Es könnte in überschaubarer Zukunft in Karlstadt ein Wohnprojekt geben, bei dem Jung und Alt gemeinsame Sache machen. In der Stadtratssitzung am Donnerstag stieß die Initiative für generationenübergreifendes Wohnen auf ungeteilte Zustimmung. Die Stadtverwaltung soll dabei helfen, nach einem geeigneten Grundstück zu suchen. Das beschlossen die Ratsmitglieder einstimmig. Dem Vernehmen nach ist die Gruppe bei ihren bisherigen Vorstößen in Karlstadt eher auf reserviertes Echo gestoßen.
Manche Stadträte wären sogar gerne noch einen Schritt weiter gegangen und hätten das Hegewaldgelände für das Vorhaben empfohlen. Die SPD wollte gar, dass die Stadt als Bauträger fungiert. Bürgermeister Michael Hombach bremste: "Das etwa einen Hektar große Gelände ist Teil der 17,6 Hektar großen ,Südstadt'. Die dafür erstellte Machbarkeitsstudie werden wir am 15. November vorstellen und dann die aktive Bürgerbeteiligung beginnen, um zu sehen, wie wir dieses Areal künftig bespielen."
Wohn-Initiative ist sei drei Jahren aktiv
Seit 2018 treffen sich Interessierte für ein solches Wohnprojekt in Karlstadt. Sie unternahmen Exkursionen zu bereits bestehenden Wohnprojekten, etwa in Oberdürrbach und bei Aschaffenburg, und schlossen sich dem Würzburger Verein "Wohnen in Gemeinschaft - Jung und Alt" an.
Dessen aus Gemünden kommender Vorsitzender Jürgen Klein berichtete, dass nach dem längst bezogenen Projekt in Oberdürrbach mit 13 Wohneinheiten derzeit eines am Würzburger Hubland mit 20 Einheiten und eines in Heidingsfeld mit 18 Einheiten geplant würden. Er betonte: "Der Verein ist kein Bauträger und nicht gewinnorientiert."
Die Karlstadter Mitglieder Sabine Helfrich und Rolf Kellermann führten aus, geplant sei, dass alle an dem Wohnprojekt Beteiligten ihre Privatsphäre, also eine eigene Wohnung, haben sollen. Darüber hinaus soll es gemeinschaftlich genutzte Räume, etwa Gästezimmer, Werkstatt oder Waschküche geben. Gemeinsam genutzt werden könnten auch Waschmaschine, Werkzeug, Staubsauger oder auch ein Auto. "Es muss nicht jeder alles selbst haben."
Sozial ein Gewinn für das gesamte Umfeld
Vor allem aber sollen sich die Generationen gegenseitig unterstützen. Kellermann: "Da holt der Senior die Kinder vom Kindergarten ab und ein Jüngerer schlägt den Nagel in die Wand, wenn das der Ältere nicht mehr so gut kann." Eine solche Wohnform befruchte das gesamte Umfeld, wie sich in anderen Orten gezeigt habe. Die Initiative verdeutlichte, dass mit ihrer Wohnform außerdem rund 30 Prozent weniger Fläche benötigt werde.
Bürgermeister Michael Hombach sagte, die Stadt wolle sich mit ihrer Unterstützung dem Wandel der Zeit stellen. Dazu gehöre, dass statt der Großfamilien von früher sich jetzt Menschen in Initiativen wie diesen zusammentun.
Da das Hegewaldgelände momentan keine Option ist, brachte Stadtrat Harald Schneider das Areal des EP-Medienlands ins Gespräch. Der Wiesenfelder Stadtrat Theo Dittmaier fragte, warum die Initiative das Projekt ausgerechnet in der Kernstadt ansiedeln wolle. Er zielte aber nicht auf einen Standort in Wiesenfeld ab, sondern schlug Laudenbach oder Karlburg vor. Auch Stadtrat Thorsten Heßdörfer zeigte sich "ein bissle enttäuscht", dass die Initiative stark auf das Hegewald-Gelände fixiert sei. Er wünsche sich "mehr Fantasie, konkrete Eckdaten, wenn die Stadt helfen soll." Eventuell käme das Hirschfeld infrage. Und Manfred Goldkuhle fragte nach der vorgesehenen Organisationsform.
Die Gruppe hat auch andere Standorte im Auge
Die Organisationsform ist derzeit der Verein; für eine Verwirklichung könnte aber ebenso eine Genossenschaft oder Eigentümergemeinschaft gegründet werden, erklärte Sabine Helfrich. Zum Standort: Die Bahnanbindung sei gerade den älteren Beteiligten wichtig. Das Karlburger Ehrenfelsgelände wäre allerdings durchaus eine Option gewesen. Die Planung war aber schon weit fortgeschritten und die Stadt zielte auf den Bau von Einfamilienhäusern ab. Hinsichtlich der Kosten orientiere man sich an dem Projekt in Heidingsfeld, wo der Quadratmeter bei 4000 Euro liegen soll.
Rolf Kellermann fügte hinzu, die Initiative beschäftige sich auch mit anderen Standorten. Das Areal des EP-Medienlands wäre gut, stehe aber nach dessen Schließung nicht zum Verkauf. Und bei der Freifläche im Gebiet Echterstraße sei nicht an den Eigentümer Benkert heranzukommen.
So ein Haus sollte stadtnah oder zentral stehen für KiGa, Ärzte und Einkaufsmöglichkeiten.
Weshalb hat man die Neubauten im Stationsweg nicht dafür genommen? Oder die vorhandenen Miethäuser in der alten Siedlung nicht umstrukturiert?