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Retzbach/Miltenberg
Debatte um Flüchtlingspolitik: Warum Grünen-Landrat Scherf die CSU vor parteipolitischen Spielchen warnt
CSU-Innenpolitiker Alexander Hoffmann appelliert an Jens Marco Scherf, bei den Grünen für eine restriktivere Flüchtlingspolitik zu werben. Der Landrat sieht auch Verantwortung bei der CSU.
Miltenberg-Landrat Jens Marco Scherf war zu Gast in der Talkshow bei Markus Lanz.
Foto: Cornelia Lehmann, ZDF | Miltenberg-Landrat Jens Marco Scherf war zu Gast in der Talkshow bei Markus Lanz.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:52 Uhr

Mit seinem Auftritt in der Talkshow bei Markus Lanz hat Miltenberg-Landrat Jens Marco Scherf für Aufsehen gesorgt: Dass ausgerechnet ein grüner Kommunalpolitiker Veränderungen in der Asylpolitik anmahnt, schafft Aufmerksamkeit für das Thema. An diesem Donnerstag tagt in Berlin ein Flüchtlingsgipfel unter Leitung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Scherf ist in Berlin nicht dabei, sieht die Interessen des Kreises Miltenberg aber durch den Landkreistag gut vertreten.

Derweil fordert der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Hoffmann aus Retzbach (Lkr. Main-Spessart), zu dessen Wahlkreis der Landkreis Miltenberg gehört, den "lieben Jens Marco" in einem dreiseitigen Brief auf, seinen Einfluss bei den Grünen zu nutzen, um den "liberalen Kurs der Ampel in Sachen Migration" zu verändern. Innenpolitiker Hoffmann glaubt, dass die Grünen eine entscheidende Rolle spielen, "damit es zu einem Kurswechsel kommt".

Alexander Hoffmann ist CSU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Main-Spessart und Mitglied des Bundestagsinnenausschusses.
Foto: Carolin Schulte | Alexander Hoffmann ist CSU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Main-Spessart und Mitglied des Bundestagsinnenausschusses.

Unter anderem erwähnt Hoffmann, dass es Landesregierungen mit grüner Beteiligung seien, die bislang gegen eine Ausweitung der Zahl sicherer Herkunftsstaaten gestimmt hätten. Gebe es mehr davon, ließen sich viele Asylverfahren verkürzen, so der CSU-Politiker. In grün regierten Bundesländern herrschten zudem "großzügige Abschiebestopps".

Hoffmann: Baerbock verweigert sich Gesprächen über Flüchtlingspakt

Der grünen Außenministerin Annalena Baerbock wirft Hoffmann vor, sie setze mit einem geplanten "Sonderaufnahmeprogramm" für Afghaninnen und Afghanen das seiner Ansicht nach falsche Signal, "dass Deutschland bereitwillig noch mehr Menschen aufnehmen möchte".  Auch verweigere Baerbock sich Gesprächen mit der Türkei, um den Flüchtlingspakt von 2016 zu verlängern, der nachweislich geholfen habe, Migration zu steuern und zu begrenzen. Wenn der Zugang nach Europa restriktiv gehandhabt werde, würden sich auch weniger Menschen in den Herkunftsländern auf die gefährlichen Fluchtrouten über die Sahara oder das Mittelmeer begeben.

Die Schlangen der Geflüchteten werden auch in Unterfranken wieder länger. Das Bild entstand im Dezember im Anker-Zentrum in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt).
Foto: Silvia Gralla | Die Schlangen der Geflüchteten werden auch in Unterfranken wieder länger. Das Bild entstand im Dezember im Anker-Zentrum in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt).

Jens Marco Scherf hat Hoffmanns Brief, den dieser bereits vor dem Lanz-Auftritt des Grünen-Politikers abgeschickt hatte, gelesen. Er könne vielen Überlegungen des Abgeordneten zustimmen, sagt er, ihn ärgerten aber "parteipolitische Spielchen". Für die heutige Flüchtlingspolitik trügen CDU und CSU ein gehöriges Maß an Mitverantwortung. 16 Jahre hätten sie zuletzt die Bundeskanzlerin und den Bundesinnenminister gestellt, "in Bayern regiert die CSU noch länger".

Scherf: Berlin und München sind gleichermaßen verantwortlich

Statt mit dem Finger aufeinander zu zeigen und die Verantwortung hin und herzuschieben, gelte es, "gemeinsam" die Probleme anzupacken, die Politik zu verändern und vor allem die Lage in den Kommunen zu verbessern, die die Entscheidungen, die in Berlin und München getroffen werden, umsetzen müssen, so der Landrat.

Für die Unterbringung der Geflüchteten seien beispielsweise die Länder zuständig, betont Scherf, in Bayern die CSU-geführte Staatsregierung. Von 50 Flüchtlingsunterkünften im Landkreis Miltenberg stünden aber 47 unter der Regie des Kreises und der Kommunen, nur drei unter der des Freistaats. Da reiche es nicht aus, wenn sich die CSU in eine "Zuschauerposition" zurückziehe, sie stehe mit in Verantwortung.

Hoffmanns Appell, mehr Einfluss auf seine grünen Parteifreunde auszuüben, weist Scherf zurück. "Mir muss niemand Ratschläge erteilen." Ein Auftritt bei Lanz sei öffentlicher Druck genug.    

 
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  • S. M.
    Wieder mal gibt die CSU Ratschläge an Politiker anderer Parteien. Nervt!
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  • H. E.
    Das ist Käse! Was hat die Bundesinnenministerin gestern denn verkündet? Was hilft den Landkreisen? NIX!
    Vertan! Städte und Kreise werden allein gelassen!
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  • H. S.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • H. E.
    Und heute wurden die Städte und Landkreise in Berlin von der Bundesregierung wieder im Stich gelassen! Hat man da noch Worte? Offensichtlich haben seine Parteifreunde Lanz nicht geguckt.
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  • H. E.
    Die Probleme die er jetzt hat, haben doch nichts mit der CDU zu tun? Mit der CSU schon gar nichts, das das Bundesangelegenheit ist!
    Die SPD war immer mit an Bord!

    2022 wurde das Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts verabschiedet und ist in Kraft getreten.

    Hier versucht der Landrat sein grünes Gewissen zu retten um der Schelte aus dem Weg zu gehen! Das ist Geplänkel!
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  • H. S.
    So ein Schwachsinn. Was hat das Chancen-Aufenthaltsrecht mit der derzeitigen Migration zu tun ?
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  • H. E.
    Die Chance wurde vertan ein anständiges Gesetz zu machen, aber taktischen Gründen will man seine Wählerschaft beziehungsweise seine potentielle wähle Kraft nicht vergraulen. Es ist nicht Faulheit, sondern Unterlassung, denn stattdessen versucht man Gesetze in eine bestimmte Richtung weichzupülen.
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