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Miltenberg
Brandbrief zur Flüchtlingspolitik: Was die Grünen Jens Marco Scherf und Boris Palmer jetzt von Olaf Scholz fordern
Aus den Kommunen werden die Hilferufe lauter: Steigende Flüchtlingszahlen gefährden die Integration. Jetzt sorgen ein prominenter OB und ein Landrat für Aufmerksamkeit.
Die Grünen-Politiker Boris Palmer (links) aus Tübingen und Jens Marco Scherf aus Miltenberg haben einen Brandbrief zur Flüchtlingspolitik an Bundeskanzler Olaf Scholz geschrieben.
Foto: Marijan Murat, dpa/Cornelia Lehmann, ZDF | Die Grünen-Politiker Boris Palmer (links) aus Tübingen und Jens Marco Scherf aus Miltenberg haben einen Brandbrief zur Flüchtlingspolitik an Bundeskanzler Olaf Scholz geschrieben.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:52 Uhr

Mehr Geld allein reiche nicht, um die Versorgung und Integration von Geflüchteten in den Städten und Kreisen vor Ort zu organisieren: In einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fordern ausgerechnet zwei Grünen-Politiker, der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer und der Miltenberger Landrat Jens Marco Scherf, unter anderem die "Reduktion illegaler Migration" bei gleichzeitiger Beschleunigung der Integration von Bleibeberechtigten.

Ihr sechsseitiger Brief soll den Druck in der politischen Debatte erhöhen, der Flüchtlingsgipfel im Februar habe nur "bescheidene Ergebnisse" gebracht, sagen die beiden Grünen. Der Unterfranke Marco Scherf hatte zuletzt bei einem Auftritt in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz Defizite bei der Integration von Menschen mit muslimischen Hintergrund beklagt und für Asylverfahren an der EU-Außengrenze plädiert, um die Zahl der Migranten zu begrenzen.

"Entweder gelingt es, die Migration zu strukturieren und zu steuern und somit die Zugangszahlen an Geflüchteten in den Kommunen wieder deutlich zu reduzieren oder es drohen Leistungsbeschränkungen", warnen Scherf und Palmer jetzt. Nicht die finanziellen Belastungen seien der "entscheidende begrenzende Faktor", der Engpass sei die Leistungsfähigkeit der Systeme vor Ort.

Wenn sich die Kommunen auf die Menschen konzentrieren könnten, die bleiben dürfen, "so wären wir sehr viel sicherer, dass dies in einer gemeinschaftlichen Anstrengung gelingen wird", schreiben die Politiker. Es sei nicht einzusehen, dass auch Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive von Bund und Ländern an die Kommunen "durchgereicht" würden. 

Geflüchtete sollen schneller arbeiten können

Als ein Beispiel nennen Scherf und Palmer die Situation auf dem Wohnungsmarkt. Die Unterbringung von Geflüchteten in Sozialwohnungen sorge für "Verdrängungseffekte" zum Nachteil vor allem von Menschen in den unteren Einkommensgruppen. Auch fehlten Wohnungen, um die in vielen Branchen gesuchten Fachkräfte anwerben zu können. Auch ein schnellerer Zugang von Geflüchteten zum Arbeitsmarkt sei nötig, damit geförderte Wohnungen schneller wieder frei werden. Gerade beim Vorliegen eines Arbeitsvertrages brauche es "drastische Vereinfachungen".

Menschen mit einer Bleibeperspektive müssten deutlich schneller integriert werden. Dafür brauche es zusätzliche Kurse zu "Sprache und Gesellschaft". Auf dem Land sollten Fahrtkosten unbürokratisch über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ersetzt werden. Zudem fehle es an den Berufsschulen an Kapazitäten zur Integration von 18- bis 23-jährigen Geflüchteten, schreiben die beiden Grünen.

Kita-Platz-Anspruch für geflüchtete Kinder aussetzen

Bei der Kinderbetreuung wünschen Palmer und Scherf die "Möglichkeit zur Aussetzung des gesetzlichen Anspruchs auf einen Kita-Platz für Kinder mit Fluchthintergrund für mindestens ein Jahr. Stattdessen sollten Spiel- und Betreuungsgruppen angeboten werden, in denen von den  üblichen Standards qualifizierter Kinderbetreuung abgesehen werden könne. Angesichts des dramatischen Fachkräftemangels könne das Betreuungssystem keine weiteren Zuzüge verkraften.

 
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Kommentare
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  • R. B.
    "Wir schaffen das", klingt mir heute noch in den Ohren, allerdings wusste ich damals nicht, wen Frau Dr. Merkel mit "Wir" gemeint hatte. In den folgenden Jahren war mir dann klar, dass sie eigentlich "uns" gemeint hat, uns als Gesellschaft. Die Politik hat in weiten Teilen versagt, die strengen Vorschriften des Asyls wurden längst über Bord geworfen und es konnte beinahe Jeder nach Europa kommen wie er wollte. Die Welle aus den Jahren 2015 ist in weiten Teilen gescheitert, nur sagen durfte man das nicht. Denn über die Jahre hat sich eine kleine Minderheit etabliert, welche vorgibt die Mehrheit zu bilden, diese haben jegliche Kritik in Sachen Einwanderung entweder im Keim erstickt, oder die Kritiker als Rechtsnationale abgestemelt. Jetzt kommen noch einmal mehr als 1 Millionen Ukrainer nach Deutschland und die Situation fängt an zu eskalieren. Die Damen und Herren Entscheider werden trotzdem ruhig schlafen, sie schaffen nur an.
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  • H. L.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • H. S.
    Vorsicht Herr Scherf, mit solchen völlig richtigen Äußerungen hat man bei den Grünen schell ein Parteiausschlussverfahren am Hals, fragen sie mal Herrn Palmer...
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  • M. E.
    "Steigende Flüchtlingszahlen gefährden die Integration", stimmt, aber sie gefährden auch den sozialen Frieden. Was im Moment alles auf uns zu kommt und durch diese Regierung jedem Bürger an Druck auferlegt wird (werden soll) hat enormen Sprengsatz! Wer dies nicht glaubt braucht sich nur mal an den Stammtischen etc umzuhören. Denn was in der Zukunft jedem Einzelnen abverlangt und zugemutet wird, angefangen über finanzielle Aufrüstung der Bundeswehr, Schuldenmacherei, Inflation, Krieg im Osten und sämtliche Maßnahmen zur Rettung des Klimas überfordert Viele. Auch deswegen gehen Palmer und Scherf ihre eigene Partei an, um endlich den ungeregelten Zuzug von Flüchtlingen zu regeln! "Denen wird alles gezahlt wofür wir zahlen müssen", so eine zunehmende Stimmungslage. Die Politik sollte mal wieder dem "Volk aufs Maul schauen"! Danke an die Herren Scherf und Palmer
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    Wie es scheint werden wir uns von der Illusion vom "reichen Land" bald verabschieden können.

    Glücklich, wer Dank der Gnade der frühen Geburt noch die guten Jahre genießen durfte und die schlechten nicht mehr allzu lange ertragen muss.

    Wenn es - was sehr wahrscheinlich ist - zu größeren wirtschaftlichen Einbrüchen, bei hoher Verschuldung und vielen strukturellen Problemen kommt, ist es vorbei mit der Ponyhof-Idylle und es wird hier sehr ungemütlich.
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