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Aura im Sinngrund
Main-Spessart: Sind Dorfläden gute Alternativen zu Sparkassen?
Ende 2020 hat die Sparkasse im Landkreis 14 Filialen geschlossen. Als Alternative sollte das Geldabheben in einigen Dorfläden ermöglicht werden. Doch das klappte nicht überall.
Marktleiterin Pia Strohmenger händigt Scheine aus: Im Dorfladen in Gräfendorf kann man seit 2021 an der Kasse bis zu 200 Euro abheben. 
Foto: Corbinian Wildmeister | Marktleiterin Pia Strohmenger händigt Scheine aus: Im Dorfladen in Gräfendorf kann man seit 2021 an der Kasse bis zu 200 Euro abheben. 
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:42 Uhr

Die Gelegenheit, Geld an der Kasse abzuheben, nehmen ihre Kunden gerne wahr, berichtet Hildegard Müller, Geschäftsführerin des Dorfladens in Gräfendorf. Das kleine Geschäft ist seit Anfang des Jahres nicht mehr nur die erste Adresse für Waren wie Milch, Shampoo oder Nudeln: Es ist nun auch die nächste Anlaufstelle für Ortsansässige, um an Bares zu gelangen. Der nächste Geldautomat der Sparkasse steht knapp zwölf Kilometer entfernt in Gemünden. Das war nicht immer so. Ende 2020 hat die Sparkasse 14 Filialen im Landkreis Main-Spessart geschlossen, darunter auch jene mit Automaten in Gräfendorf.

Gräfendorf: Geldabheben ab Einkaufswert von 20 Euro möglich

Aus der Bevölkerung und von Seiten einiger Kommunen gab es Widerstand gegen dieses Vorhaben – abwenden konnten sie es nicht. Sozusagen als Trostpflaster hat die Sparkasse einigen betroffenen Gemeinden vorgeschlagen, in den örtlichen Dorfläden das Geldabheben an der Kasse einzuführen. In Supermarkt-Ketten ist dieses Konzept bereits weit verbreitet, in kleineren Geschäften noch weniger.

"Grundsätzlich ist es unser Ziel, lokale Geschäfte dabei zu unterstützen, dass dort bargeldlos eingekauft werden kann und wenn möglich ein Bargeldservice angeboten wird", betont Stefan Hebig, Pressesprecher der Sparkasse Mainfranken Würzburg. Dorfläden, die laut Hebig "eine besondere Nahversorgungsfunktion einnehmen", fördert das Geldinstitut gegebenenfalls zusätzlich. Aber wie gelingt das Abheben an der Dorfladen-Kasse in der Praxis?

Im "Lädle" in Gräfendorf können sich Kunden ab einem Einkauf von 20 Euro mit ihrer EC-Karte bis zu 200 Euro Bargeld auszahlen lassen. Für den Mindesteinkaufwert hätten alle Kunden Verständnis, sagt Müller. "Das findet keiner schlimm." Der Dorfladen müsse dabei schließlich die Arbeit einer Bank machen – und dafür brauche es auch Arbeitszeit. Außerdem müsse sie für die Auszahlungen auch Gebühren an die Sparkasse zahlen, so die Geschäftsführerin.

Die Geschäftsführerin des Gräfendorfer Dorfladens Hildegard Müller.
Foto: Corbinian Wildmeister | Die Geschäftsführerin des Gräfendorfer Dorfladens Hildegard Müller.

Für den Händler fallen bei der Nutzung eines Kartenterminals pro Buchung geringe Cent-Beträge und ein kleiner prozentualer Anteil (unter 0,25 Prozent) an, heißt es von Seiten der Sparkasse. Hinzu komme meist der Mietpreis für das Kartenterminal.

Eine Erleichterung für ältere Menschen

Quer durch alle Altersgruppen heben Kundinnen und Kunden bei ihr Geld ab, sagt die Chefin des Gräfendorfer Lebensmittelladens. Aber vor allem für Menschen aus der älteren Generation, und gerade wenn diese kein Auto haben, sei der Service sehr nützlich. Im Ort werde auf diese Weise  die "Bargeldlücke" geschlossen, so Müller. Sie selbst sehe in dieser Alternative zum Geldautomaten auch einen Beitrag des Dorfladens dazu, "ein Stück Lebensqualität" für Menschen, die auf dem Land wohnen, zu erhalten.

