippert.
Probleme in der Kommunikation?
Die Diskussion ist festgefahren. Denn die Gegner der Busanbindung über die Gartenstraße sind wiederum der Meinung, dass ein Haltestelle im Quartier auch ohne größere Platzeinbußen möglich wäre. Den Einwendungen der Bürgerinnen und Bürger hätten auch entsprechende Planungsskizzen für einen Wendeplatz beigelegen, so Mahlo. Diese seien "vollkommen von den Verantwortungsträgern übergangen" worden. Die Einwender hätten bislang auch noch keine Antwort durch die Stadt Gemünden erhalten, kritisiert er.
"Die Stadt hat auch keine Anstalten gemacht, in irgendeiner Form mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen." Mehrfach habe er vorgeschlagen, sich in der Gartenstraße am Wendehammer zu treffen, sagt Mahlo. Bisher kam es dazu nicht.
Wegen Corona kein Treffen möglich
Bürgermeister Lippert erwidert, dass die Einwendungen zu großen Teilen die gleichen Themen und Formulierungen als Inhalt hatten. Eine Zusammenfassung gleicher Sachverhalte in der Sitzung des Stadtrats sei daher üblich. Die von Einwendern selbst angefertigten Planungsskizzen für einen Wendehammer sind aus Sicht der Stadtverwaltung nicht umsetzbar.
Zudem sei eine schriftliche Antwort auf die Einwendungen der Anwohner auch erst am Ende einer Auslegung erforderlich. Da die erneute Beteiligung des Landratsamtes Main-Spessart bisher noch ausgestanden habe, erhielten die Einwender auch erst danach eine Antwort. "Ein Vor-Ort-Treffen erscheint angesichts der Pandemie derzeit nicht angebracht", so Lippert.
Wie in der Causa Gartenstraße weitergeht, bleibt abzuwarten. Immerhin gab es in der Stadtratssitzung im Mai den Hinweis, dass das Grundstück, über das der Anschluss des Quartiers erfolgen soll, noch gar nicht der Stadt gehöre. Es befinde sich im Eigentum eines Bürgers aus dem Kreis der Einwender.
man sich doch genug bemüht dass der Busverkehr funktionieren kann.