
Die Anklage hörte sich sehr spektakulär an. Was dann am Ende der Verhandlung vor dem Amtsgericht herauskam, überraschte Strafrichter Dr. Sven Krischker, die Staatsanwältin sowie die beiden Strafverteidiger Wolfgang Kunz und Dr. Maximilian Kunz, völlig. "Ich habe nicht damit gerechnet, heute auf so einen ehrlichen Zeugen zu treffen", meinte dann auch Maximilian Kunz, als er seine Akten einpackte.
Mitte Juli 2022 sollen einem 36-jährigen Gastwirt und seinem 25-jährigen Bekannten insgesamt 5000 Euro und 1500 US-Dollar aus einer Jackentasche entwendet worden sein, die sie in dem Lokal an der Garderobe gehängt hatten. Als Dieb hatten die beiden gleich einen 19-jährigen Mitarbeiter in Verdacht. Ihn suchten die Angeklagten in der Nacht an seiner Wohnung auf. Nach dem Klingeln baten sie den jungen Mann, vor das Haus zu kommen.
In der Annahme, es ginge um Belange aus seiner Arbeit, ging der Geschädigte vor das Haus. Hier wurde er aufgefordert, sich auf die Rücksitzbank eines Autos zu setzen. "Das war freiwillig", erklärte der junge Mann jetzt auf Nachfrage des Richters. In der Anklageschrift war noch von einer Verbringung unter Anwendung von Gewalt die Rede. Von der Wohnung fuhren die drei Männer zum Fahrradweg nach Laudenbach. Hier stiegen die Personen aus.
Mit einem Baseballschläger Prügel angedroht
"Hast du mein Geld geklaut?", mehrmals soll der ältere Angeklagte den 19-Jährigen gefragt haben, ihm auch mit einem Baseballschläger Prügel angedroht haben und erwähnt, dass er sich an der Familie des jungen Mannes rächen will. Um seine Drohung zu unterstreichen, gab es einen Faustschlag in den Magen und in den Rücken. Daraufhin wollte der Bedrohte zu Fuß nach Hause laufen. Die beiden Angeklagten packten ihn jedoch, setzten ihn wieder auf die Rückbank und brachten ihn ohne weitere Schläge zu seiner Wohnung.
War es eine Freiheitsberaubung, den jungen Mann gegen seinen Willen wieder ins Auto zu setzen, oder nicht? Vor dieser wichtigen Frage stand das Gericht. Sie war auch entscheidend für das Ergebnis eines gleich zu Beginn der Verhandlung erfolgten "Rechtsgesprächs", das vom Gericht zur Abkürzung der Verhandlung angeregt worden war. Bei einem umfangreichen Geständnis der Angeklagten hätte das Strafmaß eine Geldstrafe von 60 bis maximal 120 Tagessätzen betragen. Das wäre bei einer Freiheitsberaubung als neuem Straftatbestand dann hinfällig geworden. Dafür kann eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe drohen.
Die Lösung kam dann durch den Geschädigten selbst, der sich bei der Fahrt nicht entführt vorgekommen ist, sagte der 19-Jährige als ehrlicher Zeuge. Daraufhin regte Richter Krischker eine Verfahrenseinstellung gegen Geldauflagen an. Mit Zustimmung aller Beteiligten wurde das Verfahren gegen die Zahlung von jeweils 1800 Euro vorläufig eingestellt.