
Wenn ein Dorfladen mal sechs Jahre lang läuft, dann läuft er doch fast wie von selbst – könnte man meinen. Tatsächlich funktioniert der Obersfelder Dorfladen nur, weil das Team des Ladens ständig daran arbeitet, das Angebot zu verbessern und auf die Kunden einzugehen. "Wir schreiben gerade so eine schwarze Null", sagt Buchhalter Werner Luck. Seit wenigen Monaten sind neue Bio- und Veggie-Produkte im Sortiment und die Möglichkeit, mit EC-Karte zu zahlen und Geld abzuheben, ein neuer Anreiz für Kunden.
"Einfach ist es nicht, den Laden am Laufen zu halten", sagt Hauptgesellschafterin Bettina Weißenberger. Seit 2016 betreibt eine Unternehmergesellschaft den Laden im ehemaligen Raiffeisenlager an der Obersfelder Straße. 125 Bürgerinnen und Bürger haben Anteile gezeichnet. Die Gemeinde Eußenheim ist nicht beteiligt. "Bei uns gibt's alles, was es auch im Supermarkt gibt", sagt Weißenberger. "Aber eben nicht in zehn Variationen, sondern in vielleicht ein oder zwei."
Regionale Produkte sind der Renner – und Zigaretten
Viel Wert legt das Ladenteam auf regionale Produkte: Säfte, Öl, Wein, Honig, Nudeln, Kaffee kommen aus Main-Spessart, Würzburg oder dem Raum Schweinfurt. "Am besten verkaufen wir frische Produkte wie Backwaren, Käse und Wurst – alles aus der Region", so Weißenberger. Buchhalter Luck fügt hinzu: "Hohe Umsätze erzielen wir auch, das hätte ich nicht gedacht, mit Zigaretten." Allerdings sei die Gewinnmarge bei Tabak recht klein. Das Ladenteam will deshalb niemanden zum Rauchen ermuntern.

Grundsätzlich seien ältere Semester die besten Kunden. "Die Senioren freuen sich, wenn sie selbst einkaufen können und nicht darauf angewiesen sind, dass ihnen jemand etwas mitbringt", sagt Weißenberger. Jüngere Menschen seien mobil, kaufen wohl auf dem Weg von und zur Arbeit ein. Während der Pandemie habe sich die Tendenz zum Großeinkauf noch verstärkt, glaubt sie. "Es wäre schön, wenn die Jüngeren auch an die Zukunft denken und den Dorfladen unterstützen würden."
Corona wirkt sich auf den Umsatz aus
Laut Luck ist der Umsatz im vergangenen Jahr "um etwa fünf Prozent zurückgegangen". Das liege in erster Linie an Corona. Vor der Pandemie habe der Kaffeklatsch am Donnerstagnachmittag viel Zuspruch erfahren. Auch die Bewirtung der Terrasse im Sommer habe Kunden angelockt. Das sei in den vergangenen zwei Jahren stark eingeschränkt gewesen. "Und einige der älteren Kunden, die alle Einkäufe bei uns gemacht haben, sind gestorben", so Luck. Rund 300 000 Euro setzt der Dorfladen jährlich um.
Allein von den 450 Dorfeinwohnern kann der Laden nicht überleben. Doch dank der frühen Öffnungszeit ab 6 Uhr und der günstigen Lage mit Parkmöglichkeit ist er für viele Berufspendler ein fester Stopp auf dem Weg zur Arbeit. "Für Kaffee und belegte Brötchen oder ein süßes Teilchen" halten viele jeden Morgen in Obersfeld an, sagt Bettina Weißenberger. Auch Radfahrer verpflegen sich dort gern. "Wenn die sich ankündigen, bereiten wir auch gern eine Brotzeit vor."
Ein neuer Service
Seit August gibt es einen weiteren Grund, im Dorfladen einzukaufen: Die Möglichkeit, mit EC-Karte nicht nur zu zahlen, sondern auch Geld abzuheben. "Im Mai 2021 wurde der Geldautomat vom Gebäude abmontiert", berichtet Luck, es war der einzige im Ort. Nun können Kunden ab 5 Euro Einkaufswert mit Karte zahlen und ab 10 Euro bis zu 200 Euro Bargeld abheben. "Das ist von uns ein reiner Service", so Luck. Dem Dorfladen wird pro Karten-Transaktion ein Betrag in Rechnung gestellt. Dennoch lohnt sich das Angebot, weil letztlich mehr Kunden kommen. "Schon ein Drittel unserer Umsätze sind mit EC-Kartenzahlung oder -Abhebung verbunden."
Und obwohl Fleisch und Wurst die Verkaufsschlager sind, steigt auch auf dem Land das Interesse an fleischloser Ernährung. "Wir hatten von Anfang an ein Bio-Sortiment und haben nun das Bio- und Veggie-Sortiment vergrößert", sagt Bettina Weißenberger. "Die Leute kaufen das gerne ein." Manchmal sei der Brotaufstrich schnell ausverkauft. Aber es werde ja jede Woche neue Ware geliefert.
Insgesamt gebe es über 1000 Artikel im Dorfladen Obersfeld, die kontinuierlich nachgeordert werden. Nur Toilettenpapier hat hat das Team seit einer Weile nicht mehr bestellt. "Wir haben zum fünfjährigen Bestehen vergangenes Jahr eine ganz große Lieferung bekommen." Im Lager seien wohl noch 100 Pakete vorrätig. "Macht ja nix", sind sich Weißenberger und Luck einig. "Wir sind ziemlich sicher, dass wir die Stück für Stück abverkaufen werden."