"Wir wissen von einigen Dorfläden, in denen dieser Service regelmäßig in Anspruch genommen wird", sagt Sparkassen-Sprecher Stefan Hebig. Insbesondere für Menschen, die weniger mobil sind, sei es ein Mehrwert, dass es eine zusätzliche Stelle gibt, an der sie Geld abheben können. Zu den Vorteilen solcher Kooperationen zählt Hebig auch, dass Dorfläden ihre Bargeldbestände niedrig halten können. Auch könnten die Läden mit diesem Service mehr Besucher anziehen – und damit auch mehr Umsatz erzielen.

Im Dorfladen Aura klappt das Geldabheben nicht

Nach Angaben der Sparkasse gibt es neben den Dorfläden in Gräfendorf im Kreis Main-Spessart auch in Rieneck und Schollbrunn mittlerweile die Option (zum Teil auch über Kartenterminals anderer Anbieter), an der Kasse Geld abzuheben. Im künftigen Dorfladen in Retzstadt sei das ebenfalls geplant. Aus allen vier Orten hat sich die Sparkasse zurückgezogen. Zumindest das bargeldlose Zahlen an der Kasse sei auch in den meisten weiteren Dorfländen möglich, so Hebig, zum Beispiel in Wiesenfeld und Aura. 

Ursprünglich war angedacht, dass es auch im Dorfladen in Aura, der sich direkt neben der mittlerweile geschlossenen Sparkassen-Filiale befindet, von 2021 an möglich sein soll, sich Geld auszahlen zu lassen. Doch das funktioniere nicht, berichtet Chefin Helga Blum. Es gebe ein logistisches Problem. Sie müsse ihre Bargeldbestände jeden Tag wieder auffüllen. Wenn sie aber Feierabend habe, sei die nächste Sparkasse in Burgsinn oft bereits geschlossen. Sie kann also kein neues Geld holen. "Das kriege ich nicht gestemmt", so Blum. 

Main-Spessart: Sind Dorfläden gute Alternativen zu Sparkassen?

Eine "ideale Lösung" gebe es demnach noch nicht für die Lücke, die durch die Schließung der Sparkasse in Aura entstanden ist. Immerhin die EC-Kartenzahlung, die der Dorfladen neu eingeführt hat, nehmen die Kunden sehr gut an, sagt die Dorfladen-Geschäftsführerin. Doch gerade die älteren Menschen im Ort würden lieber weiterhin Geld am Schalter abheben und bar bezahlen, meint sie.

Für den Dorfladen sei die Schließung der Sparkassen-Filiale nicht gut gewesen. Laut Blum war es praktisch für ihre Kunden, dass sie ihre Einkäufe mit ihren Bankgeschäften in der Sparkasse nebenan verbinden konnten. "Die Leute wollen alles auf einmal erledigen." Nun kaufen manche woanders ein, glaubt sie.

Sparkasse: Über 20 Prozent weniger Bargeldauszahlungen

Derweil sieht sich die Sparkasse in ihrer Strategie bestätigt. "Wir nehmen insgesamt einen Rückgang der Bargeldauszahlungen von über 20 Prozent im letzten Jahr wahr", berichtet Pressesprecher Stefan Hebig. Hauptursache dafür sind nach Einschätzung der Sparkasse die Hygiene-Empfehlungen anlässlich der Pandemie. Diese hätten zu einer stärkeren Nutzung von bargeldlosen Zahlungen geführt. Hebig: "Die Nachfrage nach Bargeld hat somit insgesamt nachgelassen, was aus unserer Sicht zusätzlich für die optimierte Struktur unserer Filialen und SB-Automaten spricht."

In Main-Spessart gibt es aktuell an 23 Standorten Filialen der Sparkasse, 17 davon sind mit Personal besetzt und sechs sind SB-Filialen. Diese sind aus Sicht der Sparkasse für die meisten Menschen einfach erreichbar. 

 
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