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Gemünden
Beinahe einen Menschen vor einen Zug gestoßen: Ein Jahr Bewährung für 23-Jährigen nach Straftaten im Vollrausch
Der Fall eines 23-Jährigen, der unter Alkoholeinfluss mehrere Straftaten beging, endete mit einer Bewährungsstrafe. Zeugenberichte und ein psychiatrisches Gutachten prägten die Verhandlung.
Der Angeklagtte war der Gemündener Polizei schon gut bekannt. 
Foto: Marijan Murat/dpa (Symbolbild) | Der Angeklagtte war der Gemündener Polizei schon gut bekannt. 
Herbert Hausmann
 |  aktualisiert: 07.06.2024 02:42 Uhr

"Es gibt keinen falscheren Ort für meinen Mandanten als die Justizvollzugsanstalt". Vehement widersprach der Verteidiger eines 23-jährigen Mannes dem Antrag des Staatsanwaltes, der den Angeklagten gerne für drei Jahre hinter Gittern gesehen hätte. Er war wegen vier Straftaten, alle im Vollrausch begangen, angeklagt. Schließlich erhielt der Mann eine einjährige Bewährungsstrafe.

Viereinhalb Stunden tagte das Schöffengericht am Amtsgericht Gemünden unter Vorsitz von Strafrichter Dr. Sven Krischker, bis es dieses Urteil fällte. Dazwischen wurden sieben Zeugen befragt, sowie das von einem Sachverständigen erstellte psychiatrische Gutachten gehört. Genau dieses trug maßgeblich dazu bei, dass der 23-Jährige vorerst nicht in Haft muss, weil der Gutachter eine verminderte Schuldfähigkeit anerkannt hat. Zudem stellte er beim Angeklagten eine "leichte Intelligenzminderung" sowie eine Alkoholabhängigkeit fest. Nach den Worten eines Gemündener Polizeibeamten "haben wir seit etwa vier Jahren nahezu wöchentlich mit ihm zu tun, immer dann, wenn er Alkohol getrunken hat. Sonst ist er ein umgänglicher Mensch", so der Beamte.

Auf Gartenparty mit einem Messer gedroht

Alkohol war auch im Spiel, als der Mann die vier angeklagten Taten in Gemünden beging. Bei zwei von ihnen wurde der Blutalkoholwert ermittelt, der bei einer Tat bei 1,5 Promille, bei einer weiteren 1,35 Promille lag. Bei zwei weiteren Taten gingen die Zeugen jeweils von einer deutlichen Alkoholisierung aus.

Zur ersten Anklage hieß es, dass der jetzt 23-Jährige am 30. Juli 2022 gegen 1.30 Uhr in eine private Gartenparty geplatzt sei. Eine Hand hinter dem Rücken, drohte er den Gästen: "Wenn ihr mir kein Geld gebt, dann stech ich euch alle ab." Bekommen hat er aber kein Geld, dafür bekam der Gastgeber zwei Tritte gegen die Hand, wodurch er einen Kapselbandausriss davon trug.

Im zweiten Fall soll er einem Reisenden am Bahnhof Gemünden am 13. Oktober 2022 ein Mobiltelefon aus der Hand geschlagen haben. Dabei entstand ein Schaden von etwa 200 Euro. Bestätigen konnten dies allerdings keine Zeugen, weshalb dieser Anklagepunkt mit Blick auf die weiteren zu erwartenden Verurteilungen eingestellt wurde.

Rangelei am Bahnhof ging glimpflich aus

Für mehr Aufsehen sorgte die Tat, um die es im dritten Anklagepunkt ging: Am 11. November 2022 gegen 22.15 Uhr hat sich der Angeklagte am Gemündener Bahnhof mit einem Reisenden angelegt, als der 61-jährige Lokomotivführer eines anderen Zuges schlichtend eingriff. Während sich der andere Reisende in einen Zug verzog, ließ der junge Mann seinen Frust an dem Lokomotivführer aus. Etwa 100 Meter vor einem einfahrenden Regional-Express stieß er den stämmigen Mann so, dass er auch hätte vor dem Zug auf die Gleise fallen können. Allerdings konnte der sich noch zur Seite wegdrehen und kam lediglich etwas ins Straucheln.

Gleich eine Vielzahl von Straßenverkehrsvorschriften verletzte der Angeklagte am 19. Oktober 2022 gegen 17.25 Uhr. Von der Bundesstraße 26 befuhr er mit einem Motorroller die Straße vor dem Bahnhofsgebäude entgegen der Einbahnstraße. Dort stieß er gegen den VW Tiguan einer 46-Jährigen, wobei an diesem ein Sachschaden von rund 2400 Euro entstand. Ohne sich um den angerichteten Schaden zu kümmern, fuhr er zum Bahnhof weiter, wo er sich mit einem anderen Mann unterhielt. Beamte der Polizeistation Gemünden nahmen den Unfall auf, stellten fest, dass der Unfallfahrer keine gültige Fahrerlaubnis besitzt und veranlassten eine Blutprobe.

Während der Staatsanwalt auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren plädierte, sah der Verteidiger eine Geldstrafe von 1300 Euro für angemessen. Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung lautete schließlich das Urteil. Für die Zeit erhält der Mann einen Bewährungshelfer und muss mindestens sechs Monate an Beratungsstunden teilnehmen. Außerdem trägt er die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 
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  • margarete wuestner
    ....und somit kann der junge Mann mit Erhalt seines "Freibriefes"seine kriminellen Handlungen fortsetzen, bin gespannt wann er wieder vor Gericht steht.
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