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Main-Spessart/Großwallstadt
Betriebsräte erweitern und Unternehmenserbe abschaffen: Linken-Kandidat Andreas Adrian kämpft auf TikTok gegen die AfD
Der 25-Jährige aus Großwallstadt tritt als Direktkandidat für die Linke in Main-Spessart und Miltenberg an. In den Sozialen Medien will er sich mit linken Inhalten gegen den Rechtsruck stellen.
Zum dritten Mal Direktkandidat: Andreas Adrian ließ sich in Main-Spessart für die Linke aufstellen.
Foto: Thomas Obermeier | Zum dritten Mal Direktkandidat: Andreas Adrian ließ sich in Main-Spessart für die Linke aufstellen.
Tabea Goppelt
 |  aktualisiert: 22.02.2025 02:32 Uhr

Mit seinen 25 Jahren tritt Andreas Adrian bereits zum dritten Mal als Direktkandidat der Linken in den Landkreisen Miltenberg und Main-Spessart an – zweimal für den Bundestag und dazwischen einmal für den Landtag. Über die Wahlkämpfe hinaus ist er politisch und sozial engagiert; eine Anspruchshaltung, die der junge Direktkandidat nicht nur an sich, sondern an die ganze Gesellschaft anlegt. "Ich stelle mir da schon ein gesamtes Gesellschaftssystem vor, das viel darauf beruht, dass Menschen einfach Solidarität wieder spüren", sagt er. Seine großen Themen: "alles rund um die Arbeitswelt".

Für ihn heißt das vor allem, bessere Lebensbedingungen für die Arbeitnehmer zu schaffen. Als einen ersten Schritt dorthin will er die Betriebsräte-Infrastruktur deutlich erweitern. Adrian selbst befindet sich derzeit in der Ausbildung zum Gewerkschaftssekretär, ist Mitglied bei Ver.di und nach eigenen Angaben häufig bei Streiks.

"Ich bin ein bisschen enttäuscht von eigentlich nahezu allen anderen Parteien", sagt er. Sie würden sich nicht trauen, ihre Visionen auszusprechen. Die Vision der Linken beschreibt er als "Umbau der Wirtschaft hin zu einer demokratischeren Form". Darunter versteht er Genossenschaftsstrukturen, die er etwa über eine Abschaffung der Unternehmenserbschaft erreichen will. Eigentümer sollen bei einer anstehenden Übergabe ausgezahlt werden und die Beschäftigten sollen Anteile erwerben können. "Ich halte das nicht für einen besonders radikalen Vorschlag", findet Adrian.

Forderung nach Mietpreisdeckel und Förderung von Wohnungsbaugenossenschaften

Aktuell ist der 25-Jährige an den Haustüren im Wahlkreis unterwegs und will das auch nach der Wahl beibehalten. Die Aktion soll nicht nur Teil des Wahlkampfs des Linken-Direktkandidaten sein, sondern eine Art Initiative, um mit Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Etwa zum Thema bezahlbares Wohnen; darüber könne er "stundenlang referieren".

Unmittelbar fordert er einen Mietpreisdeckel, doch auch in diesem Bereich wünscht er sich eine Förderung von Genossenschaften. Der Staat müsse eigene Bauprojekte im sozialen Wohnungsbau vorantreiben: "Da kann man sich nicht auf die privaten Investoren und auf die Großzügigkeit von Privatunternehmen verlassen." Genossenschaften würden aus einer Überzeugung heraus agieren, ohne ein grundsätzliches Profitinteresse.

Adrian ist für genossenschaftliches Engagement der Gesellschaft

Dieser Satz fasst ziemlich gut den Anspruch zusammen, den Adrian an die ganze Gesellschaft zu stellen scheint: Sich genossenschaftlich organisieren, sich einbringen. "Ich glaube, dem Anspruch können die Menschen auch tatsächlich gerecht werden", sagt er und stellt sich ein Wirtschaftssystem mit Arbeitszeitreduzierung bei gesteigerter Produktivität vor, mit mehr Freizeit und Zeit für Kinder etwa.

Am Ende der Haustüraktion soll eine ganze Sozialberatung stehen, möglichst in Räumen, die sich die Linken-Kreisgruppe Aschaffenburg und Bayerischer Untermain bald selbst anmieten kann. In den vergangenen Wochen seien viele Neumitglieder eingetreten, von rund 50 im Herbst soll die Zahl auf rund 170 gestiegen sein. Dies und die Bundestagswahl will Adrian nutzen, um seine Ideen auf lokaler Ebene weiterzubringen. Wie es nach der Wahl für ihn politisch weitergeht, ist noch unklar; eine Listenkandidatur zog er zurück, den Kreisvorsitz hatte er aus beruflichen Gründen bereits 2023 abgegeben.

Adrian sieht Möglichkeiten, deutlich mehr Menschen zu integrieren

Die Migrationsdebatte hält Adrian für eine Ablenkungsdebatte, die im Vergleich zu gravierenderen Problemen überproportional geführt werde; trotzdem positioniert er sich. Es brauche deutlich mehr Betreuungsinfrastruktur in bezahlter Form und mehr Austausch. Ein weiteres Anliegen ist ihm, dass berufliche Qualifikationen Geflüchteter schneller anerkannt werden. "Ich sehe Migration an sich gar nicht so als das gigantische Problem. Es gibt durchaus Möglichkeiten, wie man Menschen auch in deutlich größeren Mengen als wir das aktuell tun unterbringen und integrieren kann."

Eines seiner Handlungsfelder ist auch, sich gegen den Rechtsruck zu engagieren. Über die Videoplattform TikTok etwa will er junge Leute erreichen. "Dieser Kampf gegen die AfD ist ein großes Thema und da sehe ich tatsächlich auch die Linke in der Verantwortung, die anderen Parteien ein Stück weit zu treiben", sagt Adrian.

Mit 14 Jahren rutschte er selbst kurzzeitig in die rechtsradikale Szene, als Grund macht er Unmut am System fest. "Die haben halt einfache Antworten geliefert", sagt er rückblickend und bezeichnet es als großes Glück, dass seine Familie ihn mit einem selbst entworfenen politischen Bildungsprogramm überzeugen konnte, seine Einstellung zu ändern. Heute stellt Adrian für sich fest: "Umso mehr ich mich informiert habe, umso mehr bin ich nach links gerückt."

Steckbrief Andreas Adrian

Alter: 25
Beruf: Kinderpfleger, Gewerkschaftssekretär in Ausbildung
Politischer Werdegang: Kreisvorsitzender der Linken Aschaffenburg und Bayerischer Untermain und Kreisrat im Landkreis Miltenberg
Familienstand: ledig
gop
 
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